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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Mädchen sind
hübsch und blond.‹«
    »Ich habe mich nach
dem Gottesdienst beeilt, dass ich aus der Kirche kam«, erzählte Maud. »Wir
haben im Holly Bush gewohnt, und meine Mutter fühlte sich nicht wohl; also bin
ich rasch zurückgegangen, mich um sie zu kümmern.«
    »Und ich habe in
der ganzen Stadt nach ihr gesucht«, fuhr Gerald fort, »konnte sie aber nicht
finden. Nach Ostern sind alle wieder nach Hause gegangen. Ich habe in Shiring
gelebt und sie in Casterham, aber ich wusste nichts davon! Ich dachte, ich
würde sie nie Wiedersehen. Ich hielt sie sogar für einen Engel, der dafür hatte
sorgen sollen, dass alle an der Messe teilnehmen.«
    »Gerald, bitte!«,
rief Maud.
    »Aber ich hatte
mein Herz verloren. Andere Frauen haben mich nicht mehr interessiert. Ich hatte
mich schon darauf eingerichtet, dass ich mich für den Rest meines Lebens in
Sehnsucht nach dem Engel von Kingsbridge verzehren würde. Das ging zwei Jahre
so.
    Dann habe ich sie
bei einem Turnier in Winchester wiedergesehen.«
    Maud sagte: »Da kam
dieser vollkommen Fremde zu mir und sagte: ›Ihr seid es, nach all der Zeit!
Ihr müsst mich heiraten, bevor Ihr wieder verschwindet.‹ Ich habe ihn für
verrückt gehalten.«
    »Eine erstaunliche
Geschichte«, sagte Edmund.
    Merthin gelangte zu
der Ansicht, dass Edmunds guter Wille nun ausreichend strapaziert worden sei.
Er sagte: »Wie dem auch sei — ich habe auf dem Skizzenboden in der Kathedrale
ein paar Pläne entworfen.«
    Edmund fragte: »Für
eine Steinbrücke, breit genug für zwei Karren?« »Alles gemäß Euren Vorgaben —
und mit Rampen an beiden Enden. Und ich habe eine Möglichkeit gefunden, den
Preis um ein Drittel zu verringern.« »Und wie?«
    »Ich werde es Euch
zeigen, wenn Ihr zu Ende gegessen habt.«
    Edmund schlang den
letzten Rest Eintopf herunter und stand auf.
    »Ich bin fertig.
Lass uns gehen.« Er verneigte sich vor Gerald.
    »Habt Dank für Eure
Gastfreundschaft.« »Es war uns ein Vergnügen, Euch in unserem Haus zu haben,
Ratsältester.« Merthin und Edmund traten hinaus in den Nieselregen. Anstatt
direkt zur Kathedrale zu gehen, führte Merthin Edmund zum Fluss. Edmunds
Humpeln war unverkennbar, und so begrüßte fast jeder, dem sie begegneten, ihn
mit einem freundlichen Wort oder einer respektvollen Verbeugung.
    Merthin wurde
plötzlich von Unruhe erfasst. Seit Monaten dachte er nun schon über einen Plan
für die Brücke nach. Als er an der Kirche St. Mark gearbeitet und die
Zimmerleute beaufsichtigt hatte, als diese das neue Dach bauten, während das
alte gleichzeitig abgetragen wurde, hatte er immer wieder über die Herausforderung
nachgegrübelt, eine Steinbrücke zu errichten. Nun würde er seine Ideen zum
ersten Mal einem anderen zeigen.
    Und bis jetzt hatte
Edmund keine Ahnung, wie radikal Merthins Plan war.
    Die verschlammte
Straße wand sich den Hügel hinunter und zwischen Häusern und Werkstätten
hindurch. Die Stadtbefestigungen waren in zweihundert Jahren Frieden verfallen;
nun waren nur noch Erdhaufen davon übrig, die Teile von Gartenmauern bildeten.
    Am Flussufer gab es
Handwerksbetriebe, die große Mengen Wasser benötigten, vor allem Wollfärber und
Gerber.
    Zwischen einem
Schlachthof, der den Gestank nach Blut verströmte, und einer Schmiede, in der
Hämmer auf Eisen schlugen, gelangten Merthin und Edmund auf das schlammige
Vorland. Unmittelbar vor ihnen, jenseits eines schmalen Wasserstreifens, lag
Leper Island, die Insel der Aussätzigen. Edmund fragte: »Warum sind wir hier?
Die Brücke liegt doch eine Viertelmeile flussaufwärts.«
    »Sie lag eine
Viertelmeile flussaufwärts«, erwiderte Merthin, atmete tief durch und sagte:
»Ich denke, wir sollten die neue Brücke hier bauen.«
    »Eine Brücke zur
Insel?«
    »Und eine weitere
von der Insel zum gegenüber liegenden Ufer.
    Zwei kleine Brücken
anstatt einer großen. Das wäre viel billiger.«
    »Aber die Leute
werden über die Insel gehen müssen, um von einer Brücke zur anderen zu
gelangen.«
    »Ja. Warum auch
nicht?«
    »Weil das eine
Leprakolonie ist!«
    »Es gibt dort nur
noch einen Aussätzigen. Der kann woandershin gebracht werden. Die Krankheit
scheint auszusterben.«
    Edmund schaute
nachdenklich drein. »Dann wird also jeder, der nach Kingsbridge will, an genau
der Stelle ankommen, an der wir jetzt stehen.«
    »Wir müssen
natürlich noch eine neue Straße bauen und ein paar Gebäude abreißen; aber die
Kosten werden

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