Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
nicht verlassen dürfen. Sobald die Ergebnisse der DNA -Analyse da sind, wissen wir mehr.«
Sören nickte zufrieden. »Zum Glück hat Björn Mende ja keine Ahnung, dass wir DNA -Material von ihm haben.« Er warf seinem Chef einen Blick zu. »Was machen wir eigentlich mit der Zahnbürste, wenn Mende unschuldig ist? Das Taschentuch wird er ja nicht vermissen, aber den Rest …«
Erik ließ den Blick nicht von der Fahrbahn. »Das ist doch kein Problem, Sören. Sie haben ja als Kind so oft den Schlüssel verloren …«
Die Straße, in der Fisch-Andresen lag, war der Stadt keine Beleuchtung wert. Zum Glück hatten die Gewerbebetriebe in der Nachbarschaft ihre Höfe, Werkhallen und Bürogebäude aus Sicherheitsgründen angestrahlt. Dieses Licht bewahrte den Fischladen vor der Finsternis. Die kleine Lampe, die neben der Eingangstür von Fisch-Andresen schaukelte, war dunkel, auch im Verkaufsraum gab es keine Beleuchtung. In den Fenstern darüber brannte jedoch ein schwaches Licht.
Neben der Ladentür entdeckte Erik einen weiteren Hauseingang, der ihm vorher nicht aufgefallen war. Es gab nur einen einzigen Klingelknopf. »Andresen«, las er und klingelte. Wie immer, wenn er eine Todesnachricht überbringen musste, wünschte er sich, niemand wäre zu Hause oder die Angehörigen hätten schon von anderen gehört, was geschehen war.
Es dauerte nicht lange, bis der Türöffner summte. Erik stieß die Tür auf und stand vor einer steilen Treppe, die in die erste Etage des Hauses führte.
Über ihm erschien Wolf Andresen und sah auf ihn herab. »Die Polizei? Um diese Zeit? Ist was mit meiner Frau?«
Erik stieg bedächtig die Treppe hoch, bis er auf derselben Stufe wie Andresen stand. Andresen wich zurück. In seinem Gesicht zuckte es, seine Hände fuhren zum Hemdkragen und nestelten am oberen Knopf herum.
»Es tut uns sehr leid«, begann Erik. »Ihre Frau ist einem Verbrechen zum Opfer gefallen.«
Andresen taumelte zurück. »Tot?« Er drehte sich um, ging durch einen winzigen Flur in ein bedrückend kleines Wohnzimmer und ließ sich dort in einen Sessel fallen. Er drehte den beiden Beamten den Rücken zu und schlug die Hände vors Gesicht. Seine Schultern zuckten, trotzdem glaubte Erik nicht, dass er weinte.
Er blieb stehen und sah sich um, Sören neben sich, der nervös von einem Fuß auf den anderen trat. Der kleine Raum war spärlich ausgestattet mit ein paar Regalen, einer Sitzgruppe und einer breiten Kommode. Im linken Teil des Regals standen große Bildbände, exakt der Größe nach geordnet, im rechten wurden die Nachschlagewerke aufbewahrt, die das Regalbrett nicht ganz füllten und Platz für ein gerahmtes Bild von Saskia ließen. In den unteren Reihen befand sich die Belletristik, Hardcover links, Taschenbücher rechts. Auf dem Tisch lag eine Decke, die Hohlsäume verliefen parallel zu den Tischkanten, die Fernsehzeitschrift lag exakt in der Mitte, an allen vier Seiten im gleichen Abstand von Hohlsäumen umgeben.
Wolf Andresen nahm das Gesicht aus den Händen, setzte sich aufrecht hin und griff hinter sich, um das Rückenpolster des Sessels glatt zu streichen. »Nehmen Sie doch Platz«, sagte er.
Erik achtete, während er sich auf dem Sofa niederließ, darauf, dass das Kissen in der Ecke nicht angetastet wurde, und bemerkte Andresens schmerzerfüllten Blick, als Sören sich in die andere Ecke auf das Gegenstück flegelte, womit das Gleichmaß zum Teufel war.
»Was ist passiert?«, fragte Andresen, aber noch bevor Erik antworten konnte, erhob er sich und verließ das Zimmer durch die zweite Tür, die in einen weiteren Flur führte, ebenso winzig wie der erste. Erik konnte ein Treppengeländer erkennen. Anscheinend ging es von dort nach unten ins Geschäft und in den Raum, in dem Ulla sich tagsüber mit dem Kind aufgehalten hatte.
Als Andresen zurückkam, hielt er ein Taschentuch in der Hand, mit dem er sich über die Stirn wischte. »Was ist passiert?«, wiederholte er.
Sören übernahm es, die Einzelheiten zu schildern, und Erik war ihm dankbar dafür.
Nachdem Sören geendet hatte, fragte Erik: »Können Sie sich erklären, was Ihre Frau auf dem Parkplatz wollte? War sie dort mit jemandem verabredet?«
Andresen zuckte die Schultern. »Mir hat sie gesagt, sie wolle spazieren gehen, vielleicht auch ein wenig bummeln in Westerland. Möglich, dass sie in der Braderuper Heide spazieren gegangen ist. Seit Saskia in der Klinik ist, wollte sie einfach nur raus. Man muss das verstehen, Ulla kam ja kaum noch
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