Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
Vom Netzwerk:
gekostet hatte. Die größte Zusammenarbeit zwischen den zwölf Stämmen wäre ruiniert gewesen.
    Und die menschliche Seuche würde in ihrem wimmelnden, gefräßigen und gierigen Glanz weiterwachsen, wie ein Geschwür.
    Damit all dies geschah, hätten sie jedoch nach oben blicken müssen.
    Naxiaw empfand fast so etwas wie Kränkung darüber, wie einfach sich sein Plan verwirklichen ließ. Er hatte mehr als einmal gewagt, sich in die Stadt zu schleichen, hatte ein wenig Gift in ein Getränk gemischt oder jemanden unauffällig von Weitem mit einem haarfeinen Pfeil durchbohrt. Er hatte inzwischen zehn Seuchen kuriert. Das Gift wirkte schnell, eine kurze Krankheit, ein rascher Tod. Das war nicht das Problem.
    Was ihn ärgerte, war, dass es die Menschen nicht zu kümmern schien.
    Niemand schlug Alarm, keiner rief zu den Waffen, die Menschen leisteten keine Racheschwüre, als ihre Gefährten husteten, weinten und tot umfielen. Sie warfen die Leichen einfach in den Ozean und machten weiter, ohne Trauer oder Hass, ohne zu fragen, warum.
    Er hatte gehofft, dies mit ihnen teilen zu können: die Wut, den Zorn, den Schmerz. Er hatte gehofft, diese Geschenke der Qual zurückgeben zu können, die Geschenke, die er hatte entgegennehmen müssen, als die Rundohr-Plage sein Land heimgesucht hatte. Aber die Menschen akzeptierten das Geschenk nicht. Sie weigerten sich zu trauern. Sie wiesen Trauer zurück, wiesen Schmerz zurück. Sie wiesen ihn zurück.
    Viele Rote Ernten würde ebenso eine Lektion sein wie Rache. Es würde die Klage zweier Völker sein, für immer im Tod verbunden.
    Doch das würde Zeit kosten. Es würde Geduld erfordern. Einstweilen saß er einfach auf einer Klippe und skizzierte das Ende einer Rasse, ebenso heiter, wie er einen Sonnenuntergang malen würde.
    Die s’ na shict s’ha hatten Zeit. Die s’ na shict s’ha hatten Geduld.
    Die s’ na shict s’ha wussten, wie sie eine Racheszene skizzieren mussten.
    Unwillkürlich spitzten sich plötzlich seine Ohren, als sie lange vor ihm die Gefahr registrierten. Schritte. Die Einzelheiten wurden mit jeder Haaresbreite deutlicher, die sich seine Ohren aufrichteten. Vier flache, schwere Füße in Metall gekleidet, mit schweren Waffen und Häuten aus Eisen, die ihr Nahen laut und unbeholfen machten.
    Menschen. Sorglose Nahrungssucher oder wachsam nach einer Bedrohung Suchende. Es spielte keine Rolle.
    Sein Blick glitt wieder zu dem dicken Fürsprech, dem Stock, der an seiner Seite ruhte; er betrachtete das verschlungene,
makabere Muster, das in sein poliertes und festes Holz gebrannt war.
    Zwei weitere Vermisste, sagte er sich. Und niemanden kümmert es. Dann gibt es nur noch fünfhundertsiebenundvierzig Seuchen zu heilen. Dennoch ... er faltete die Haut zu einem dünnen, festen Quadrat zusammen. Er gähnte, schob es in seinen Mund und schluckte es herunter. Es ist nicht nötig, leichtsinnig zu sein, sagte er sich.
    Die Schritte verstummten; er kniff die Augen zusammen. Sie hatten sein Lager gefunden.
    »Jemand anders ist schon hier gewesen«, knurrte jemand.
    Er hob eine haarlose Braue beim Klang der Stimme. Sie war scharf, hatte einen knirschenden, unbestimmbaren Akzent, wie zwei rostige Metallstücke, die aufeinanderrieben. Dass er sie nicht kannte, bekümmerte ihn nicht; die Seuche trat in allen Formen, Größen und Stimmen auf. Was ihm jedoch zu denken gab, war das eindeutig – wenn auch harsche  – Weibliche dieser Stimme.
    Jetzt kämpfen auch ihre Frauen? Er hatte das bislang immer für eine ausschließlich shictische Praxis gehalten. Sie entwickeln sich  ...
    »Saharkk Sheraptus hat andere vorausgeschickt?«, fragte die andere knurrend. »Das hätte er uns sagen können und uns damit die Mühe ...«
    Es knallte, als Metall auf Fleisch traf, doch statt eines Schreis ertönte nur ein tiefes Grollen.
    »Du hast seine Beweggründe nicht infrage zu stellen!«, fauchte die erste Frau. »Und wir nennen ihn Meister. Erneut ertönte das Geräusch von Schritten. »Wir werden herausfinden, wer hier uneingeladen herumtrampelt.«
    Ja, dachte Naxiaw, als er sich erhob. Der Stab lag schwer und gierig in seiner Hand. Das werden wir.
    Er musste nicht lange warten, bis die Schritte und die Stimmen wie Donner in seinen Ohren klangen. Sie waren jetzt hinter ihm; er konnte sie atmen hören.
    »Ha!« Das war die Erste; er erkannte ihre Stimme, die
etwas schärfer klang als die der anderen. »Sieh dir das an. Jetzt gibt es sie auch schon in Grün.«
    »Ein grünes Röschen«,

Weitere Kostenlose Bücher