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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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an.
    Zu ihrem Entsetzen
spürte sie, wie sich ein Glühen in ihren Lenden ausbreitete. Sie ekelte sich
vor sich selbst. Der Mann war ein mordlüsterner Verbrecher, nur wenig besser
als ein Tier, und er wollte sie für sechs Pennys zur Hure machen. Was sie hier
tat, geschah allein, um ihr Leben zu retten, nicht zum Vergnügen! Und doch war
da ein Gefühl von Feuchtigkeit in ihr, während Alwyn immer schneller zustieß.
    Gwenda fühlte, dass
sein Höhepunkt nahte. Entweder jetzt oder nie. Alwyn stöhnte lang gezogen, und
Gwenda handelte.
    Sie zog ihm den
Dolch unter der Hand weg. Der Ausdruck lustvollen Entzückens auf seinem Gesicht
änderte sich nicht; er hatte nichts bemerkt. Aus Angst, dass er es doch noch
bemerken und sie im letzten Augenblick aufhalten könnte, zögerte Gwenda nicht
und stieß nach oben zu.
    Irgendwie spürte
Alwyn die Bewegung und riss die Augen auf.
    Entsetzen und Angst
erschienen auf seinem Gesicht. Gwenda stach wild zu und rammte ihm die Klinge
unter dem Kinn ins Fleisch.
    Sie fluchte, wohl
wissend, dass sie die verletzlichsten Teile des Halses verfehlt hatte: die
Luftröhre und die Halsschlagader. Alwyn brüllte vor Schmerz und Zorn, war aber
nicht außer Gefecht gesetzt, und Gwenda wusste, dass sie dem Tod so nahe war
wie noch nie.
    Sie bewegte sich,
ohne nachzudenken, und schlug Alwyn mit dem linken Arm gegen den Ellbogen.
Alwyn konnte nicht anders, als den Arm zu beugen, und sackte in sich zusammen.
Gwenda stieß den langen Dolch immer tiefer in seinen Kiefer hinein, und Alwyns
Körpergewicht tat sein Übriges. Nachdem der Dolch von unten in den Kopf
gedrungen war, spritzte Blut aus dem offenen Mund und über Gwendas Gesicht.
Instinktiv warf sie den Kopf zur Seite, stieß aber weiter zu. Kurz traf die
Klinge auf Widerstand, brach ihn aber sofort, bis Alwyns Auge förmlich zu
platzen schien, und Gwenda sah, wie die Dolchspitze in einem Strom von Blut aus
der Augenhöhle drang.
    Alwyn brach nun
endgültig zusammen, tot oder kurz davor. Sein Gewicht raubte Gwenda den Atem.
Es war, als wäre sie von einem umstürzenden Baum getroffen worden. Einen Moment
lang konnte sie sich nicht bewegen.
    Zu ihrem Entsetzen
spürte sie, wie Alwyn just in diesem Augenblick zum Höhepunkt kam.
    Sie wurde von einem
abergläubischen Schrecken erfüllt, und dieser Schrecken war sogar noch
furchterregender als das Gefühl, als Alwyn sie mit dem Dolch bedroht hatte.
Panisch wand sie sich unter ihm hervor.
    Zitternd und schwer
atmend rappelte Gwenda sich auf. Sie hatte Blut auf ihrer Brust und Alwyns
Samen auf ihren Schenkeln. Ängstlich schaute sie in Richtung des
Geächtetenlagers. Hatte Alwyns Schrei jemanden geweckt?
    Zitternd warf sie
sich das Kleid wieder über den Kopf und zog den Gürtel fest. Gwenda hatte ihre
Börse und ihr eigenes kleines Messer, das sie für gewöhnlich zum Essen
brauchte. Sie wagte es kaum, den Blick von Alwyn zu nehmen: Sie hatte das
furchtbare Gefühl, dass er vielleicht noch leben könnte. Ein Geräusch von der
Lichtung erschreckte sie. Sie musste schnell weg von hier. Gwenda ließ hastig
den Blick schweifen, um sich zu orientieren, und machte sich dann in Richtung
Straße auf den Weg.
    Dann fiel ihr ein,
dass an der großen Eiche ein Wachtposten stand, und erneut wurde sie von Furcht
gepackt. Leise schlich sie durch den Wald und näherte sich dem Baum, bis sie
den Posten erblickte — Jed war sein Name. Er lag auf dem Boden und schlief tief
und fest. Gwenda schlich auf Zehenspitzen an ihm vorbei. Es kostete sie all
ihre Willenskraft, nicht panisch loszurennen. Doch Jed rührte sich nicht.
    Gwenda fand den
Wildwechsel und folgte der Fährte bis zum Bach. Offenbar war ihr niemand auf
den Fersen. Sie wusch sich das Blut von Gesicht und Brust und spritzte dann
kaltes Wasser auf ihre intimsten Körperstellen. Schließlich trank sie einen
tiefen Schluck.
    Sie wusste, dass
sie einen langen Marsch vor sich hatte.
    Schon ein wenig
ruhiger setzte sie den Weg fort, indem sie weiterhin dem Wildwechsel folgte.
Beim Gehen lauschte sie. Wie lange würde es wohl dauern, bis die Geächteten
Alwyn fanden? Gwenda hatte noch nicht einmal versucht, den Leichnam zu verstecken.
    Wenn diese
Galgenvögel herausfanden, was geschehen war, würden sie mit Sicherheit die
Verfolgung aufnehmen, denn sie hatten eine Kuh für sie gegeben, und die war
zwölf Shilling wert — für einen Tagelöhner wie ihren Vater der Lohn eines
halben Jahres.
    Gwenda

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