Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
sich hörte.
»Sieh an, sieh an«, bemerkte diese eindeutig männliche Stimme. »Wässerst du deinen Garten?«
Der Magus wirbelte herum. Das Entsetzen, das sich zweifellos auf seiner Miene abzeichnete, schien von Denaos’ breitem, strahlendem Grinsen reflektiert zu werden. Dieser verschränkte die Arme über seiner nackten Brust und legte den Kopf auf die Seite, während er den Jüngling musterte. Die Falten auf seinem Gesicht verliehen seiner Miene plötzlich einen ganz entschieden sadistischen Anstrich.
»Ich weiß nicht genau, wie viel du von Botanik verstehst«, der Assassine unterdrückte ein Lachen, »aber bei dem Dünger, den du benutzt, wirst du schwerlich Narzissen ziehen können.«
»Wie lange hast du schon da gestanden?« Draedaeleon war sich des erschreckten Kieksers in seiner Stimme schmerzhaft bewusst.
»Du scheinst dich wohl nie zu freuen, mich zu sehen.«
»Wahrscheinlich, weil du urinierende Menschen aus Gründen beobachtest, die ich mir nicht einmal vorstellen könnte, selbst wenn ich die Willenskraft aufbrächte, es zu versuchen.«
»Der Hauptgrund ist Einschüchterung.« Der Assassine zuckte gleichgültig mit den Schultern.
»Ich kann dir nicht folgen.«
»Nun verstehst du, ein Kerl, der sich unbemerkt an dich heranschleichen kann und dir ein Stück Eisen in die Nieren
rammt, wenn du nicht hinsiehst, ist einfach nur unangenehm. Aber ein Kerl, der dazu in der Lage ist, während du gerade dabei bist, deinen funkelnden Wein zu vergießen?« Sein Grinsen nahm eine besonders unerfreuliche Qualität an. »Das ist ein Mann, vor dem man Angst haben sollte.«
»Ich nehme an, ich hätte mich klarer ausdrücken sollen«, murmelte Draedaeleon und wedelte schwach mit der Hand. »Ich will dir nicht folgen. Geh weg.«
»Ich wüsste nicht warum«, antwortete Denaos. »Du kriegst es bis jetzt doch ganz gut hin.«
»Hältst du mich für den Typ, der nicht pinkeln kann, wenn ihm jemand zusieht?«, grollte der Jüngling.
»Eigentlich nicht.« Der Assassine lachte leise. »Das wäre auch wirklich pervers, hm?« Er räusperte sich. »Wo wir gerade dabei sind, würde es dir was ausmachen, es mir zu verraten?«
»Dir was zu verraten?«
»Warum du, genauer gefragt, überall hinpinkelst, wo es dir gerade passt? Auch wenn man zwischen halbnackten Reptilien lebt, ist das noch lange kein Grund, jeglichen Anstand in den Wind zu schlagen.«
»Es steht dir nicht zu, so etwas zu fragen.«
»Das ist sehr wohl eine berechtigte Frage«, konterte Denaos. »Denn ehrlich gesagt, falls du Gefahr läufst, demnächst in irgendeinem magischen Feuerball zu explodieren, steht es mir sehr wohl zu, das vorher zu erfahren.«
»Du glaubst also, es wäre Magie?« Der Jüngling warf ihm einen höhnischen Blick zu.
»Versteh mich nicht falsch, es gibt viele sonderbare Dinge an dir, die nicht das Geringste mit Magie zu tun haben, aber das da ...«, er deutete auf die uringetränkte Erde. »Das scheint mir doch mehr aus dem Reich der ›Dinge, die ganz schrecklich schiefgehen könnten‹ zu stammen.«
»Es ist nur ein kleiner Kontrollverlust«, erwiderte Draedaeleon so gelassen wie möglich. »Magie braucht Brennstoff. Ich bin dieser Brennstoff. Aber leider kann ich nicht entscheiden, welche Muskeln sie verzehrt.«
»Jedenfalls scheint mir das da kein Muskel zu sein, mit dem du herumspielen solltest«, erwiderte Denaos. »Was hat es hervorgerufen? Zu viel Hokuspokus?«
»Ja klar, ganz genau. All diese wundersamen Gedanken und die ungeheure Macht, die mit meiner Gabe einhergehen, und du reduzierst sie auf ›zu viel Hokuspokus‹!«, schnarrte der Jüngling. »Vor dir liegt eine vielversprechende Zukunft als Archivar für Trunkenbolde und jene schlichten Gemüts.« Er betrachtete verächtlich die verschlafenen Augen des Assassinen und roch jetzt auch seinen stinkenden Atem. »Hauptsächlich wohl der Trunkenbolde.«
»Es ist keineswegs nötig, deshalb gleich zickig zu werden«, antwortete der Assassine. »Aber wirklich, ich bin ein bisschen neugierig.«
»Und mir ist ein bisschen unbehaglich bei dem Gedanken, wohin dieses Gespräch führt.«
»Still jetzt, ich bin gerade dabei, einen unfehlbaren Gedanken zu äußern.« Der Assassine lehnte sich mit gelehrter Attitüde zurück und tippte sich nachdenklich ans Kinn. »Warum in Silfs Namen oder im Namen irgendeines Gottes, an den du nicht glaubst, leidest du noch an durch Magie ausgelösten Beschwerden, wenn es weder die Notwendigkeit noch einen Grund für die Anwendung von
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