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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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raschen,
tödlichen Reflexe, die ihm Jahre später in den französischen Kriegen so gute
Dienste leisteten.
    Thomas bezwang den
zweiten Soldaten, aber zuvor empfing er noch die Wunde, die ihn den linken Arm
kosten sollte — trotz oder vielleicht auch wegen der Behandlung, die ihm im
Hospital der Priorei zu Kingsbridge zuteil wurde. Dann half Merthin dem Ritter,
den Brief zu vergraben.
    »Einfach hier«,
hatte Thomas gesagt. »Genau vor der Eiche.« Heute wusste Merthin, dass in dem
Brief ein Geheimnis niedergelegt war; ein so gefährliches Geheimnis, dass
hochrangige Personen es fürchten mussten. Das Geheimnis hatte Thomas Schutz
verliehen, aber er hatte trotzdem Zuflucht im Mönchskloster gesucht und sein
ganzes Leben dort verbracht.
    »Solltest du hören,
dass ich tot bin«, hatte Thomas zu Merthin dem Jungen gesagt, »hätte ich gerne,
dass du den Brief wieder ausgräbst und einem Priester gibst.«
    Merthin der Mann
stach das Spatenblatt in die Erde und begann zu graben.
    Er war sich nicht
sicher, ob Thomas beabsichtigt hatte, dass es so kam. Der vergrabene Brief war
eine Sicherheitsvorkehrung gewesen, sollte Thomas durch Gewalt getötet werden,
nicht aber für den Fall, dass er im Alter von achtundfünfzig Jahren eines
natürlichen Todes starb. Hätte er noch immer gewollt, dass der Brief ausgegraben
wurde? Merthin wusste es nicht. Er würde entscheiden, was er tun wollte, wenn
er den Brief gelesen hatte. Er konnte der Neugier nicht widerstehen, er musste
lesen, was darin geschrieben stand.
    Seine Erinnerung an
die Stelle, wo er die Tasche vergraben hatte, war nicht sehr genau, und mit dem
ersten Versuch verfehlte er sie. Nachdem er zwei Fuß tief gegraben hatte,
begriff er seinen Fehler: Das Loch war nur etwa anderthalb Fuß tief gewesen, da
war er sicher. Er versuchte es einige Handbreit weiter links.
    Diesmal lag er
richtig.
    In anderthalb Fuß
Tiefe traf das Spatenblatt auf etwas, was keine Erde war. Es war weich, gab
aber nicht nach. Merthin legte den Spaten weg und grub mit dem Fingern weiter.
Er ertastete ein Stück altes, morsches Leder. Vorsichtig schob er die Erde
beiseite und zog es heraus. Es war die lederne Brieftasche, die Thomas vor all
den Jahren an seinem Gürtel getragen hatte.
    Er wischte seine
erdigen Hände an der Jacke ab und öffnete sie.
    Darin war eine
Tasche aus geölter Wolle, noch völlig intakt. Merthin löste das Zugband der
Tasche und griff hinein. Er zog ein zusammengerolltes Pergament hervor, das mit
Wachs versiegelt war.
    Er handhabte es
vorsichtig, aber dennoch zerfiel das Wachs, kaum dass er es berührte. Mit
spitzen Fingern entrollte er das Pergament. Es hatte die vierunddreißig Jahre
in der Erde bemerkenswert gut überstanden.
    Augenblicklich sah
Merthin, dass es kein offizielles Dokument, sondern ein persönlicher Brief war.
Er sah es an der Handschrift, bei der es sich um die gewissenhaften Striche
eines gebildeten Edelmanns handelte und nicht um die geübte Schrift eines
Schreibers.
    Er begann zu lesen.
Die Grußformel lautete:
     
    Von Edward, als
Zweiter seines Namens König von England, in der Burg von Berkeley, durch die
Hand seines treuen Dieners, Sir Thomas Langley, an seinen geliebten ältesten
Sohn Edward königliche Grüße und väterliche Liebe.
     
    Merthin bekam es mit der Angst. Er las eine
Nachricht des alten Königs an den neuen. Die Hand, mit der er das Dokument
hielt, zitterte, und er blickte davon auf und musterte seine Umgebung, als
könnte ihn jemand aus den Büschen beobachten.
     
    Mein geliebter Sohn, schon bald wirst Du
hören, ich sei tot. Wisse, dass dem nicht so ist.
     
    Merthin runzelte die Stirn. Damit hatte er
nicht gerechnet.
     
    Deine Mutter, die Königin, die Frau meines
Herzens, hat Graf Roland von Shiring und seine Söhne behext und ihre Herzen
verdorben, und sie haben Mörder hierhergesandt; doch Sir Thomas hat mich gewarnt,
und die Meuchler wurden erschlagen.
     
    Also war Thomas doch nicht der Mörder,
sondern der Retter des Königs gewesen.
     
    Deine Mutter wird, nachdem ihr einmal
misslungen ist, mich zu töten, es gewiss wieder versuchen, denn solange ich
lebe, können sie und ihr ehebrecherischer Beischläfer sich nicht sicher fühlen. Deshalb
habe ich mit einem der gefallenen Meuchler, einem Mann meiner Größe und meines
ungefähren Aussehens, die Kleider getauscht und mehrere Leute bestochen zu
beschwören, der Tote wäre ich. Deine Mutter wird die Wahrheit

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