Die Tore Der Finsternis
führst du schon Selbstgespräche?« Allan Ward war gerade dabei, eine neue Schachtel von ihrer Zellophanhülle zu befreien.
»Was ist? Hast du DC Hawes mit deinem Gesülze nicht beeindrucken können?«
Ward nickte bedächtig. »Sie ist so wenig beeindruckt«, sagte er und zündete sich eine Zigarette an, »dass sie heute Abend mit mir essen geht. Irgendwelche Tipps auf Lager?«
»Tipps?«
»Wie man sie am schnellsten flachlegt.«
Rebus schnippte die Asche von seiner Zigarette. »Sie ist eine gute Polizistin, Allan. Und außerdem mag ich sie.Wenn ihr jemand wehtut, nehm ich das persönlich übel.«
»War doch bloß ein Scherz«, verteidigte sich Ward. Sein Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. »Bloß weil du auf Entzug bist -«
Rebus fuhr herum, packte Ward am Kragen und drückte ihn mit dem Rücken an die Hauswand. Ward fiel die Zigarette aus dem Mund, als er versuchte, Rebus wegzustoßen. Ein Streifenwagen bog in die Einfahrt ein, und die Uniformierten beobachteten interessiert das Schauspiel. Dann wurden die beiden Männer plötzlich von zwei Händen gepackt und voneinander getrennt. Die Hände gehörten Derek Linford.
»Aber meine Damen«, sagte er tadelnd. »Bitte keine Handgreiflichkeiten.«
Ward zog seine Jacke zurecht. »Was machen Sie denn hier? Wollen Sie unter den Autos nach dem vermissten Verdächtigen suchen?« Speichel spritzte ihm aus dem Mund.
»Nein«, sagte Linford, aber er ließ den Blick trotzdem über den Parkplatz wandern - man konnte ja nie wissen. »Eigentlich wollte ich nur nachsehen, ob ich hier draußen ein paar Raucher finde.«
»Sie rauchen doch gar nicht«, erinnerte Rebus ihn. Sein Atem ging schwer.
»Ich dachte mir, vielleicht sollte ich damit anfangen. Es gäbe wirklich kaum einen besseren Zeitpunkt.«
Ward lachte und schien Rebus völlig vergessen zu haben. »Willkommen im Klub«, sagte er und hielt Linford sein Päckchen hin. »Templer hat Sie wohl ziemlich runtergeputzt, was?«
»Wissen Sie, vor allem ist mir die Sache verdammt peinlich«, gestand Linford mit einem verlegenen Grinsen, während Ward ihm Feuer gab.
»Vergessen Sie’s. Alle sagen, dass Dow Kickboxer ist. Mit so einem legt man sich besser nicht an.«
Wards Bemerkung schien Linford aufzumuntern. Rebus wunderte sich über Linford. Er hatte sie bei einer Rangelei erwischt, ohne nach dem Grund zu fragen - offenbar war er zu sehr mit seinen eigenen Problemen beschäftigt. Rebus beschloss, die beiden allein zu lassen.
»He, John, nichts für ungut, okay?«, rief Ward plötzlich. Rebus antwortete nicht. Jetzt, da Ward ihn daran erinnert hatte, würde Linford bestimmt nach dem Grund für ihre Auseinandersetzung fragen, und sein neuer Busenfreund würde ihm von dem Abend in Edinburgh und von Jean erzählen.
Dadurch hatte Linford plötzlich etwas gegen ihn in der Hand. Rebus fragte sich, wann er es als Munition verwenden würde. Er begann sogar, sich Sorgen zu machen, weil Linford für ihn bei den Ermittlungen im Fall Marber eingesprungen war. Warum ausgerechnet Linford? Rebus spürte, wie er sich innerlich immer mehr verkrampfte. Er ließ die Schultern kreisen und dehnte den Nacken. Ihm fiel ein Graffito
ein, das er einmal gesehen hatte: Paranoid zu sein, ist keine Garantie, dass niemand hinter einem her ist. Wurde er langsam paranoid? Sah er überall nur noch Fallstricke und Feinde? Er verfluchte Strathern, weil er ihn für diesen Auftrag ausgesucht hatte. Wenn ich nicht mal dem Mann vertraue, für den ich arbeite, dachte Rebus, wie kann ich da überhaupt jemandem vertrauen? Ein Kollege, der im Fall Marber ermittelte, lief an ihm vorbei, und Rebus stellte sich vor, wie schön es wäre, an einem Schreibtisch im Mordbüro zu sitzen, ein paar Routineanrufe zu erledigen und dabei genau zu wissen, wie unbedeutend die eigene Arbeit war. Stattdessen schaufelte er sich, wie es ihm schien, eifrig sein eigenes Grab. Er hatte Jazz mit einer »Idee« geködert, einem Plan, wie sie an Geld kommen konnten. Jetzt musste er sich nur noch etwas einfallen lassen...
An diesem Abend ging Rebus allein aus. Der Crew hatte er erzählt, er müsse noch etwas erledigen, würde aber vielleicht später nachkommen. Sie hatten sich noch nicht entschieden, ob sie gleich nach Tulliallan fahren oder erst noch in Edinburgh etwas trinken wollten. Jazz zog es nach Broughty Ferry, aber sein Wagen stand auf dem Parkplatz der Akademie. Ward spielte mit dem Gedanken, Phyllida Hawes zu einem Mexikaner in der Nähe von St. Leonard’s
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