Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
hier.«
Die Fische waren verschwunden. Der purpurne Kelp wogte weiter. Schweigen legte sich über das Riff, als sie davontrottete.
Deshalb konnte sie nicht tun, als hätte sie nichts gehört, als Lenk schrie.
» NEIN !«
Seine Stimme hallte über den Himmel, über das Meer, über die Schatten. Sie fiel in den Abgrund und stieg wieder empor, auf Stimmen, von denen nur eine seine eigene war. Kataria schien es nicht zu bemerken, als sie sich zu ihm herumdrehte.
Weil Lenk sein Schwert gezückt hatte und damit auf ihre Brust zielte.
»Das reicht jetzt«, sagte er. Er klang hart wie sein Stahl. »Du lässt mich nicht mehr zurück. Und ich habe genug davon, dass du ständig lauschst.«
Sie wich seinem Blick nicht aus. Und sie ließ auch die Ohren nicht sinken. Ebenso wenig senkte sie den Bogen.
»Lass es mich erklären«, sagte sie leise, als würde sie zu einem Tier sprechen, vor dem sie nicht fliehen wollte.
»Lügen.«
»Argumente.«
»Ausflüchte.«
»Nein! Nichts davon!«, schrie er. »Keine Lügen mehr. Kein Schweigen.« Sein Schwert zitterte in seiner Hand. »Ich … ich muss es wissen, Kat.«
»Verräter.«
»Wir wurden belogen.«
»Schmerz. Blut.«
Kataria ließ langsam die Hände an den Seiten heruntersinken. Und sie sah immer noch nicht weg.
»Nein«, sagte sie. Jedes Bemühen, ihn zu beruhigen, war aus ihrer Stimme verschwunden. »Das musst du nicht.«
»Sag das nicht. Es hat gesagt, du würdest genau das sagen, also sag das nicht.« Seine Augen zitterten geradezu in seinem Schädel. »Du musst es mir sagen. Warum du mich im Stich gelassen hast. Warum du willst, dass ich sterbe.«
»Das will ich nicht«, erwiderte Kataria ruhig.
Ihre Worte klangen nicht sonderlich überzeugend. Und sie sah ihn auch nicht finster an wegen dieser Anschuldigung. Er entschuldigte sich nicht dafür, dass er sie vorgebracht hatte. Ihr ganzer Körper schien sich gleichzeitig zu beugen, als würde ein so schweres Gewicht auf ihr lasten, dass sie darunter zu zerbrechen drohte.
»Aber«, fuhr sie leise fort, »ich habe es einmal gewollt.«
» VERRÄTER !«
» STIRB !«
» BLUTE !«
»Warum?«
Lenk konnte seine eigenen Worte nicht hören. Die Stimmen in seinem Kopf heulten, brüllten, donnerten hallend in ihm. Und über diese ganzen Geräusche hinweg strömte so etwas wie ein Fluss durch seine Gedanken und sprach mit einem ruhigen, eisigen Wispern.
»Ich habe es dir gesagt.«
»Ich weiß es nicht«, flüsterte Kataria.
»Was sagst du?«
» ICH WEISS ES NICHT !«
Ihr Kopf fuhr mit einem Ruck hoch, sie fletschte wütend die Zähne und legte drohend die Ohren an. Aber das war alles nur Täuschung. Die Tränen in ihren Augen verrieten es.
»Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht, ich weiß es einfach nicht«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Weil ich das Heulen nicht mehr hören konnte, weil ich nicht wusste, was mein Vater sagen würde, weil ich mich nicht mehr wie eine Shict gefühlt habe, weil du ein Mensch bist.« Sie zeigte mit einem Finger auf ihn. »Angeblich bist du eine Seuche, Lenk! Angeblich soll es leicht sein, dich zu hassen!«
Ihr Atem stockte. Ihr Körper zitterte. Tränen liefen ihre Wangen hinunter.
»Aber …«
Schweigen hing in der Luft. Lenk wartete, schloss die Stimmen aus, schloss alles aus, als er wartete, darauf wartete, dass sie etwas sagte.
»Aber du hast mich trotzdem im Stich gelassen«, flüsterte er. »Du wolltest immer noch, dass ich starb. Du. Du wolltest mich töten.«
»Ich wollte, dass einer von uns starb.«
»Warum?«
»Was glaubst du wohl, Lenk? Glaubst du, dass die Ohren das Einzige sind, was uns voneinander unterscheidet? Ich bin eine Shict! Du bist ein Mensch. Dich so anzusehen, wie ich dich ansah … über dir zu stehen, wie ich es getan habe, zu … zu tun, was ich getan habe, war einfach abartig. Ich war verseucht! Ich war infiziert! Mein Volk hat nicht einmal Worte für das, was ich fühle.«
»Und«, erwiderte er leise und senkte sein Schwert ein Stück, »was fühlst du?«
Sie antwortete nicht. Nicht mit Worten jedenfalls. Sie sah ihn nur an. Mit tränenverschleierten Augen, voller Gram, schmerzerfüllt, wütend und mit noch etwas anderem in ihrem Blick. Sie sah ihn an.
Er wusste es.
Und er senkte sein Schwert. Ein Stück.
»Und jetzt?«, flüsterte er. »Warum willst du jetzt weggehen? Warum willst du mich erneut im Stich lassen?«
»Weil ich Angst habe.«
»Wovor? Davor?«, knurrte er und deutete auf sich selbst. »Vor mir?«
»Vor dir, ja!«,
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