Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
versteinerter Korallen. Muränen schlüpften in dunkle Löcher oder lugten daraus hervor.
Über das Tal spannte sich ein wasserloser Ozean.
Lenk stand an seinem Rand und beobachtete das alles atemlos.
Aber nicht mit Ehrfurcht. Der Himmel war eine wogende Decke aus Blautönen, die viel zu dunkel waren, um Himmel sein zu können, und die Grautöne, die sich darüber türmten, waren zu dick, um Wolken zu sein. Die Luft war wie Blei und presste ihm die Lunge zusammen, als er einatmete.
Allein diese Tatsache, aber auch der Anblick, der sich ihm bot, ließen ihn darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoller wäre, sich umzudrehen, zu verschwinden und so zu tun, als wäre das alles niemals passiert.
»Was in Riffids Namen …?«, flüsterte jemand hinter ihm.
Er drehte sich um und sah, wie Kataria den Kelp zur Seite schob und aus dem Wald trat. Gariath war dicht hinter ihr. Beide betrachteten das Meer aus Fischen und Himmel vor sich, während sie sich neben Lenk an den Rand des Tals stellten.
Sie sagte irgendetwas. Wahrscheinlich fluchte sie. Aber es kümmerte ihn nicht. Er konnte nichts hören.
Sein Blick richtete sich wieder auf das Tal, auf die endlos wogenden Fluten von schimmernden Schuppen. Er konnte den Sandboden durch die Korallen nicht wahrnehmen. Sie waren prachtvoller und zahlreicher als zuvor. Kleine Lücken von freiem Sand wanden sich durch die strahlend bunten, spitzen Fächer und Dornen der Korallen, wie Maden durch einen Leichnam. Ihre labyrinthischen Kurven ließen erahnen, dass es durchaus möglich war, hier einigermaßen unbeschadet durchzukommen.
Sein Blick ging weiter, über die Korallen hinweg, wurde von dem Wald angezogen, von einer bösen Vorahnung.
Sie war schwach. Und sie war weit weg. Sie befand sich in der Mitte des Riffs. Vielleicht existierte sie nicht einmal wirklich. Aber als er den Wald anstarrte, konnte er das Gefühl von Intimität nicht abschütteln, das diese Empfindung begleitete, als würde etwas sehr weit Entferntes ihn ebenfalls anstarren.
Und es sprach mit erschreckend deutlicher Klarheit.
»Sie wird dich töten.«
Er schüttelte den Kopf und registrierte plötzlich, dass er ganz allein auf dem Vorsprung stand. Verblüfft sah er, wie seine beiden Gefährten bereits auf den Weg zugingen, der zu dem Riff führte.
»He!«
Kataria blieb mit einem beleidigend dramatischen Seufzer stehen und warf einen Blick über ihre Schulter. »Kommst du jetzt mit oder nicht?«
»Entschuldige, ich war gerade ein wenig abgelenkt«, antwortete Lenk und deutete auf das Riff. »Von diesem gigantischen, unsichtbaren Meer von fliegenden Fischen, das eigentlich gar nicht existieren sollte, und dergleichen. Habt ihr so etwas schon einmal gesehen, oder …?«
»Es war schon sehr beeindruckend, aber jetzt habe ich es ja gesehen«, gab Kataria zurück. »Ich habe außerdem riesige Seeschlangen, Echsenmänner von unterschiedlicher Größe und gewaltige schwarze Monstrositäten mit Fischköpfen gesehen, Möwen, die wie alte Frauen aussahen … Ich könnte die Reihe endlos fortsetzen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Zugegeben, das hier ist seltsam, aber wir haben schon Seltsameres gesehen und auch getan.«
»Ich zum Beispiel wurde von einer gigantischen Seeschlange verschlungen«, erklärte Gariath, hilfsbereit wie immer.
»Gariath wurde zum Beispiel von einer gigantischen Seeschlange gefressen.« Kataria nickte und deutete auf den Drachenmann. »Wie du siehst, ist er nicht im Geringsten irritiert.« Sie schulterte ihren Bogen und sah sich einmal misstrauisch um, bevor sie sich in Richtung auf das Riff in Bewegung setzte. »Und jetzt komm weiter. Es ist gefährlich, hier draußen einfach so herumzustehen.«
Lenk folgte ihr zögernd.
Nicht weil er vor dem Riff Angst gehabt hätte oder etwa vor ihr. Er hatte Angst davor, dass es wiederkam, sobald er seinen Fuß auf den Sand setzte. Es flüsterte, während der Sand unter seinem Fuß knirschte.
»Sie sagt die Wahrheit«, meldete sich die Stimme prompt. »Sie treibt dich in den Tod. Sie wird dich töten. Sie würde dich sterbend zurücklassen.«
Lenk zwang sich, leise zu antworten, leiser noch, als zu flüstern. »Also was jetzt?«
»Du wirst sterben«, flüsterte die Stimme. »Sie wird die Ursache sein. Das weißt du.«
»Wie hast du das herausgefunden?« Er starrte auf den Boden, während er sich vorsichtig durch die Korallen bewegte.
»Weil du es nicht wissen willst.«
»Das musst du mir erklären.«
»Du weißt nicht, warum sie
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