Die Tore Der Finsternis
könntest dir ein Taxi nehmen.«
»Ja, und?«
»Dann könntest du jetzt noch was trinken.«
Sie warf einen Blick auf ihr Glas. Es war fast nur noch Eis darin. »Einen schaffe ich noch«, meinte sie schließlich. »Aber diese Runde geht auf mich. Was nimmst du?«
Nach dem dritten Gin Tonic vertraute sie ihm an, dass sie gerade eine Beziehung hinter sich hatte. Neun Monate hatte sie gedauert, dann war die Sache im Sand verlaufen.
»Das hast du aber gut geheim gehalten.«
»Nie im Leben hätte ich ihn euch vorgestellt.« Sie spielte mit ihrem Glas und betrachtete die Lichtmuster, die es auf die Theke warf. Harry hatte sich ans andere Ende des kleinen Raums verzogen. Ein weiterer Stammgast war gekommen, und die beiden unterhielten sich über Fußball.
»Wie läuft es denn bei dir und Jean?«, erkundigte sich Gill.
»Wir hatten gerade ein kleines Missverständnis«, gestand Rebus.
»Willst du darüber reden?«
»Nein.«
»Soll ich zwischen euch vermitteln?«
Er schüttelte den Kopf. Gill war mit Jean befreundet; sie hatte die beiden miteinander bekannt gemacht. Er wollte sie nicht in eine unangenehme Lage bringen. »Trotzdem vielen Dank«, sagte er. »Wir kriegen das schon wieder hin.«
Sie sah auf ihre Uhr. »Ich sollte mich besser auf den Weg machen.« Sie rutschte vom Stuhl und hob ihre Tasche auf. »Gar nicht so übel hier«, erklärte sie und betrachtete das verblasste Dekor der Bar. »Ich geh vielleicht noch kurz einen Happen essen. Hast du schon gegessen?«
»Ja«, log er. Ein Abendessen mit Gill wäre ihm fast wie ein Seitensprung vorgekommen. »Ich hoffe, du willst in diesem Zustand nicht mehr fahren!«, rief er ihr nach.
»Mal sehen, wie ich mich fühle, wenn ich draußen bin.«
»Denk lieber dran, wie mies du dich morgen fühlen wirst, wenn du eine Anzeige wegen Trunkenheit am Steuer am Hals hast!«
Sie winkte kurz und verschwand. Rebus blieb noch auf ein Bier. Ihr Parfüm hing in der Luft. Er roch es am Ärmel seines Jacketts und überlegte, ob er Jean nicht lieber Parfüm statt Blumen hätte schicken sollen. Aber dann fiel ihm ein, dass er gar nicht wusste, welche Marke sie benutzte. Sein Blick glitt über das Regal hinter der Theke - vermutlich könnte er bei Bedarf die Namen von über zwei Dutzend Whiskys auswendig hersagen.
Zwei Dutzend Whiskys, aber keinen blassen Schimmer, welches Parfüm Jean Burchill verwendete.
Als er in der Arden Street die Haustür öffnete, nahm er einen Schatten auf der Treppe wahr: Jemand kam herunter. Vielleicht ein Nachbar, aber das war eher unwahrscheinlich. Er drehte sich um, doch auf der Straße war niemand zu sehen. Anscheinend kein Hinterhalt. Als Erstes tauchten die Füße auf, dann die Beine und der Rest.
»Was tun Sie denn hier?«, zischte Rebus.
»Ich hab gehört, dass Sie mit mir sprechen wollen«, antwortete das Wiesel. Er hatte den Fuß der Treppe erreicht. »Das trifft sich gut. Ich will nämlich auch mit Ihnen reden.«
»Sind Sie allein?«
Das Wiesel nickte. »Mein Chef wär mit diesem Treffen bestimmt nicht einverstanden.«
Rebus schaute sich erneut um. Er wollte das Wiesel nicht in seiner Wohnung haben. Ein Pub wäre gut, aber wenn er noch mehr trank, würde er nicht mehr klar denken können. »Kommen Sie mit«, sagte er, schob sich am Wiesel vorbei und ging zur Hintertür. Er schloss auf und öffnete sie mit einem Ruck. Der Garten des Hauses wurde kaum genutzt. Ein Stückchen Rasen mit ein paar Wäscheleinen; das Gras stand fast einen halben Meter hoch und war von schmalen Beeten gesäumt, in denen nur besonders zähe Pflanzen gediehen. Kurz nachdem Rebus und seine Frau hier eingezogen waren, hatte sie das Unkraut durch Sämlinge ersetzt. Schwer zu sagen, ob einige davon bis heute überlebt hatten. Der Garten wurde durch einen schmiedeeisernen Zaun von den Nachbargrundstücken getrennt. Gemeinsam bildeten die Gärten ein großes Rechteck, das von mehrstöckigen Wohnhäusern umschlossen war. In vielen Fenstern brannte Licht, so dass es hell genug war für dieses Gespräch.
»Was gibt’s?«, fragte Rebus und kramte nach einer Zigarette.
Das Wiesel hatte sich gebückt, um eine leere Bierdose aufzuheben, die er nun zusammendrückte und in die Manteltasche steckte. »Aly geht’s gut.«
Rebus nickte. Er hatte den Sohn des Wiesels schon fast vergessen. »Haben Sie meinen Rat befolgt?«
»Sie haben ihn zwar noch nicht von der Angel gelassen, aber mein Anwalt meint, wir haben gute Karten.«
»Hat man ihn angeklagt?«
Das Wiesel
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