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Die Tote im Götakanal

Die Tote im Götakanal

Titel: Die Tote im Götakanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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stand leise auf und ging barfuß ins Wohnzimmer. Er drehte die Lampe über dem Arbeitstisch an und blickte auf das Modell der Danmark. Er hatte immer noch die Masten zu setzen.
    Er setzte sich an den Tisch und griff in die Schublade. In der Mappe lagen Kollbergs Beschreibung des Mädchens und die Abzüge der Bilder, die der Polizeifotograf von Motala vor zwei Monaten gemacht hatte. Obwohl er die Beschreibung fast auswendig kannte, las er sie langsam, sorgfältig durch und blickte lange auf die Bilder. Als er die Mappe zuschlug und das Licht löschte, dachte er: Wer sie auch ist und woher sie gekommen sein mag – wir werden es noch herausbekommen.

7
    »Interpol? Na so was!« Kollberg sah Martin Beck über die Schulter. »Französisch, hm?«
    »Ja. Es ist von der Polizei in Toulouse. Denen war ein Mädchen abhanden gekommen.«
    »Französische Polizei!« knurrte Kollberg. »Hab ich auch mal mit zu tun gehabt… Vor ein paar Jahren war das: Ein Flittchen aus Djursholm war spurlos verschwunden. Ich hab via Interpol um Amtshilfe gebeten. Ein Vierteljahr lang passierte gar nichts; dann kommt da ein langer Brief von der Polizei in Paris – auf französisch natürlich. Ich geb ihn also zum Übersetzen. Am Tag darauf lese ich zufällig in der Zeitung, daß ein schwedischer Tourist das Mädel gefunden hat. Sie saß also in einem Cafe – wie heißt es bloß… Ganz berühmter Laden. Das, wo all die schwedischen Amateurnutten sitzen…«
    »Le Dome.«
    »Genau. Da hockt sie also – mit irgendeinem Araber, mit dem sie zusammenwohnt. Seit -zig Wochen hat sie jeden Tag dort gesessen… Na, und am Nachmittag krieg ich dann die Übersetzung. Es ist ausgeschlossen, steht da, daß sie sich gegenwärtig in Frankreich aufhält. Jedenfalls nicht lebendig.
    Normales Verschwinden wird immer innerhalb von zwei Wochen aufgeklärt; im vorliegenden Fall müsse man jedoch wohl leider mit einem Verbrechen rechnen…«
    Martin Beck faltete den Brief zusammen, faßte ihn mit dem Daumen und dem Zeigefinger der rechten Hand und ließ ihn in eine der Schreibtischschubladen segeln.
    »Was schreiben Sie denn?« erkundigte sich Kollberg.
    »Sie haben ihr Mädchen wieder. Die spanische Polizei hat sie vor einer Woche auf Mallorca gefunden.«
    »Du liebe Güte – so viele Stempel und so viele komische Worte, um so wenig zu sagen.«
    »Ja«, sagte Martin Beck.
    »Paß auf, dein Mädchen ist bestimmt eine Schwedin. Wie alle von Anfang an glaubten. Aber komisch ist es doch…«
    »Was?«
    »Daß niemand sie vermißt, einerlei, wer sie war.
    Ich denke nämlich auch manchmal an sie.« Kollbergs Ton wurde härter. »So was kann einem richtig zusetzen. Es kann einen direkt wütend machen.
    Wie viele Nieten hast du inzwischen gezogen?«
    »Mit dieser hier siebenundzwanzig.«
    »Und das ist bestimmt nicht die letzte.«
    »Sicher nicht.«
    »Denk bloß nicht zu oft an diesen Mist.«
    »Nein.«
    Gutgemeinte Ratschläge zu geben ist ganz bestimmt seeliger, als sie anzunehmen, dachte Martin Beck. Er stand auf und ging ans Fenster.
    »Ich muß jetzt wieder zu meinem Totschläger zurück«, verkündete Kollberg. »Der frißt nur Stullen und grinst vor sich hin. Was es doch für Leute gibt! Zuerst trinken sie einen Liter Schnaps, dann gehen sie mit der Axt auf ihre Olle und die Kinder los. Danach versuchen sie das Haus anzustecken und sich mit einer Bügelsäge den Hals abzuschneiden und kommen dann heulend bei der Polizei an und beichten und meckern über das Essen. Heute nachmittag schicke ich ihn zum Psychiater. Ach, das ganze Leben ist beschissen.« Er stand auf und knallte die Tür hinter sich zu.
    Die Bäume zwischen dem Polizeipräsidium und dem Kristineberg-Hotel hatten sich verfärbt und begannen langsam ihre Blätter zu verlieren. Der Himmel hing niedrig und mit grauen Regenvorhängen und sturmzerrissenen Wolken herunter. Man schrieb den 29. September. Der Herbst hatte end-gültig und unwiderruflich seinen Einzug gehalten.
    Martin Beck blickte mit Widerwillen auf seine halbgerauchte Florida und dachte an seine empfindlichen Bronchien und an den ersten Schnupfen des Winterhalbjahrs, der ihn nun Winterhalbjahrs, der ihn nun programmgemäß befallen würde.
    »Armes kleines Mädchen, wer bist du wohl«, murmelte er vor sich hin.
    Er war sich darüber klar, daß sich die Aussichten mit jedem Tag verringerten; vielleicht würde man überhaupt niemals feststellen, wer sie war. Geschweige denn, den Täter zur Strecke bringen. Die Frau, die draußen an der

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