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Die Tote im Götakanal

Die Tote im Götakanal

Titel: Die Tote im Götakanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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Beck. »Ich will kein Frühstück.«
    »Aber das ist im Augenblick gemacht. Setz dich doch.«
    »Ich will kein Frühstück. Ich möchte eine Weile schlafen. Weck mich in einer Stunde.«
    Die Uhr war Viertel nach neun.
    Er ging ins Schlafzimmer. Als sie ihn weckte, war es ihm, als habe er gerade ein paar Minuten geschlafen. Die Uhr zeigte Viertel vor eins.
    »Ich sagte doch, eine Stunde.«
    »Du sahst so müde aus. Kommissar Hammar ist am Telefon.«
    »Ach, verdammt…«
    Eine Stunde später saß er im Zimmer seines Chefs.
    »Seid ihr keinen Schritt weitergekommen?«
    »Keinen. Wir wissen nicht, wer sie ist, nicht, wo die Tat begangen wurde, und schon gar nicht, von wem. Über den Zeitpunkt des Todes haben wir eine gewisse Vorstellung, aber das ist alles.«
    Hammar saß vor seinem Schreibtisch und betrachtete mit gefurchten Augenbrauen seine Nägel.
    Er war fünfzehn Jahre älter als Martin Beck, dicklich, mit üppigem grauen Haar und kräftigen Augenbrauen. Er war ein guter Chef, ruhig, vielleicht etwas zu bedächtig, und sie kamen immer gut mit ihm aus.
    Kommissar Hammar faltete die Hände und richtete den Blick auf Martin Beck. »Bleibe mit Motala in Verbindung. Vermutlich hast du recht mit deiner Annahme. Das Mädchen befand sich auf einer Urlaubsreise. Wenn wir damit rechnen, daß sie drei, vier Wochen wegbleiben wollte, kann es mindestens vierzehn Tage dauern, bis jemand sie vermißt. Aber gib mir auf jeden Fall deinen Bericht so bald wie möglich.«
    »Du kriegst ihn heute nachmittag.«
    Martin Beck ging in sein Dienstzimmer, nahm den Deckel von der Schreibmaschine , blätterte eine Weile in den Durchschlägen, die er von Ahlberg bekommen hatte, und machte sich dann an die Arbeit.
    Um halb sechs klingelte das Telefon.
    »Kommst du zum Essen nach Hause?«
    »Es sieht nicht so aus.«
    »Mein Gott, haben sie denn keinen anderen als dich«, beschwerte sich seine Frau. »Mußt du denn alles allein tun? Schließlich hast du noch eine Familie. Die Kinder fragen nach dir.«
    »Ich werde versuchen, um halb sieben zu Hause zu sein.«
    Eineinhalb Stunden später war der Bericht fertig.
    »Geh heim und schlaf dich mal richtig aus«, sagte Hammar. »Du siehst abgespannt aus.«
    Martin Beck war auch abgespannt. Für den Heimweg nahm er ein Taxi, aß zu Abend und ging ins Bett.
    Er schlief sofort ein.
    Um halb zwei in der Nacht wurde er vom Telefon geweckt.
    »Hast du geschlafen? Tut mir leid, daß ich dich störe. Wollte nur sagen, daß jetzt alles in Ordnung ist. Er kam von allein.«
    »Wer?«
    »Holm, der Nachbar. Ihr Mann. Er ist völlig zusammengebrochen. Eifersucht. Komisch, nicht?«
    »Wessen Nachbar? Wovon redest du denn?«
    »Der Zicke in Storängen natürlich. Ich wollte es dir nur sagen, damit du nicht wachliegen und dir unnötig den Kopf zerbrechen mußt… um Gottes willen, habe ich mich geirrt?«
    »Ja.«
    »Verdammt. Du warst ja gar nicht dabei. Das war Stenström. Entschuldige. Wir sehen uns morgen.«
    »Nett, daß du angerufen hast«, sagte Martin Beck säuerlich.
    Er ging ins Bett zurück, konnte aber nicht einschlafen. Lag da und starrte an die Decke und lauschte dem leisen Schnarchen seiner Frau. Fühlte sich leer und verzweifelt.
    Als die Sonne in das Zimmer zu scheinen begann, drehte er sich um und überlegte: Morgen rufe ich Ahlberg an.
    Am nächsten Tag rief er bei Ahlberg an. Den ganzen nächsten Monat lang telefonierte er täglich mit ihm, aber keiner von ihnen hatte sonderlich viel zu sagen. Die Herkunft des Mädchens blieb nach wie vor ein Geheimnis. Die Zeitungen hörten auf, über den Fall zu schreiben, und Hammar erkundigte sich nicht mehr nach dem Stand der Dinge. Es trafen keine Vermißtenanzeigen ein, die ihm weiterhalfen.
    Es war beinahe, als ob sie nie existiert habe. Alle außer Martin Beck und Ahlberg schienen vergessen zu haben, daß sie sie jemals gesehen hatten.
    Anfang August nahm Martin Beck eine Woche Urlaub und fuhr mit seiner Familie auf die Schäreninsel. Als er zurückkam, arbeitete er den Wust von Papieren auf, der sich auf seinem Schreibtisch gehäuft hatte. Er fühlte sich deprimiert und schlief schlecht.
    Eines Nachts gegen Ende August lag er in seinem Bett und starrte in die Dunkelheit.
    Ahlberg hatte noch spät am Abend angerufen. Er hatte im Stadthotel gesessen und schien etwas angeheitert. Sie hatten eine Weile über den Mord gesprochen, und bevor Ahlberg auflegte, hatte er gesagt: »Wer er auch ist und wo er sich auch aufhält, wir werden ihn schnappen. «
    Martin Beck

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