Die Tore Der Finsternis
im Lot?«
»Nicht direkt.«
»Das wird einem beim Einstellungsgespräch verschwiegen. Dass die Arbeit als Bulle das Liebesleben ruiniert.«
»Du bist immerhin noch verheiratet.«
Jazz nickte. »Aber leicht ist es nicht.« Er schwieg einen Moment. »Diese Vergewaltigung, die ist dir wohl ziemlich nahe gegangen, was? Ich hab’s deinem Blick angesehen. Beim Lesen des Artikels warst du wieder mittendrin in den Ermittlungen.«
»Eine Menge Fälle haben mir im Lauf der Jahre zu schaffen gemacht, Jazz.«
»Warum lässt du das zu?«
»Keine Ahnung.« Rebus verstummte. »Vielleicht war ich früher mal ein guter Polizist.«
»Gute Polizisten ziehen Grenzen, John.«
»Tust du das denn?«
Jazz antwortete nicht sofort. »Letzten Endes ist es bloß meine Arbeit. Lohnt nicht, deswegen nachts wach zu liegen, von anderem ganz zu schweigen.«
Rebus sah seine Chance. »Ich bin zum selben Schluss gelangt... vielleicht zu spät; bald werde ich pensioniert.«
»Was meinst du damit?«
»Dass mich nichts weiter erwartet als eine lausige Rente. Dieser Beruf hat mich meine Frau gekostet, meine Tochter, die meisten meiner Freunde.«
»Das ist ziemlich bitter.«
Rebus nickte. »Und was hat er mir eingebracht?«
»Abgesehen von dem Alkoholproblem und dem Ärger mit Vorgesetzten?«
Rebus lächelte. »Ja, abgesehen davon.«
»Keine Ahnung, John.«
Rebus schwieg eine Weile, dann stellte er die Frage, die er sich zurechtgelegt hatte.
»Hast du je die Grenze überschritten, Jazz? Ich meine damit nicht die Kleinigkeiten, die verbotenen Abkürzungen, die wir manchmal nehmen... ich meine etwas Schwerwiegendes, etwas, mit dem du erst mal klarkommen musstest?«
Jazz starrte ihn an. »Wieso? Hast du so etwas getan?«
Rebus wedelte mit dem Zeigefinger. »Ich hab zuerst gefragt.«
Jazz wurde nachdenklich. »Vielleicht«, sagte er. »Ein einziges Mal.«
Rebus nickte. »Hast du dir je gewünscht, es ungeschehen machen zu können?«
»John...«, Jazz unterbrach sich. »Reden wir hier über mich oder über dich?«
»Über uns beide, glaube ich.«
Jazz trat einen kleinen Schritt näher. »Du weißt etwas über Dickie Diamond, stimmt’s? Vielleicht sogar über den Mord an Rico...«
»Vielleicht«, gab Rebus zu. »Und was ist dein großes Geheimnis, Jazz? Handelt es sich um etwas, das wir zusammen in Ordnung bringen können?« Rebus flüsterte jetzt verschwörerisch, um seinem Gegenüber ein Geständnis zu entlocken.
»Wir kennen uns doch kaum«, meinte Jazz.
»Ich finde, wir kennen uns gut genug.«
»Ich...« Jazz schluckte. »Du bist noch nicht so weit«, sagte er, begleitet von einer Art Seufzer.
» Ich bin noch nicht so weit? Und was ist mit dir, Jazz?«
»John... Ich weiß nicht, was du vorhast.«
»Ich habe eine Idee, einen Plan, wie ich mir den Lebensabend versüßen könnte. Allerdings brauche ich dazu Hilfe - Hilfe von vertrauenswürdigen Leuten.«
»Reden wir hier von einer illegalen Sache?«
Rebus nickte. »Du müsstest erneut die Grenze überschreiten.«
»Wie riskant ist es?«
»Nicht besonders.« Rebus überlegte. »Höchstens mittelriskant.«
Jazz wollte gerade etwas sagen, als die Tür aufflog und George Silvers hereingeschlendert kam.
»Tag die Herren«, sagte er.
Weder Rebus noch Jazz erwiderten den Gruß, denn beide starrten sich unverwandt an.
Dann beugte sich Jazz zu Rebus. »Rede mit Francis«, flüsterte er. Und ging hinaus.
Silvers war in einer der Kabinen verschwunden, kam jedoch Sekunden später schon wieder heraus. »Kein Klopapier«, maulte er. Plötzlich blieb er stehen. »Was grinsen Sie so?«
»Ich mache Fortschritte«, erwiderte Rebus.
»Dann scheint’s bei Ihnen ja besser zu laufen als bei uns«, murmelte Silvers, marschierte in die nächste Kabine und knallte die Tür zu.
16
Derek Linford war wenig begeistert. Rebus und dessen Kumpane belegten Vernehmungsraum 1, der größer war als VR 2, in dem Linford nun saß. Außerdem ließen sich in VR 2 die Fenster nicht öffnen. Es war eine stickige Kammer. Der schmale Schreibtisch war am Boden festgeschraubt. Hier wurden Leute verhört, die als gewalttätig galten. An der Wand war ein Doppelkassettenrekorder montiert und über der Tür eine Videokamera. Außerdem gab es einen als Lichtschalter getarnten Alarmknopf.
Linford hatte neben George Silvers Platz genommen. Ihnen gegenüber saß Donny Dow. Dow war klein und mager, aber seine straffen Schultern verrieten, dass er über einiges an Kraft verfügte. Sein Haar war glatt und blond -
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