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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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machte einen Schritt nach vorn. In diesem Augenblick stieß Gwenda ihm
das Messer in den Rücken.
    Sie trieb den
langen Dolch, so fest sie konnte nach oben, drückte mit der Kraft einer
Feldarbeiterin, presste ihn durch die Muskeln von Alans Rücken, durch Nieren,
Magen und Lunge und hoffte, das Herz zu treffen. Zehn Zoll lang war die Klinge,
spitz und scharf, und sie zertrennte seine Organe; dennoch tötete sie ihn nicht
auf der Stelle.
    Er brüllte vor
Schmerz auf und verstummte plötzlich. Torkelnd wandte er sich um und packte
sie, zog sie an sich wie ein Ringer. Sie stach ihn erneut, in den Bauch
diesmal, und wieder stemmte sie die Klinge nach oben, in die lebenswichtigen Organe.
Blut schoss Alan aus dem Mund. Er wurde schlaff, und seine Arme sackten herab.
Einen Augenblick lang starrte er mit einem Ausdruck grenzenloser Ungläubigkeit die
nichtswürdige kleine Frau an, die sein Leben beendet hatte. Dann schloss er die
Augen und brach auf dem Boden zusammen.
    Gwenda sah zu den
anderen beiden.
    Sam schlug zu, und
Ralph parierte; Ralph wich zurück, Sam drängte nach; Sam holte wieder aus, und
Ralph wehrte erneut ab.
    Ralph verteidigte
sich gekonnt, aber er griff nicht an.
    Ralph hatte Angst,
seinen Sohn zu töten.
    Sam, der nicht
wusste, dass sein Gegner sein Vater war, empfand keine solchen Skrupel und
drängte nach, setzte Ralph mit einem Schwertstreich nach dem anderen zu.
    Gwenda wusste, dass
es nicht lange so weitergehen konnte. Einer würde den anderen verletzen, und
dann wurde es zu einem Kampf auf Leben und Tod. Gwenda hielt das blutige Messer
stoßbereit und wartete verzweifelt auf eine Gelegenheit, sich einzumischen und
Ralph genauso niederzustechen wie Alan.
    »Warte«, sagte
Ralph und hob die linke Hand; doch Sam war außer sich vor Zorn und stach
dennoch nach ihm. Ralph parierte und sagte wieder: »Warte!« Er keuchte vor
Erschöpfung, doch er konnte einige Worte hervorstoßen. »Da gibt es etwas, was
du nicht weißt.«
    »Ich weiß genug!«, brüllte Sam, und Gwenda
hörte den Unterton jungenhafter Hysterie in seiner Männerstimme. Wieder holte
er aus. »Nein, das stimmt nicht!«, schrie Ralph.
    Gwenda wusste, was
Ralph ihrem Sohn sagen wollte. Ich hin dein Vater, würde er sagen.
    Das durfte nicht
geschehen.
    »Hör mir doch zu!«,
rief Ralph, und endlich reagierte Sam. Er trat zurück, aber er senkte das
Schwert nicht.
    Ralph rang keuchend
um den Atem, den er zum Sprechen brauchte; und dann, als er innehielt, stürmte
Gwenda auf ihn zu.
    Er wirbelte zu ihr
herum und schwang dabei sein Schwert in flachem Bogen nach rechts. Seine Klinge
klirrte gegen Gwendas Messer und schlug es ihr aus der Hand. Sie war völlig
wehrlos und wusste, dass sie sterben musste, wenn er sie mit dem Rückschwung seines
Schwertes traf.
    Doch zum ersten
Mal, seit Sam blankgezogen hatte, stand Ralph ohne Deckung da; seine
Vorderseite war ungeschützt. Sam trat vor und stieß Ralph das Schwert in die
Brust. Die Spitze durchdrang Ralphs leichte Sommerkleidung und verschwand links
vom Brustbein in seinem Körper. Die Klinge musste zwischen zwei Rippen
hindurchgleiten, denn sie drang tiefer ein. Sam stieß einen blutdurstigen
Triumphschrei aus und drückte fester zu. Unter der Kraft des Stoßes taumelte
Ralph zurück. Mit den Schultern prallte er gegen die Wand hinter sich, doch Sam
setzte weiter nach. Die Schwertspitze trat aus dem Rücken hervor und bohrte
sich mit einem eigentümlichen Laut in das Holz der Wand.
    Ralph starrte Sam
ins Gesicht, und Gwenda erriet, was er dachte. Ralph hatte begriffen, dass er
tödlich verwundet war, und die letzten Augenblicke seines Lebens verbrachte er
in dem Wissen, dass er von der Hand seines eigenen Sohnes starb.
    Sam ließ das
Schwert los, aber es fiel nicht. Es steckte in der Wand und spießte Ralph auf
grauenerregende Weise auf. Sam trat entsetzt zurück.
    Ralph war noch
nicht tot. Er hob die Arme in dem matten Versuch, das Schwert zu packen und aus
seiner Brust zu ziehen, aber er vermochte seine Bewegungen nicht mehr zu
koordinieren. Gwenda erinnerte er in diesem schrecklichen Augenblick an die
Katze, die seine Knappen an den Pfosten gebunden hatten.
    Sie bückte sich und
hob ihren Dolch vom Boden auf.
    Dann, es war
unglaublich, setzte Ralph zum Sprechen an.
    »Sam«, sagte er.
»Ich bin … « Das Blut schoss ihm aus dem Mund und schnitt ihm das Wort ab.
    Gwenda wurden vor
Erleichterung die Knie weich.
    Der Blutstrom

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