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Die Tote im Götakanal

Die Tote im Götakanal

Titel: Die Tote im Götakanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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er vermutlich gar nicht, jedenfalls registrierte er ihn nicht. Als seine Tochter nach einer Weile ins Zimmer trat, mußte sie ihn zweimal anrufen, bis er überhaupt reagierte.
    »Telefon für dich. Daß die Leute auch immer während der Perry Mason-Sendung anrufen müssen.
    Wirklich rücksichtslos.«
    Verdammt, schon lange wollte er das Telefon umlegen lassen.
    Höchste Zeit, die Erziehung seiner Kinder in die Hand zu nehmen. Die Frage war nur: Was sagt ein Mann zu einer dreizehnjährigen Tochter, die verrückt auf die Beatles ist und schon anfängt, einen Busen zu kriegen?
    Leise ging er ins Wohnzimmer hinüber, warf einen Blick auf das verlebte Hundegesicht des Strafverteidigers, das gerade den ganzen Bildschirm ausfüllte, und zog die Telefonschnur mit hinaus auf den Flur.
    »Hallo«, sagte Ahlberg. »Du, ich glaube, ich bin auf etwas Wichtiges gestoßen.«
    »Ja?«
    »Erinnerst du dich daran, daß wir von den Kanalschiffen sprachen? Die im Sommer hier vorbeikommen, um halb eins und um vier?«
    »Ja.«
    »Ich habe in dieser Woche versucht, den Klein-boot- und den Lastverkehr zu kontrollieren. Es ist nahezu unmöglich, alle zu erfassen, die hier umherschleichen. Aber vor einer Stunde erwähnt da plötzlich einer der Kerle von der Ordnungspolizei, daß er im Sommer mitten in der Nacht ein Passagierschiff in westlicher Richtung an Platens Grab vorbeifahren sah. Wann, weiß er nicht mehr, und es war ihm auch gerade erst wieder eingefallen, weil ich danach fragte. Er hatte in der Gegend einige Nächte lang einen Spezialauftrag zu erfüllen. Das sieht höchst unwahrscheinlich aus, aber er schwört, daß es seine Richtigkeit hat. Er ist am Tag darauf in den Urlaub gegangen, und dann hat er es vergessen.«
    »Erinnert er sich an den Namen des Schiffs?«
    »Nein. Aber ich habe in Göteborg bei der Reederei angerufen und einer der Angestellten sagte, es könnte stimmen. Es müsse sich um die Diana handeln, und er gab mir die Adresse des Kapitäns.«
    Martin wartete. Er hörte, wie Ahlberg ein Streichholz anzündete.
    »Ich kriegte auch den Kapitän zu fassen. Der bestätigt es, obwohl er sich nur höchst ungern daran erinnert. Zuerst hätten sie drei Stunden wegen Nebels bei Hävringe festgelegen, und dann ist noch ein Dampfrohr im Motor geplatzt…«
    »Maschinenschaden.«
    »Was sagst du?«
    »Maschinenschaden heißt das.«
    »Na schön, den haben sie dann mehr als acht Stunden la ng in Söderköping reparieren lassen.
    Das bedeutet, daß sie fast zwölf Stunden Verspätung hatten und Borenshult nach Mitternacht passierten. Sie legten weder in Motala noch in Vadstena an, sondern fuhren direkt nach Göteborg weiter.«
    »Und wann war das? Weißt du das Datum?«
    »Auf der zweiten Reise nach Mittsommer, sagte der Kapitän. Das heißt, in der Nacht vom 4. auf den 5. Juli.«
    Keiner sprach ein Wort während der nächsten zehn Sekunden. Dann fuhr Ahlberg fort: »Vier Tage bevor wir sie fanden. Ich habe sofort noch mal die Reederei angerufen und die Zeiten verglichen. Sie wollten wissen, was das Ganze soll, und ich erkundigte mich, ob alle, die an Bord waren, ordnungsgemäß angekommen waren. »Wer sollte denn nicht angekommen sein?« wollten die wissen. Das kann ich Ihnen leider auch nicht verraten, sagte ich. Die glauben jetzt, ich hätte nicht alle Tassen im Schrank.«
    Es wurde wieder still.
    »Meinst du, das hat was zu bedeuten?« fragte Ahlberg schließlich.
    »Keine Ahnung«, entgegnete Martin Beck. »Möglich wär’s. Du hast auf jeden Fall etwas Wichtiges herausgefunden.«
    »Wenn alle Passagiere heil in Göteborg angekommen sind, sitzen wir wieder fest.« Aus Ahlbergs Stimme klang eine seltsame Mischung von Enttäuschung und bescheidenem Triumph.
    »Wir müssen jeden kleinsten Hinweis nachprüfen«, stellte Ahlberg fest.
    »Das ist klar.«
    »Also dann auf Wiedersehn.«
    »Auf Wiedersehn. Ich ruf dich wieder an.«
    Martin Beck blieb eine Weile mit der Hand auf dem Telefonhörer stehen, dann runzelte er die Stirn und ging wie ein Schlafwandler durch das Wohnzimmer zurück. Er zog die Tür vorsichtig hinter sich zu und setzte sich wieder an sein Schiffsmodell.
    Aber sein Interesse an der Danmark war erloschen.
    Er saß noch immer regungslos da, als seine Frau eine Stunde später ins Zimmer kam und ihn ins Bett jagte.

8
    »Du siehst aber wirklich miserabel aus«, sagte Kollberg.
    Martin Beck fühlte sich auch miserabel. Er hatte Schnupfen und Halsweh, es schmerzte in den Ohren und rasselte in den Bronchien. Die

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