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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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gefundenen Sohn Sam. Er genoss es, Sam an seiner Seite zu haben, der sein Kind
und dennoch ein erwachsener Mann war. Seine beiden anderen Söhne, Gerry und
Roley, waren für so etwas noch zu klein. Sam wusste nichts von Ralphs
Vaterschaft, doch dieser hegte das Geheimnis voller Freude.
    Von dem, was sie
auf ihrem Rundritt sahen, waren sie entsetzt. Hunderte von Ralphs Hörigen waren
tot oder lagen im Sterben, und das Korn stand auf den Feldern und konnte nicht
geerntet werden. Während sie von einem Dorf zum nächsten ritten, wuchsen Ralphs
Ärger und Verzweiflung. Mit seinen sarkastischen Bemerkungen schüchterte er
seine Begleiter ein, mit seiner schlechten Laune machte er sein Pferd scheu.
    In jedem Dorf und
auch auf dem Land der Hörigen wurden einige Morgen ausschließlich für den
Grafen bestellt. Die Arbeit darauf sollte von seinen Knechten und von
Grundholden verrichtet werden, die einen Tag in der Woche Frondienst zu leisten
hatten. Dieses Land sah am schlimmsten aus. Viele von Ralphs Knechten waren
tot, und das Gleiche galt für zahlreiche Hörige, die ihm Schardienst geschuldet
hatten; andere Hörige hatten nach dem letzten Ausbruch der Seuche günstigere
Bedingungen ausgehandelt und mussten keine Fron mehr leisten; und zu guter
Letzt war es unmöglich, unbeschäftigte Arbeitskräfte zu finden.
    Als Ralph nach
Wigleigh kam, ging er hinter das Lehnshaus und blickte in den großen
Holzschuppen, der sich zu dieser Jahreszeit mit gedroschenem Korn füllen
sollte, das zur Mühle gebracht werden konnte — doch er war leer, und auf dem
Heuboden hatte eine Katze ihre Jungen bekommen.
    »Womit sollen wir
Brot backen?«, brüllte er Nathan roh an.
     
    »Was sollen wir
trinken, wenn wir keine Gerste haben, um Bier zu brauen? Bei Gott, ich hoffe
für dich, dass du einen Plan hast!«
    Nate sah ihn
missmutig an. »Uns bleibt nichts anderes übrig, als die Ackerstreifen neu zu
verteilen«, sagte er.
    Ralph war
überrascht von der mürrischen Art seines Vogtes. Nate war normalerweise ein
Kriecher. Dann aber ging Nates Blick zu dem jungen Sam, und Ralph begriff,
wieso der Wurm sich krümmte. Nate hasste Sam, weil dieser Jonno, seinen Sohn,
getötet hatte. Statt Sam zu bestrafen, hatte Ralph ihn erst begnadigt und dann
zum Knappen gemacht. Kein Wunder, dass Nate sich getreten fühlte.
    Ralph sagte: »Im
Dorf muss es doch den einen oder anderen jungen Mann geben, der ein paar Morgen
Land zusätzlich bestellen kann.«
    »Das schon, aber
sie sind nicht bereit, den Handlohn zu zahlen«, erwiderte Nate.
    »Sie wollen Land
umsonst?«
    »Ja. Sie sehen
genau, dass Ihr zu viel Land und zu wenig Arbeitskräfte habt, und sie wissen,
dass sie in einer starken Verhandlungsposition sind.« In der Vergangenheit
hatte Nate aufmüpfigen Bauern bereitwillig Wasser in den Wein gegossen, aber
nun schien er Ralphs Zwangslage zu genießen.
    »Sie benehmen sich,
als gehörte England ihnen und nicht dem Adel«, sagte Ralph zornig.
    »Es ist eine
Schande, Mylord«, stimmte Nate ihm wieder höflicher zu, und ein verschlagener
Blick trat auf sein Gesicht. »Zum Beispiel möchte Wulfrics Sohn Davey gern
Amabel heiraten und das Land ihrer Mutter übernehmen. Das wäre sehr sinnvoll,
denn Annet war nie in der Lage, ihren Besitz ganz auszunutzen.«
    Sam ergriff das
Wort. »Meine Eltern würden den Handlohn niemals bezahlen — sie sind gegen die
Heirat.«
    Nate sagte: »Aber
Davey könnte ihn selbst entrichten.«
    Ralph war
überrascht. »Wovon?«
    »Er hat diese neue
Pflanze verkauft, die er im Wald gezogen hat.«
    »Den Färberkrapp.
Offenbar haben wir ihn nicht gründlich genug zertrampelt. Wie viel hat er
eingenommen?«
    »Das weiß niemand.
Aber Gwenda hat eine junge Milchkuh gekauft, und Wulfric besitzt ein neues
Messer … und am Sonntag trug Amabel ein gelbes Halstuch zur Kirche.«
    Und Nate ist eine
dicke Bestechung angeboten worden, vermutete Ralph. »Ich belohne Daveys
Ungehorsam gar nicht gerne«, sagte er, »aber ich bin in einer verzweifelten
Lage. Er soll das Land bekommen.«
    »Ihr müsstet ihm
eine Sondererlaubnis erteilen, gegen den Willen seiner Eltern zu heiraten.«
    Davey hatte Ralph
darum gebeten, und Ralph hatte ihn abgewiesen, aber das war geschehen, ehe die
Pest die Bauernschaft dezimierte. Ralph schätzte es gar nicht, solche
Entscheidungen nachträglich umwerfen zu müssen. Dennoch bedeutete es einen nur
geringen Preis. »Ich gebe ihm die Erlaubnis.«
    »Sehr

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