Die Tote im Badehaus
Jetzt ließ sich der Knauf überhaupt nicht drehen; irgend etwas blockierte ihn. Ich hämmerte gegen die Tür und versuchte, zu rufen, aber mehr als ein Husten brachte ich nicht zustande. An der Wand tastete ich nach dem Schalter für die Neonlampe, aber als ich ihn umlegte, passierte nichts. Ich hatte keine Kraft mehr, und so legte ich mich eine Minute lang auf den Boden, um mich zu beruhigen. Als ich die Hand hochstreckte, um es noch einmal mit der Tür zu versuchen, ging sie plötzlich auf. Nach Luft schnappend fiel ich in den beleuchteten Gang und auf ein Paar große, in Socken mit Argyle-Karo steckende Füße.
7
»Was machen Sie denn da drin? Was ist das für ein Geruch!« Hugh hustete.
Ich zog erst die frische, eiskalte Luft ein, bevor ich krächzte: »Gasleck.«
Er fegte an mir vorbei in mein Zimmer; zuerst hörte ich, wie das sh ō ji -Papier zerriß, dann, wie das Fenster aufgeschlagen wurde. Als nächstes wurde das Heizungsrohr aus der Wand gerissen. Hugh kam zurück und schleppte mich fast durch den Gang und in sein Zimmer.
Von seinem Futon aus schien sich der dunkle Raum in einem kühlen weißen Licht zu drehen, das von einem Laptop auf dem Teetisch ausgestrahlt wurde.
»Ich hoffe, Ihnen wird jetzt nicht schlecht« Ich hörte, wie er eine Flüssigkeit einschenkte, dann setzte er mir ein Glas an die Lippen.
»Dieser Geruch«, sagte ich, bevor ich in tiefen Schlucken das köstlichste Glas Wasser trank, das ich je bekommen hatte.
»Ein harmloser Kohlenwasserstoff, der mit dem normalen Gas gemischt wird. Der soll einen warnen, Gott sei Dank.« Hugh hustete wieder und trank aus der Thermosflasche.
»Jemand hat den Heizungsschalter manipuliert«, sagte ich, als ich wieder normal atmen konnte. »Das Licht ging nicht, und die Tür war verschlossen!«
»Meine Deckenlampe funktioniert auch nicht, wahrscheinlich liegt es an der Sicherung.« Hugh klang nachdenklich.
»Warum waren Sie mitten in der Nacht vor meinem Zimmer? Wie spät ist es?«
»Es ist kurz nach Mitternacht. Ich war wach, weil ich noch gearbeitet habe. Vor ein paar Minuten habe ich ein Hämmern gehört, so daß ich dachte, entweder amüsieren sich die Ikedas gerade wahnsinnig gut, oder jemand segnet das Zeitliche.«
Wir erschraken beide, als ein neues Geräusch ertönte: es klopfte dreimal fest an die Tür. Bevor Hugh einen Schritt machen konnte, wurde die Tür von Mr. Yamamoto aufgerissen, der große Augen bekam, als er mich auf dem Futon liegen sah.
»Verzeihen Sie, daß ich so einfach hereinplatze, aber ich habe etwas gehört – ich habe mir Sorgen gemacht …«
»Rei hatte einen kleinen Unfall. Sie hatte die Heizung zur Hälfte aufgedreht und ist von dem Gasgeruch aufgewacht«, erklärte Hugh. »Wir lüften gerade ihr Zimmer. Währenddessen ruht sie sich hier aus.«
Ich wollte protestierend den Kopf schütteln, doch Hugh verhinderte das, indem er mir fest die Hand auf das Haar legte. »Ihr ist ein bißchen übel, aber es ist nichts Ernstes.«
»Ich habe Gas gerochen, als ich den Gang entlanggekommen bin«, sagte Yamamoto. »Es ist sehr gefährlich und für Fremde schwer zu verstehen.«
»Ja, das sagen Sie mir immer.« Hugh versuchte, die Tür zu schließen, aber Yamamoto blieb mitten im Weg stehen. »Meine Heizung läuft noch, aber ich verspreche, sie abzustellen, wenn ich mich schlafen lege.«
»Das ist eine gute Idee. Ich bin froh, daß Miss Shimura in Sicherheit ist. Möchten Sie, daß ich die Pensionsbesitzer wecke, um zu fragen, ob es ein anderes Zimmer für sie gibt? Oder wenn Ihnen das angenehmer ist, kann sie auch mein Zimmer haben, und ich schlafe bei Ihnen, Hugh-san.«
»Sie machen wohl Witze?« Hughs leises Lachen steckte voller versteckter Andeutungen. »Tun Sie mir einen Gefallen und machen Sie keinen Wind um die Sache. Wir sehen uns morgen früh.«
»Sie hatten kein Recht, das zu sagen«, protestierte ich, als Yamamoto gegangen war und Hugh einen zweiten Futon aus dem Wandschrank holte. »Wir sind in Japan. Von mir wird erwartet, eine unschuldige Blume zu sein, insbesonders dann, wenn ich allein reise.«
»Bleiben Sie, wo Sie sind. Sie schlafen in einem eigenen Bett, aber Sie sollten heute nacht nicht allein sein.« Hugh stopfte die Decken um mich herum fest, als wolle er meine Flucht verhindern. »Morgen unterhalten wir uns noch einmal genauer darüber, was passiert ist.«
Ich schloß die Augen. Ich traute ihm nicht wirklich, aber zurück in mein Zimmer wollte ich auch nicht. Ob ich ihn nun mochte oder nicht,
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