Die Tore Der Finsternis
unterbrach Tennant sie mit erhobener Hand. Dann hörte er sich die Geschichte an, die mehrmals von einem der anderen um ein fehlendes Detail ergänzt wurde. Die ganze Zeit betrachtete Tennant die Gestalt auf dem Stuhl, und Diamond erwiderte seinen Blick, wohl wissend, dass jemand Wichtiges erschienen war - jemand, der dafür sorgen konnte, dass man ihn gehen ließ.
Als die Geschichte zu Ende war, beugte Tennant sich vor und stützte sich mit zu Fäusten geballten Händen auf dem Tisch ab. »War das eine korrekte Zusammenfassung Ihrer Aussage, Mr Diamond?«, fragte er. Diamond nickte heftig. »Sind Sie auch bereit, diese Aussage zu unterschreiben?«
»Mit Verlaub, Sir«, unterbrach ihn Jazz McCullough. »Ich habe den Eindruck, dass er uns an der Nase herumführt.«
Tennant richtete sich auf und wandte seinen Blick Jazz zu. »Wie kommen Sie darauf?«
»Es ist nur so ein Gefühl, Sir. Aber ich glaube, anderen von uns geht es ähnlich.«
»Ach ja?« Tennant sah umher. »Noch jemand, der Mr Diamonds Geschichte für unglaubwürdig hält?«
»Ich habe auch meine Zweifel, Sir«, meldete sich Francis Gray. Tennant nickte und fixierte Rebus.
»Was ist mit Ihnen, DI Rebus?«
»Ich fand die Aussage überzeugend, Sir«, sagte er in so förmlichem Ton, dass es bestimmt jedem im Raum auffiel.
»Mit Verlaub, Sir -«, hub Jazz wieder an. »Es spricht sicher nichts dagegen, Mr Diamonds Aussage aufzunehmen, aber wenn wir ihn anschließend laufen lassen, werden wir ihn womöglich nie wieder zu Gesicht bekommen.«
Tennant wandte sich an Diamond. »DI McCullough ist sich nicht sicher, ob er Ihnen trauen kann. Was sagen Sie dazu?«
»Sie haben nicht das Recht, mich hier festzuhalten.«
Tennant nickte. »Das ist nicht von der Hand zu weisen, DI McCullough. Ich nehme an, Mr Diamond ist bereit, uns eine Edinburgher Adresse zu nennen, unter der man ihn erreichen kann?« Diamond nickte eifrig. »Und auch die Adresse eines festen Wohnsitzes?« Erneutes Nicken.
»Sir, er könnte sich zig Adressen ausdenken«, protestierte Jazz weiter.
»Oh, ihr Kleingläubigen«, erwiderte Tennant. »Ich schlage vor, wir nehmen erst einmal die Aussage auf...«, er legte eine Pause ein, »… immer vorausgesetzt, Sie sind einverstanden, DI McCullough.«
Jazz schwieg dazu - genau wie es von ihm erwartet wurde.
»Hier nun endet die Unterweisung«, intonierte Tennant und legte die Hände aneinander, als wollte er beten.
Barclay und Sutherland notierten Diamonds Aussage, die anderen verließen VR 1, um sie dabei nicht zu stören. Tennant signalisierte Jazz, dass er ein paar Worte allein mit ihm reden wollte, und führte ihn in den Eingangsbereich der Wache. Allan Ward sagte, er werde draußen eine rauchen. Rebus schloss sich ihm nicht an, sondern ging zum Getränkeautomaten.
»Eins muss man ihm lassen: Er hat dich nicht mit reingezogen«, sagte Francis Gray. Er stand bereits beim Automaten und wartete auf seinen Milchkaffee.
»Stimmt«, meinte Rebus.
»Ich glaube, es ist niemand aufgefallen, dass ihr beide euch besser kennt, als ihr eigentlich dürftet.« Rebus schwieg.
»Aber du warst nicht besonders überrascht, ihn zu sehen, oder? Hat er dich vorgewarnt, dass er wieder hier ist?«
»Kein Kommentar.«
»Da er gerade aus der Bar Z kam, hält ihn wahrscheinlich sein Neffe auf dem Laufenden. Dickie wusste, dass wir nach ihm suchen, und ist heimlich zurückgekehrt. Hat er gestern Abend mit dir gesprochen?«
»Mir war gar nicht klar, dass dein zweiter Vorname Sherlock lautet.«
Gray lachte und beugte sich hinunter, um den Kaffee zu nehmen. Rebus musste daran denken, wie er sich über Dickie Diamond gebeugt und ihn gewürgt hatte.
Jazz kam den Flur entlang. Er rieb sich ostentativ den Hintern, so als habe er gerade vom Lehrer eine Abreibung erhalten.
»Was wollte die Bowlingkugel?«, fragte Gray.
»Mir ausführlich verklickern, dass es in Ordnung ist, gegenüber einem Vorgesetzten seine Meinung zu vertreten, dass man aber wissen muss, wann man klein beizugeben hat, ohne die Sache persönlich zu nehmen.«
Rebus dachte: Bowlingkugel . Gray und Jazz hatten also einen gemeinsamen Spitznamen für Tennant. Sie standen sich wirklich nah, die beiden.
»Ich hab gerade mit John über Dickies Schauspielkünste geredet«, meinte Gray.
Jazz nickte, die Augen auf Rebus gerichtet. »Er hat dich nicht verpetzt«, sagte er zustimmend.
Also hatte Gray Jazz alles erzählt, was Rebus ihm anvertraut hatte... Hatten die beiden denn gar keine Geheimnisse
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