Die Tore Der Finsternis
damals Kollegen aus Falkirk zur Unterstützung angefordert.«
»Und aus Livingston«, fügte Stu Sutherland hinzu.
Jazz hielt Rebus die Kopie hin. »Du erinnerst dich doch sicher, John?«
Rebus nickte. »Ich hab zum Ermittlungsteam gehört.« Er nahm Jazz das Blatt Papier ab und las.
Der Artikel handelte davon, dass immer noch kein Fahndungserfolg in Sicht war und die Bemühungen der Polizei langsam erlahmten. Kollegen von außerhalb wurden zu ihren Revieren zurückgeschickt. Eine sechs Mann starke Sonderkommission wird weiterhin die vorhandenen Informationen auswerten und nach neuen Spuren suchen . Aus den sechs waren
nach einer Weile drei geworden, zu denen Rebus nicht mehr zählte. In dem Artikel stand nur wenig über das Verbrechen selbst, das eines der brutalsten seiner Art gewesen war, mit dem Rebus je zu tun gehabt hatte. Ein Pfarrhaus im Stadtteil Murrayfield - dem idyllischen Murrayfield mit seinen Villen und Alleen. Höchstwahrscheinlich war nur ein Einbruch geplant gewesen. Silberbesteck und andere Wertsachen waren gestohlen worden. Der Pfarrer hatte Gemeindemitglieder besucht und seine Frau allein zu Hause gelassen. Früher Abend, es brannte kein Licht. Das war wohl der Grund, wieso der Mann - laut Aussagen des Opfers ein Einzeltäter - sich das Pfarrhaus ausgesucht hatte. Es stand direkt neben der Kirche, verdeckt von einer hohen Mauer, umgeben von Bäumen, fast eine Welt für sich. Kein brennendes Licht hieß, dass niemand zu Hause war.
Da das Opfer jedoch blind war, brauchte es kein Licht. Die Frau hielt sich im ersten Stock im Badezimmer auf. Klirrend zerbrach eine Glasscheibe. Die Frau ließ sich gerade ein Bad ein, dachte, sie habe sich vielleicht verhört. Oder es seien Kinder, eine zerschmissene Glasflasche. Das Ehepaar besaß einen Hund, aber der Pfarrer hatte ihn mitgenommen, um ihm Auslauf zu verschaffen.
Sie spürte oben an der Treppe den Luftzug. Neben der Haustür in der Diele befand sich ein Telefon. Sie wollte nach unten gehen, stand mit einem Fuß auf der obersten Stufe, hörte das Knarren des Holzes. Beschloss, lieber das Telefon im Schlafzimmer zu benutzen. Sie hatte es schon fast erreicht, als er sich auf sie stürzte, bei den Handgelenken packte und herumwirbelte, sodass sie aufs Bett fiel. Später glaubte sie sich zu erinnern, dass sie ihn die Nachttischlampe anknipsen gehört hatte.
»Ich bin blind«, flehte sie. »Bitte, tun Sie mir nichts.«
Aber er tat es trotzdem und lachte hinterher, ein Lachen, das sie in den Monaten der Ermittlungen nicht mehr vergaß. Er lachte, weil sie ihn nicht identifizieren konnte. Erst
nach der Vergewaltigung riss er ihr die Kleider herunter und schlug sie, als sie schrie, brutal ins Gesicht. Er hinterließ keine Fingerabdrücke, nur ein paar Fasern und ein einzelnes Schamhaar. Er fegte das Telefon vom Nachttisch und zertrat es, nahm Bargeld mit, ein paar Erbstücke aus dem Schmuckkästchen auf dem Schminktisch. Keiner der gestohlenen Gegenstände tauchte je wieder auf.
Er sagte kein Wort. Sie konnte nur ungenaue Angaben über seine Körpergröße und sein Gewicht machen und gar keine über sein Gesicht.
Die Polizisten hatten von Anfang an vermieden, laut auszusprechen, was sie dachten, sich jedoch nach Kräften bemüht. Ortsansässige Geschäftsleute hatten fünftausend Pfund Belohnung ausgesetzt. Das Schamhaar hatte der Polizei einen genetischen Fingerabdruck geliefert, aber damals gab es noch keine Datenbank für solche Informationen. Erst mussten sie den Täter haben, dann konnten sie die Übereinstimmung feststellen.
»War ein übler Fall«, gab Rebus zu.
»Hat man den Schweinehund je geschnappt?«, fragte Francis Gray.
Rebus nickte. »Vor etwa einem Jahr. Er hat ein weiteres Mal bei einem Einbruch eine Frau vergewaltigt. In Brighton.«
»Derselbe genetische Fingerabdruck?«, wollte Jazz wissen. Rebus nickte.
»Hoffentlich wird er ewig in der Hölle schmoren«, murmelte Gray.
»Er ist schon dort«, erwiderte Rebus. »Er hieß Michael Veitch. Wurde während seiner zweiten Woche im Knast erstochen.« Er zuckte mit den Achseln. »So kann’s gehen.«
»Allerdings«, sagte Jazz. »Manchmal glaube ich, dass in Gefängnissen öfter der Gerechtigkeit Genüge getan wird als vor Gericht.«
Rebus war klar, dass er gerade eine Steilvorlage bekommen
hatte. Stimmt genau… erinnert ihr euch noch an den Gangster, der in Bar-L erstochen wurde? Hieß er nicht Bernie Johns? Aber das wäre zu plump. Wenn er das sagte, würden die drei aufmerken,
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