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Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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hielt das Blut in seinem Hals, wo es hingehörte.
    Einstweilen.
    Seine Hand qualmte, als er sie sinken ließ. Winzige Hautflocken auf seiner Handfläche verwandelten sich zischend in kleine Rauchwölkchen. Dass ihm die Haut ausgehen könnte, hatte er niemals für ein Problem gehalten. Aber jetzt stand er genau diesem gegenüber. Merroskrit konnte einen unbelebten Träger mit Leichtigkeit überwältigen und sich ihm anpassen, aber ihm fehlte die Willenskraft, sich an einen lebenden Wirt zu adaptieren. Irgendwann würde sein Körper das Merroskrit abstoßen.
    Dann würde er sterben.
    Das war eine Gewissheit. Das Siegel hielt nur kurze Zeit. Zwei Tage, wenn er Glück hatte.
    Zwei Tage. Einer, um den Rest seines Lebens zu planen. Ein weiterer, um den Plan zu leben.
    Jedenfalls für durchschnittliche, ignorante Personen, die zum leeren Himmel beteten. Bibliothekare konnten es sich jedoch nicht leisten, einen ganzen Tag auf Planungen zu verschwenden, nicht einmal, wenn sie mehr als zwei Tage Lebenszeit übrig hatten. Bibliothekare mussten handeln.
    Und doch, Emotionen hatten ihn bereits einmal getötet.
    Die Logik und die Pflicht verlangten die Verfolgung des Verbrechers Denaos. Ein Tag musste genügen, ihn aufzuspüren, und ein weiterer, um ihn dafür zahlen zu lassen, dass er ihm nicht das Leben hatte nehmen können. Zudem würde das auch das emotionale Bedürfnis befriedigen. Alle wären glücklich. Jedenfalls alle, die nicht in Flammen standen.
    Und doch, ein Teil von ihm, etwas in ihm, das noch nicht schimmernd auf dem Sand lag, wollte etwas anderes. Einen Tag für Gedichte, für Briefe, hundert Seiten lang, an eine einzige Person gerichtet. Geschrieben mit Tinte, Blut oder Schlamm, das spielte keine Rolle. Gefaltet zu hundert Papierkranichen, die auf einem Wind zu einer Person in Cier’Djaal geschickt wurden.
    Zu Anacha.
    Dann würde er sich einen hübschen, ruhigen Ort suchen, sich hinlegen und sterben.
    Vielleicht dort drüben, unter dem Baum. Es war ein entzückender Ort, um für immer zu ruhen. Vielleicht würde sie eines Tages kommen und sein Grab besuchen. Das wäre schön.
    Vielleicht würde sie auch dem Venarium berichten, was ihm widerfahren war. Vielleicht würden sie feierlich nicken und hierherkommen, um seinen Körper zu ernten und ihm die Ehre zu erweisen, die sein Pflichtbewusstsein gebot. Die Häretiker waren abgeschlachtet worden. Das Gesetz des Venarium war durchgesetzt worden. Er würde geerntet werden, in Merroskrit verwandelt, und sein Name würde in den Annalen niedergeschrieben, als einer der besten Bibliothekare, die dem Venarium gedient hatten.
    Er konnte als glücklicher Mann sterben.
    Ein anderer Mann, der Hunderte von Menschen ermordet hatte, würde dann leben.
    Bralston wusste, wie er sich entscheiden musste.
    Er riss zwei weitere Seiten aus dem Buch. Es war gewöhnliches Papier, nichts Besonderes, bis auf die Worte, die er mit ungelenken roten Buchstaben darauf schmierte. Auf einer Seite drängten sich die Informationen: viele Namen von bedeutenden Männern, viele Gedanken, die viele Ereignisse zusammenfassten. Viele Worte.
    Die andere Seite enthielt nur fünf Worte.
    Er faltete beide Seiten so vorsichtig, wie er es vermochte, zu Kranichen. Es waren trotzdem unordentliche, schlampige Vögel, deren Schwingen schief herunterhingen und die merkwürdig ungeschlachte Köpfe hatten. Die Worte , die er sprach, klangen ernst und gequält, unverständlich selbst in einer Sprache, die bereits an sich unverständlich war.
    Aber er sprach . Und sie flogen. Sie erhoben sich zitternd in die Luft, taumelten gefährlich, als sie über die Gipfel der Bäume hinwegsegelten und mit nicht allzu viel Hoffnung auf Erfolg am Himmel verschwanden.
    Bralston stand auf und holte tief Luft. Es war ein rasselnder Atemzug, der sich anfühlte, als würden sich Messer in seinen Hals graben. Er schloss die Augen und spürte, wie sein Mantel sich unter ihm ausbreitete. Seine Mantelschöße hoben sich, formten sich zu ledrigen Schwingen und schlugen leise.
    In seinem Bewusstsein spürte er eine bebende, zitternde Macht, wie eine Flamme, die vom Flügelschlag einer Motte bewegt wurde. Dreadaeleons Kraft, die zu- und abnahm durch den Zerfall, der durch seinen Körper strömte. Er bewegte sich von ihm fort.
    Die Chancen standen gut, dass Denaos bei ihm war.
    Bralston erhob sich zitternd in die Luft, wie seine Kraniche. Die Magie durchströmte ihn rauschend wie ein Fluss, wo sie einst sanft geflossen war. Sie war schwer zu

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