Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
Steinkante umarmte den Rand der Dunkelheit wie einen Geliebten, während beide nebeneinander durch das Riff marschierten, um in der Ferne hinter einer Kurve zu verschwinden. Straße und Abgrund erstreckten sich, Hand in Hand, bis ins Unendliche.
Das Riff wuchs hoch und darum herum, überwucherte es, hockte darauf, als wäre die Straße ein peinlicher Fleck, den es durch wilde Farben zu übertünchen hoffte. Was auch verständlich war, denn sie war von den Spuren eines Krieges verunstaltet: Verbrannte Fahnen lagen auf zerfetzten Standarten, Blutflecken färbten die Pflastersteine, auf denen Waffen lagen. Und mehrere von diesen missgebildeten Glocken hingen in einem Chorus stumm da. Einige ragten gefährlich weit über den Rand hinaus.
Und doch, so schwarz und Unheil verkündend sie auch sein mochte, der groteske Anblick der Straße machte den Abgrund daneben nur umso verlockender. Wie tief nach unten es auch hinabgehen mochte, jedenfalls wuchs dort Kelp. Er hatte die Farbe einer Prellung, unmittelbar bevor sie schwarz wurde. Der Kelp schimmerte, glühte fast, während er wogte, und streckte schwankende, blättrige Finger aus dem Abgrund, als versuchte er, sich herauszuziehen, um sich zum Rest des Riffs zu gesellen.
Gegen dieses leuchtende Purpur wirkte die Dunkelheit des Abgrundes noch schwärzer. Und diese Dunkelheit war es, die Lenks Blick anzog. Sie vermittelte ihm ein vertrautes Gefühl, unbehaglich klar und beunruhigend nah.
Als er in die Dunkelheit spähte, erwiderte irgendetwas seinen Blick.
»Sie wird dich töten.«
»Was sagst du da?«, flüsterte er.
»Ich habe nichts gesagt«, antwortete Kataria. »Obwohl ich einiges zu sagen hätte.« Sie deutete auf die Straße. »Wir folgen dieser Straße, so weit wir können. Es sieht so aus, als würde sie ziemlich weit führen.«
Lenk konnte sie kaum hören. Die Stimmen waren zurückgekehrt, klarer, kühner und viel, viel lauter.
»Sie führt uns in den Tod.«
»Sie hat uns verraten. Uns alle.«
»Ich sollte etwas unternehmen. Warum habe ich nichts unternommen?«
»Was tun wir?«, flüsterte er.
»Wir folgen ihr.« Kataria blinzelte. »Es ist eine Straße, oder nicht? Sie muss irgendwohin führen.« Sie schnalzte mit der Zunge. »Und wenn ich auch nur etwas schlau bin …«
Sie hielt inne.
Er blinzelte.
»Stimmt etwas nicht?«, erkundigte er sich schließlich.
»Nein … Ich habe nur irgendwie erwartet, dass mich jemand beleidigen würde, bevor ich diesen Gedanken zu Ende führen konnte. Jedenfalls …« Sie deutete mit einem Finger zum Horizont. »Ich vermute, dass die Straße dorthin führt.«
In der Ferne erhob sich ein Berg wie ein Koloss über dem Riff. Er war von Wolken wie von einem Heiligenschein umgeben. Aber selbst aus dieser Entfernung konnte man sehen, dass er behauen worden war. Kurvige Aquädukte waren zu erkennen, durch die blaue Wasseradern liefen.
»Wenn ich ein Buch voll von seltsamem, mysteriösem Unsinn verstecken müsste, würde ich es dort verstecken«, sagte sie. »Und wenn es nicht dort sein sollte, sind wir dort jedenfalls in einer besseren Position, um es zu suchen, wo auch immer es sein mag.«
»Das alles ergibt keinen Sinn«, flüsterte Lenk. »All diese Bauwerke, und dann gibt es nur Shen und Fische. Wer hat all das gemacht?«
»Es ist nicht richtig. Nichts ist hier richtig.«
»Gefahr. Überall um uns herum ist Gefahr.«
»Eine Falle. Wir sind direkt hineinspaziert.«
»Das ist irgendwie nebensächlich, nicht wahr?« Katarias Stimme verklang, als sie plötzlich die Ohren spitzte, sie langsam kreisen ließ und lauschte.
Er wartete darauf, dass sie ihn wieder ansah. Aber das tat sie nicht.
»Was ist los?«, erkundigte er sich.
»Verräter. Überall.«
»Wir wollen, dass sie sterben. Sie alle müssen sterben.«
»Sie werden dich töten. Du wirst sterben.«
»Nichts.« Ihre Ohren richteten sich nach vorn, und sie setzte sich in Bewegung, ging die Straße entlang. »Bleib hier.«
»Wenn es nichts ist, warum soll ich dann nicht mitkommen?«
»Gariath könnte zurückkommen. Bleib einfach hier.«
»Gariath braucht mich nicht. Ich muss nicht auf ihn warten.«
»Es könnte ein Hinterhalt der Shen sein.«
»Wir haben die Shen schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen.«
»Vielleicht ist es ein fleischfressender Fisch oder so etwas.«
»Was?«
»Der Punkt ist, dass ich es nicht weiß!« Sie knurrte, sie fletschte die Zähne, sie legte die Ohren an. Und trotzdem sah sie ihn nicht an. »Bleib einfach
Weitere Kostenlose Bücher