Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
von Leere. Kojen und Pritschen säumten den Rumpf. Vermutlich schliefen dort die Niederlinge, wenn sie nicht kämpften, zerschmetterten, töteten, gezackte Klingen in Kehlen stießen, aus denen ihr Name in bluterstickten Schreien drang ...
Hör auf damit!, befahl sie sich.
Hör auf damit!, stimmte ihr das Heulen zu.
Sie hörte auf. Hier war das Heulen mächtiger, sprach mit größerer Klarheit zu ihr, größerer Dringlichkeit. Es brauchte nur einmal etwas zu sagen, und sie wusste sofort, dass es die Wahrheit war. Sie spürte, wie ihre Blicke in die Dunkelheit am Ende der Kabine gezogen wurden, in diese große Leere, welche das Licht der Glühlampen fraß, die von den Sparren herunterbaumelten. Sie sah den Schatten der eisernen Stangen eines Käfigs, und auch wenn sie nicht sehen konnte, was sich darin befand, hörte sie etwas; sie konnte etwas fühlen.
Einen Herzschlag. Einen Gedanken. Ein Wissen, das auch das ihre war.
Ein Shict.
Sie machte noch einen Schritt, als sie die einsame Niederling bemerkte, die ihr im Weg stand, und kurz danach sah
sie auch die gezackte Klinge, die auf sie zuwirbelte. Sie warf sich auf das Deck und hörte das frustrierte Zischen des Messers, als seine scharfen Zähne nur ein paar Haare von ihrem Kopf abtrennten.
»In wie vielen Farben gibt es euch Dinger eigentlich?«, knurrte das Langgesicht.
Katarias Antwort bestand in einem Knurren.
Sie hatte in nur einem Herzschlag den Pfeil eingenockt, die Sehne gespannt, so weit es ging, und gefeuert. Doch dieser eine Herzschlag genügte dem Langgesicht, ihren Schild hochzureißen und den Pfeil abzulenken.
Blödes Miststück ... dachte Kataria gereizt und betrachtete ihre Waffe finster. Wer zum Teufel nennt denn so einen Stock einen Bogen?
Ganz offenbar war die Niederling ihrer Meinung, wenn man dem breiten Grinsen Glauben schenken konnte, mit dem sie ihr Schwert hob. Trotzdem griff sie nicht an, sondern hielt abwehrend den Schild hoch, während sie beobachtete, wie Kataria ihren letzten Pfeil einnockte. Dieser Mangel an Bereitschaft, sich ein Stück Eisen in die Stirn rammen zu lassen, war vermutlich der Grund, warum die hier unter Deck geblieben war, sagte sich die Shict.
Aber trotzdem erwies sich dieses frustrierende Zögern als nützlich, denn als Kataria diesmal zielte und feuerte, fegte ihr Pfeil an dem Schild des Langgesichts vorbei und traf auf die unnachgiebige, stählerne Brustplatte darunter. Da wurde dann klar, dass der schwarze Bogen seine Ungenauigkeit mit Durchschlagskraft ausglich. Das Langgesicht wurde einen Schritt zurückgetrieben, was jedoch nur eine unbedeutende Unbequemlichkeit war, bevor sie sich bereitmachte, die jetzt wehrlose Shict anzugreifen.
Doch Kataria lächelte nach wie vor. Denn dieser eine Schritt zurück war alles, was sie gebraucht hatte.
Die grünen Finger, die zwischen den Gitterstäben des Käfigs auftauchten, würden den Rest erledigen.
Der Schrei des Langgesichts war kurz, als sich die langen
Finger, die an noch längeren Händen und noch einmal längeren Armen hingen, wie fünf winzige Pythons um ihre Kehle wickelten. Sie zitterten kaum, als sie sich verschränkten und die Niederling an die Gitterstäbe zogen. Ihre kalte Gleichgültigkeit ließ darauf schließen, dass dies nur eine weitere Kehle war, die stranguliert wurde, eine von vielen. Kalte Hände. Killerhände.
Shict-Hände.
Kataria zwang sich zuzusehen, während der Kopf der Niederling zwischen die Stäbe gezogen wurde und ihre Schreie verstummten, als sie mit dem Kopf voran in diesen erbarmungslosen, eisernen schwarzen Schlund gezerrt wurde. Nichts konnte die Geräusche von stöhnenden und brechenden Knochen zum Schweigen bringen, als das Langgesicht Zentimeter um Zentimeter zwischen die Gitter gezerrt wurde. Denn sie waren zu schmal, um ihren dicken Schädel durchzulassen.
Das, erinnerte sie sich, machen Shict. Shict taten, was sie tun mussten. Die Welt, überquellend von rosa und purpurnen Seuchen, ließ ihnen eben keine Wahl.
Das lange purpurne Gesicht verschwand in dem Nichts des Käfigs. Der Körper zuckte einen Moment noch geräuschlos, bevor ihre Beine erschlafften und sich ihr Rücken in einem unmöglichen Winkel bog, als sie regungslos dalag. Der dicke Hals war zwischen den Stäben eingeklemmt und hielt sie in einer aufrechten, künstlichen Erstarrung.
Kalte Killerfinger glitten zwischen den Stäben hindurch und griffen gelassen in einen Beutel am Gürtel des Langgesichts. Nach kurzer, geschickter Suche förderten zwei
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