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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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Travestien, den getrockneten Regenwürmern gleich, die man an sonnigen Tagen nach dem Regen auf den Gehsteigen findet. Entsetzt wollte er die Figur zerdrücken, als sie die Augen öffnete und ihm ein breites Lächeln schenkte. »Ah, Doyle!« krächzte sie in einem lauten, rauhen Flüsterton. »Sie und ich haben eine Menge zu besprechen!« Doyle schrie entsetzt auf und krabbelte fort von dem vergnügten Ding - unter Schwierigkeiten, denn der Boden hatte wieder angefangen, sich emporzuheben und einzusinken. Von irgendwo vernahm er langsame Trommelschläge, die seine Zähne aufeinanderschlagen ließen, und als riesige Säuretropfen sich an den Wänden bildeten, die Oberflächenspannung durchbrachen und herabrannen, begriff er zu spät, daß das ganze Haus ein lebender Organismus und im Begriff war, ihn zu verdauen.

    Am Boden liegend, erwachte er, zutiefst erschöpft und deprimiert, und starrte ohne Interesse auf die Tropfen getrockneten Blutes, die vor seinen Augen verspritzt waren. Seine Zunge schmerzte wie ein gespaltener Zahn, aber er hatte nicht den Eindruck, daß es etwas Akutes sei, das dringender Behandlung bedürfe. Er wußte, daß er die Vergiftung und die Halluzinationen überlebt hatte, und daß er eines Tages froh darüber sein werde.
    Sein Gesicht juckte, und er hob die Hand, sich zu kratzen, dann hielt er inne. Obgleich die Halluzinationen vergangen waren, war die Hand noch immer mit goldenem Fell bedeckt.
    Augenblicklich stellte sich die Erklärung ein, die Erklärung all dessen, die im Hintergrund seines Bewußtseins gewartet hatte, und er wußte, daß sie zutraf. Es verstärkte seine Depression, denn es bedeutete mehr Arbeit für ihn, wenn er die Energie aufbrächte, aufzustehen und sich mit dem Leben auseinanderzusetzen. Um einer Bestätigung willen, die im Grunde überflüssig war, befühlte er sein Gesicht. Ja, wie er vermutet hatte, war auch sein Gesicht mit Fell bedeckt. Das hatte noch gefehlt, dachte er verdrießlich.
    Offensichtlich steckte er in dem letzten und jüngsten der von Hundgesicht-Joe abgelegten Körper; und Joe war in Doyles Körper weiß Gott wo.
    Und wessen Körper, fragte er sich, war dieser, in dem er steckte? Nun, natürlich Steerforth Benners. Benner hatte erwähnt, daß er eine Woche zuvor mit dem alten Joe gegessen hatte, und bei der Gelegenheit mußte Hundsgesicht-Joe ihm die Mischung alchimistischer Kräuter beigebracht haben, welche die Scharniere von der menschlichen Seele schraubt, um dann am Samstag den Austausch zu vollziehen.
    Also, folgerte Doyle, war es Hundsgesicht-Joe in Benners erbeutetem Körper, dem ich am Samstag bei Jonathen begegnete. Kein Wunder, daß er nicht wie er selbst gewirkt hatte. Und natürlich erklärte es auch, warum er so begierig gewesen war, daß ich dort etwas trinken oder essen sollte - damit er mir eine Dosis des Stoffes verabreichen konnte, der den Austausch möglich machte; und als ich nichts wollte, mußte er mich zur Suche nach einem zweifellos erfundenen Verfolger hinausschicken, damit er eine Tasse Tee bestellen, seine widerwärtigen Kräuter hineintun und mich dazu bringen könnte, davon zu trinken.
    Trotz seiner Apathie schauderte Doyle, als ihm bewußt wurde, daß der rote Affe, der am selben Tag vor seinen Augen erschossen worden war, kein anderer als Benner selbst gewesen war, das arme Schwein, nachdem er sozusagen mit dem Schuhlöffel achtlos in Hundsgesicht-Joes letzten Körper gezwängt worden war.
    Und nun, dachte Doyle, hat er meinen Körper und kann nach Belieben zu Darrow gehen und die Abmachung treffen, ohne Benner oder mich irgendwie zu beteiligen.
    Doyle setzte sich auf und stieß ein lautes Ächzen aus. Mund, Nase und Kehle waren verkrustet und schmecken rostig nach getrocknetem Blut, und er entsann sich mit einer stumpfsinnigen Art von Heiterkeit, daß Joe der Affenmensch seine eigene Zunge zerbissen haben mußte, bevor er den Körper aufgegeben hatte - um sicherzugehen, daß der neue Untermieter in der kurzen Zeit, die ihm verblieb, bis das Gift ihn erledigte, nicht in der Lage sein würde, irgend etwas zu sagen, das den Leuten zu denken geben könnte.
    Er stand auf - ein wenig schwindlig wegen seiner neuen, vermehrten Körperhöhe - und blickte umher. Er war nicht überrascht, eine Schere, einen Rasierpinsel, ein Rasiermesser und ein Stück grauer Seife auf einem Regal beim Bett zu finden - Hundsgesicht-Joe kaufte wahrscheinlich jede Woche neues Rasierzeug. Auf dem Regal lag auch ein Spiegel mit dem Gesicht nach

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