Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
Sinn es macht, dass die Shen hier herumlaufen.«
»Ich weiß es nicht!«, fuhr sie ihn an. »Vielleicht sollen sie nur dafür sorgen, dass du aufhörst, Fragen zu stellen.«
»Oh.«
»Indem sie dich erschießen.«
»Klar.«
»Mit einem Kopfschuss.«
»Sicher«, sagte er. »Ich hab’s kapiert.«
Er sprach laut und sehr klar und versuchte, die anderen Stimmen zu übertönen.
»Sie will uns töten? UNS ?«
»Sie sollen leiden. Sie sollen sterben.«
»Die Götter werden es verstehen. Wir hatten keine Wahl.«
Es funktionierte nicht.
Er öffnete den Mund, um etwas lauter zu sprechen, doch sie hob eine Hand und brachte ihn zum Schweigen. Sie seufzte schwer und senkte den Kopf.
»Entschuldige«, sagte sie. »Es war ein bisschen unglücklich formuliert.«
»Wie … wie sollte es denn dann formuliert sein?«
»Weniger … stichelnd.« Sie wedelte mit der Hand und drehte sich wieder zu ihm herum. »Hör zu, sprich mich einfach eine Weile nicht an. Ich muss etwas herausfinden.«
»Was musst du herausfinden?«
»Wie sie überhaupt bis hierher gekommen sind …«
Sie betonte das Wort nicht, blinzelte nicht einmal, als sie es aussprach. Trotzdem schien das Blut in seinen Adern zu gefrieren, während er sie eindringlich anstarrte und schließlich die Frage stellte.
»Wer sind ›sie‹?«
Sie hörte nicht zu. Jedenfalls nicht ihm. Ihre Ohren zuckten nicht, sondern wandten sich langsam von einer Seite zur anderen, ebenso wie ihre Blicke, dann verharrten sie. Was sie hörte, wollte sie ihm jedoch nicht sagen.
Das besorgte jemand anders.
»Sie wird uns töten. Sie wird es versuchen.«
»Sie fürchtet uns. Sie sollte uns fürchten. Sie wird uns fürchten.«
»Sorg dafür, dass sie aufhören … Bring sie dazu aufzuhören …«
Er widerstand dem Drang, den Kopf zu schütteln, während er sich von Kataria entfernte und zu seiner Erleichterung feststellte, dass die Stimmen schwächer wurden, je weiter er ging.
»Sie wartet …«
Die meisten jedenfalls.
»Sie wird bald zuschlagen«, sagte die Stimme, seine Stimme, die mit kalter Klarheit sprach. »Sie spielt nur auf Zeit. Sie wird dich niederstrecken. Ebenso wie er das tun würde.«
»Wer?«
Lenk war so in seine Gedanken vertieft gewesen, dass er Gariath erst bemerkte, als er gegen den breiten Rücken des geflügelten Drachenmannes prallte. Der junge Mann taumelte zurück und fuhr seinen Gefährten wütend an.
»Was zur Hölle stehst du denn ausgerechnet hier herum?«, fauchte er gereizt.
»Ich stehe einfach nur regungslos auf der Stelle und warte geduldig, bis irgendein nutzloser Idiot gegen mich rennt, damit ich hören kann, wie ebendieser Idiot irgendetwas Idiotisches sagt«, erwiderte Gariath, ohne sich zu Lenk umzudrehen. »Möglicherweise ruhe ich mich allerdings einfach auch nur etwas aus, nachdem ich meinen Tag in der Speiseröhre einer Seeschlange verbracht habe.«
»Oder aber«, gab Lenk wütend zurück, »du stellst dich mir absichtlich in den Weg, damit du mir Sprüche an den Kopf werfen kannst, die du für geistreich hältst.«
Gariath warf ihm einen vollkommen desinteressierten Blick über die Schulter zu. »Du bist heute wohl nicht nur dumm, sondern auch empfindlich, hm?«
»Warum auch nicht?«, erwiderte Lenk. »Ich bin umgeben von …«
»Betrügern.«
»Mördern.«
»Blut. Überall.«
»Korallen«, nuschelte er.
»Vielleicht«, erwiderte Gariath nachdenklich. Er hob eine Hand, auf der sich eine frische Schnittwunde befand. »Ich habe vorhin versucht, eine abzubrechen. Sie sind scharf und so hart wie Zähne. Falls das wirklich Korallen sind, gehören sie jedenfalls nicht zu der Art von Korallen, die wir kennen.«
»Und es gibt keinen Ausweg. Das bereitet mir Kopfzerbrechen. Außerdem benimmt Kataria sich merkwürdig.«
»Das tust du auch«, knurrte Gariath. »Und ihr habt euch auch schon gestern merkwürdig benommen. Wieso sollte das heute anders sein?«
»Ich benehme mich nicht merkwürdig.«
»Du schaffst es nicht einmal vierzig Atemzüge lang, dich nicht merkwürdig zu benehmen.«
»Du bist nicht sonderlich hilfreich. Ich bin ein bisschen …« Lenk zögerte, den Satz zu beenden.
»Wir hassen sie.«
»Fürchtet uns.«
»Ich wollte das nie.«
»… müde, das ist alles«, meinte Lenk schließlich. »Alle sind gereizt. Und es hilft uns nicht weiter, wenn Kataria einfach nur über die Korallen hinwegblickt und auf etwas lauscht, das niemand sonst hören kann.«
»Leute, die mit etwas reden, das niemand anders sehen kann,
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