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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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ärmlich gekleidet, aber selbstbewusst, ja
anmaßend. Gwenda erkannte sie als Madge, das Weib von Mark Webber. »Es gibt
heute keine Sklaverei mehr«, erklärte Madge.
    Sim sagte: »Was ist
dann mit den Lehrlingen, die keinen Lohn erhalten und von ihren Meistern
geprügelt werden dürfen? Oder mit den Novizen und Nonnen? Oder mit jenen, die
sich für Brot und Obdach in den Palästen der Edelleute verdingen?«
    Madge sagte: »Ihr
Leben mag hart sein, aber sie können nicht gekauft oder verscherbelt werden —
stimmt‘s nicht, Bruder Godwyn?«
    »Ich sage ja nicht,
dass dieser Handel dem Gesetz entspricht«, antwortete Godwyn. »Schließlich habe
ich in Oxford Medizin studiert und nicht Juristerei. Aber ich vermag weder in
der heiligen Schrift noch in den Lehren der Mutter Kirche etwas zu entdecken,
das sagt, es sei eine Sünde, was diese Männer tun.« Er schaute Caris an und hob
die Schultern. »Tut mir leid, Base.«
    Madge Webber
verschränkte die Arme vor der Brust. »Nun, Hausierer, wie willst du das Mädchen
aus der Stadt bringen?«
    »Mit meinem Strick«,
antwortete er. »Genau so, wie ich die Kuh hineingebracht habe.«
    »Ja, aber die Kuh
musstest du nicht an mir und diesen Leuten vorbeizerren.«
    Gwendas Herz machte
einen Sprung. Es gab noch Hoffnung! Sie war nicht sicher, wie viele der
Umstehenden sie unterstützten, doch sollte es zu einer Schlägerei kommen,
würden sie eher der Stadtbewohnerin Madge Webber zur Seite stehen als Sim,
einem Fremden.
    »Ich habe auch
früher schon mit halsstarrigen Weibern zu tun gehabt«, sagte Sim und verzog den
Mund. »Sie haben mir nie viel Ärger gemacht.«
    Madge legte die
Hand auf den Strick. »Vielleicht hattest du bis jetzt einfach nur Glück.«
    Sim riss ihr das
Seil weg. »Lass die Finger von meinem Eigentum, dann passiert dir auch nichts.«
    Demonstrativ legte
Madge Gwenda die Hand auf die Schulter.
    Sim versetzte Madge
einen derben Stoß, und sie taumelte zurück. Ein protestierendes Raunen ging
durch die Menge.
    Ein Zuschauer
sagte: »Das hättest du sicher nicht getan, wenn du ihren Mann schon mal gesehen
hättest.«
    Hier und da wurde
gelacht. Gwenda erinnerte sich an Madges Ehemann, Mark, einen sanften Riesen.
Wenn er doch nur auftauchen würde!
    Aber es war John
Constable, der herangestapft kam. Seine gut ausgebildete Nase für Ärger führte
ihn zu jeder Menschenmenge, kaum dass sie sich gebildet hatte. »Hier wird
niemand gestoßen«, sagte er. »Machst du Schwierigkeiten, Hausierer?«
    Gwenda schöpfte
wieder Hoffnung. Hausierer hatten einen schlechten Ruf, und der Büttel ging
davon aus, dass Sim der Grund für den Ärger war.
    Sim drehte sich
unterwürfig um. Offenbar konnte er die Art seines Auftretens schneller wechseln
als andere den Hut. »Ich bitte um Verzeihung, Meister Büttel«, sagte er. »Aber
wenn ein Mann den ausgehandelten Preis für seinen Einkauf bezahlt hat, muss man
ihm gestatten, Kingsbridge mit unversehrter Ware zu verlassen.«
    »Natürlich«, musste
John ihm zustimmen. Eine Marktstadt lebte von ihrem Ruf als fairer
Handelsplatz. »Aber was hast du gekauft?«
    »Dieses Mädchen.«
    »Oh.« John schaute
nachdenklich drein. »Und wer hat sie verkauft?« »Ich«, meldete Joby sich. »Ich
bin ihr Vater.« Sim fuhr fort: »Und diese Frau mit dem großen Kinn hat gedroht,
mich davon abzuhalten, das Mädchen wegzubringen.« »Ja, das habe ich«, bestätigte
Madge. »Ich habe noch nie davon gehört, dass auf dem Markt von Kingsbridge eine
Frau verkauft worden sei. Das gilt für jedermann hier.« Joby sagte: »Ein Mann
kann mit seinem eigenen Kind tun und lassen, was er will.« Er ließ den Blick
über die Menge schweifen. »Widerspricht dem hier jemand?« Gwenda wusste, dass
dem niemand widersprechen würde. Einige Leute behandelten ihre Kinder mit
Freundlichkeit, andere mit Härte, doch alle stimmten sie darin überein, dass
ein Vater die absolute Macht über ein Kind haben musste. Wütend platzte Gwenda
heraus: »Ihr würdet nicht so taub und stumm hier stehen, wenn ihr einen Vater
wie ihn hättet.
    Wie viele von euch
sind von ihren Eltern verkauft worden? Wie viele von euch sind zum Stehlen
gezwungen worden, als ihr noch Kinder wart und eure Hände noch klein genug, um
unbemerkt in eine Börse zu greifen?« Joby sah allmählich besorgt aus. »Sie
spricht im Wahn, Meister Büttel«, sagte er. »Kein Kind von mir hat je gestohlen.«
»Ist ja schon gut!«, sagte John. »Hört mir

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