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Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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Körper. Sie war bewusstlos. Aber sie atmete, sie lebte. Warum, wusste er nicht. Es war ihm auch gleichgültig.
    Er hörte, wie die Niederling sich mit knackenden Knochen aufrichtete und mit den Zähnen knirschte. Er sah, wie sie sich erhob, sah die Beule, die sie in dem Baumstamm hinterlassen hatte, sah die Holzsplitter, die sich in ihr Rückgrat gebohrt hatten.
    In seinem Kopf hörte er Worte in einer Sprache, die er nicht verstehen konnte. Es ging um Logik, Vernunft, den Wunsch, keinen schrecklichen Tod durch purpurne Hände zu sterben, etwas von der Art.
    Worte waren jetzt jedoch nur ein Geräusch, wie auch das, was die Niederling zu ihm sagte, als sie auf ihn zustampfte. Es waren surrende, nervige, wertlose kleine Worte, die er in dem Lärm, den sein eigener Körper machte, nicht hören konnte: Feuer brannte unter seiner Haut, Donner tanzte über seine Finger, Eis formte sich auf seinen Lippen, und das alles wurde unterlegt vom wütenden Pochen seines Herzens.
    Er lebte.
    Asper lebte.
    Gegen beides hatte die Niederling offenbar nachdrückliche Einwände, denn sie griff ihn mit gefletschten Zähnen, geballten Fäusten und einem Schwall von Flüchen an. Als sich ihre Augen zu weiß glühenden Kreisen weiteten, schloss er die seinen. Ihr Brüllen traf ihn mit einer Woge heißen Atems, er jedoch holte tief Luft, sanft, gelassen, kalt, frostig.
    Als er spürte, wie die Erde unter ihren Schritten vibrierte, öffnete er Augen und Mund. Sein Odem strömte in einer weißen Wolke heraus, dämpfte ihr Brüllen und verzehrte ihr Fleisch mit winzigen, eisigen Zähnen und Klingen aus Frost. Sie wurde von der Wolke verschluckt, verschwand in dem frostigen Nebel. Aber er konnte sie immer noch hören. Ihre Stimme erstarb, als ihre Zunge anschwoll, die Haut unter einer Schicht aus Raureif platzte, um sich sofort erneut zu bilden. Ihre Schritte wurden langsamer, immer langsamer, und schließlich blieb sie stehen.
    Als alle Geräusche erstarrt waren, schloss er den Mund. Die Wolke vor ihm zog sich zusammen, wurde zu Nebel, in dem eine erfrorene Niederling gefangen war. Es war eine beeindruckende Zurschaustellung von Macht, die jeden Magus erschöpft hätte, vor allem einen, der so krank war wie er.
    Und doch schwitzt du nicht mal. Der Gedanke kam ihm unverhofft und unerwünscht. Du lebst immer noch. Du bist weder erschöpft, noch gibt es ein Anzeichen des Zerfalls. Da stimmt doch etwas nicht, oder?
    Er versuchte, das Gefühl zu ignorieren, dass irgendetwas an seinem Hinterkopf kratzte. Gedanken waren nicht wichtig. Sein erlöschendes Leben war nicht wichtig. Der gefrorene Körper in der Wolke, die Macht, die er in seine Hand leitete, um den Feind zu zerschmettern: All das war von kaum größerer Bedeutung. Die Tatsache, dass Asper hinter ihm lag, atmend, gerettet …
    Von dir, mein Alter, dachte er, unfähig, seine Gedanken zum Schweigen zu bringen. Du bist der Held. Du bist am Leben. Du hast es hingekriegt. Sie wird aufwachen und sehen, wie du über einem Haufen von zerschmetterten Brocken aus rotem Eis stehst, die einmal eine Person waren. Zuerst wird sie das vielleicht etwas befremdlich finden, gewiss, aber dann wird sie begreifen, was passiert ist, und sie wird die Hand ausstrecken und … und …
    Sie wird doch aufwachen, oder?
    Etwas zuckte hinten in seinem Hirn, ein Jucken, wo er nicht kratzen konnte.
    Vielleicht … sieh einfach nach … überprüfe es einfach …
    Ein lautes Krachen mischte sich in seine Gedanken. Und ein zweites Krachen, näher und unmittelbarer, raubte ihm das Bewusstsein.
    Die Niederling trat aus der Wolke. Die Eisschicht auf ihrem Körper zerplatzte in tausend Scherben. Ihr Atem drang wie ein heißes, wütendes Heulen aus ihrem Mund. Ihre Faust zuckte vor, Schneeflocken und Eisbrocken flogen in einer rot-weißen Wolke durch die Luft, als ihre geballten Finger seine Brust trafen.
    Wieder flog er.
    Wie eine fette, flügellose Möwe.
    Xhai nahm sich einen Moment Zeit zu bewundern, wie weit sie diesen dürren Abschaum durch die Luft geschleudert hatte. Natürlich konnte es auch daran liegen, dass sein Mantel die Hälfte seines Körpergewichtes auszumachen schien. Trotzdem fiel es ihr schwer, nicht zu lächeln, als sie zusah, wie er durch die Luft flog, über den Sand rollte, über die Erde rutschte und in einem Haufen aus schmutzigem Leder zum Stehen kam.
    Aber es fiel ihr leichter, diesem Drang zu widerstehen, als sie einen Blick über die Schulter warf und das dunkle Schiff bemerkte, das sie mitnehmen

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