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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Pfiff aus.
    Ein paar
Augenblicke später erschien eine Gestalt am finsteren Waldrand und sagte:
»Alles in Ordnung, Sim.«
    »Alles in Ordnung,
Jed.«
    »Was hast du denn
da? Ein leckeres Törtchen?« »Du wirst dein Stück schon bekommen, Jed, genau wie
alle anderen auch … solange du sechs Pennys hast.« Da erkannte Gwenda, was
Sim plante. Er wollte sie zu einer Hure machen! Die Erkenntnis traf sie wie ein
Schlag, und sie taumelte und fiel auf die Knie.
    »Sechs Pennys, hm?«
Jeds Stimme schien von weit weg zu kommen, doch Gwenda hörte deutlich die
Erregung heraus. »Wie alt ist sie denn?«
    »Ihr Vater sagt,
sie sei sechzehn, aber ich würde sie eher auf achtzehn schätzen.« Sim riss an
dem Strick. »Steh auf, du faule Kuh.
    Wir sind noch nicht
da.«
    Gwenda stemmte sich
hoch. Deshalb wollte er, dass ich mir das Gesicht wasche, ging es ihr durch den
Kopf, und aus irgendeinem Grund ließ diese Erkenntnis sie in Tränen ausbrechen.
    Gwenda weinte
hoffnungslos weiter, während sie in Sims Fußstapfen dahinstolperte, bis sie
eine Lichtung mit einem Feuer in der Mitte erreichten. Durch den Tränenschleier
hindurch nahm Gwenda fünfzehn oder zwanzig Leute wahr, die ringsum am Rand der
Lichtung lagen, die meisten in Decken oder Mäntel gehüllt. Nun hoben sie die
Köpfe und starrten Gwenda im Feuerschein an. Es waren fast ausnahmslos Männer,
doch Gwenda erblickte auch ein weißes weibliches Gesicht mit hartem Ausdruck
und glattem Kinn, das sie kurz musterte und dann wieder in einem Bett aus
Lumpen verschwand. Ein umgekipptes Weinfass und verstreut liegende Holzbecher
zeugten von einem Zechgelage.
    Gwenda erkannte,
dass Sim sie zu einem Lager von Geächteten gebracht hatte.
    Sie stöhnte. Wie
vielen von ihnen würde sie zu Willen sein müssen? Kaum hatte sie sich die Frage
gestellt, da wusste sie auch schon die Antwort: allen.
    Sim schleifte
Gwenda über die Lichtung zu einem Mann, der aufrecht an einem Baum saß. »Alles
in Ordnung, Tarn«, sagte Sim.
    Gwenda wusste
sofort, wer der Mann sein musste: Das war der berühmteste Geächtete der
gesamten Grafschaft, Tarn Hiding. Er hatte ein hübsches Gesicht, auch wenn es
vom Trinken ein wenig gerötet war. Die Leute sagten, er sei von edler Geburt,
doch das sagten sie stets über einen Geächteten, der es zu einer gewissen
Berühmtheit gebracht hatte. Als Gwenda ihn nun sah, staunte sie über sein
jugendliches Alter: Er war höchstens Mitte zwanzig. Aber es galt nicht als
Verbrechen, einen Geächteten zu erschlagen; also lebten die meisten wohl nicht
lange.
    Tarn entgegnete:
»Alles in Ordnung, Sim.« »Ich habe Alwyns Kuh gegen die Kleine hier getauscht.«
»Gut gemacht.« Tarn lallte nur wenig.
    »Von den Jungs
werden wir sechs Pennys verlangen, aber du darfst natürlich umsonst ran. Ich
nehme an, du willst der Erste sein… «
    Tarn musterte
Gwenda mit seinen blutunterlaufenen Augen. Vielleicht war es nur Wunschdenken,
aber sie glaubte, einen Hauch von Mitleid auf seinem Gesicht zu sehen. Er
sagte: »Nein, danke, Sim. Mach nur, und lass die Jungs ihren Spaß haben. Aber
du wirst wohl noch bis morgen warten müssen. Wir haben ein Fass guten Weins
bekommen, das zwei Mönche nach Kingsbridge bringen wollten. Die meisten von uns
sind jetzt sturzbetrunken.«
    Gwendas Herz setzte
vor Hoffnung einen Schlag aus. Vielleicht würde ihre Tortur sich auf morgen
verschieben.
    »Ich werde mich mit
Alwyn beraten müssen«, sagte Sim zweifelnd. »Danke, Tarn.« Er wandte sich ab
und zerrte Gwenda hinter sich her.
    Ein paar Schritte
entfernt rappelte ein breitschultriger Mann sich mühsam auf. Sim sagte: »Alles
in Ordnung, Alwyn.« Die Phrase schien den Geächteten als Gruß und Kennwort
zugleich zu dienen.
    Alwyn war in einem
üblen Stadium der Trunkenheit. »Was hast du denn da mitgebracht?«
    »Ein junges
Törtchen. Frische Ware.«
    Alwyn packte Gwenda
unnötig fest am Kinn und drehte ihr Gesicht in den Feuerschein. Sie war
gezwungen, ihm in die Augen zu sehen. Er war so jung wie Tarn Hiding und hatte
die gleiche ungesund trunkene Hautfarbe. Sein Atem stank nach Wein. »Teufel
auch, da hast du aber ein hässliches Sumpfhuhn ausgesucht!«, sagte er.
    Dieses eine Mal war
Gwenda froh darüber, als hässlich angesehen zu werden. Vielleicht würde dieser
Alwyn nichts von ihr wollen.
    »Ich hab genommen,
was ich kriegen konnte«, erwiderte Sim gereizt. »Hätte der Mann eine schöne
Tochter gehabt, hätte er sie wohl kaum

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