Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
Reizantworten erhalten. Ich würde sagen, die Frau ist seit zwei bis zweieinhalb Stunden tot.«
Erik sah auf die Uhr. »Wir haben jetzt kurz nach neun. Also ist sie zwischen sechs und sieben ermordet worden.«
Dr. Hillmot nickte. »Zwischen halb sieben und sieben. Nach Einbruch der Dunkelheit.«
Erik betrachtete Ulla Andresen noch einmal ausgiebig, dann sagte er leise zu Dr. Hillmot: »Diesmal untersuchen Sie bitte gleich auf Spermaspuren, Doktor.«
»Das gehört zu jeder Obduktion dazu.« Dr. Hillmots Stimme klang beleidigt.
»Sorry, Doktor. Ich meine ja nur … Die Sache hat absoluten Vorrang. Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
Erik gab Sören einen Wink, der sofort zu Eriks Wagen ging und sich hineinbeugte. Als er zurückkam, hielt er zwei Plastiktüten in der Hand.
Erik nahm sie ihm ab. » DNA -Material«, sagte er zu dem Gerichtsmediziner. »Der Mann, dessen DNA -Spuren hier drin sind, hat ein Motiv. Es ist nicht auszuschließen, dass er Christa Kern umgebracht hat.«
»Und diese Frau auch?«, fragte Dr. Hillmot.
Sören wiederholte die Frage, als sie zurückfuhren. »Welches Motiv sollte Björn Mende haben? Er liebte Ulla Andresen doch.«
»Andererseits wissen wir, wie bitter und zynisch sie sein konnte. Denken Sie nur daran, Sören, wie verächtlich sie sich über ihren Mann äußerte. Auch in seinem Beisein. Sie ließ nie einen Zweifel daran, wie sehr sie ihn verachtete, dass sie ihn für einen Schwächling, für einen Versager hielt. Vielleicht hat sie auch Björn Mende so behandelt. Womöglich hat sie ihn ausgelacht, als er sexuell versagte.«
»Ich denke, er hat sein Trauma durch Ulla Andresen überwunden.«
»Sagt Gaby Woicke. Aber sie hat auch gesagt, Ulla Andresen sei voller Hass gewesen.«
»Voller Hass auf ihren Mann.«
»Jemand, der sich vom Schicksal so benachteiligt fühlte wie Ulla Andresen, entwickelt manchmal Hass auf die ganze Welt. Hass auf alle, denen es gut geht.«
»Björn Mende ging es nicht gut.«
»Trotzdem ist es doch möglich, dass sich in der Beziehung zwischen den beiden etwas verändert hatte. Ulla liebte Björn vielleicht nicht mehr. Wenn das so war, dann wollte sie, dass er Sylt verließ, dass er den Job bei ihrem Mann aufgab, dass er ihr aus den Augen ging. Seine Liebe wurde ihr lästig, sie hatte kein Mitgefühl mehr, sie wollte ihm auch nicht mehr helfen. Und als Björn Mende spürte, dass er Ullas Liebe verlor, waren auch seine sexuellen Probleme wieder da. Und dann verhöhnte Ulla ihn deswegen, und er rastete aus. Er fühlte sich wieder in die Zeit zurückversetzt, in der er der schwache kleine Junge war, der der starken Stiefmutter gegenüberstand. Nachdem er sich dieser übermächtigen Person entledigt hatte, scheint es nur konsequent, dass er auch die zweite Frau umbrachte, die ihn mit ihrer Stärke verletzte.«
Sören dachte eine Weile nach, dann nickte er. »Ja, so könnte es gewesen sein.« Ein Grinsen zog über sein Gesicht. »Oder wir bauen wieder auf die Intuition Ihrer Schwiegermutter und verdächtigen Andresen. Ein Motiv hat er auch.«
»Und ob er ein Alibi hat, wird sich gleich zeigen.«
Sören warf einen sehnsüchtigen Blick durchs Fenster, während sie den Weg entlangfuhren. Kurz bevor er in die Straße mündete, die rechts nach Kampen und links nach Westerland führte, öffnete sich das Wohngebiet, in dem Sören lebte.
»Ich bin gespannt auf Andresens Reaktion«, sagte Erik.
»Und Björn Mende? Werden wir den auch heute noch vernehmen?«
Erik schüttelte den Kopf. »Wir sollten ihn in Sicherheit wiegen, bis der DNA -Test fertig ist. Wenn Mende seinen genetischen Fingerabdruck hinterlassen hat, schnappen wir ihn uns sofort. Vorher gibt es keinen Grund für eine Festnahme.«
»Und wenn er abhaut? Wenn er schon abgehauen ist?«
»Das Risiko müssen wir eingehen. Aber er ist nach dem Mord an Christa Kern auch nicht abgehauen. Anscheinend fühlt er sich sicher und zieht es vor, sich unauffällig zu verhalten. Wenn er plötzlich verschwindet, gerät er sofort in Verdacht.«
»Was ist, wenn er nicht abhaut, aber nach Husum zurückwill? Kann ja sein, dass Andresen den Laden schließt und seinen Auslieferer eine Weile nicht braucht. Oder Mende kündigt. Schließlich können wir davon ausgehen, dass er nur deshalb bei Andresen arbeitete, um Ulla nahe zu sein. Und wenn er dann nach Husum zurückkehrt, könnte ihm auffallen, dass ihm eine Zahnbürste fehlt.«
»Wir müssen ihm sagen, dass alle, die mit Ulla Andresen Kontakt hatten, die Insel
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