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Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands

Titel: Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Cleverly
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sie zu der offenen Tür eines Hauses am Ende einer langen Reihe. Es schien größer als die anderen, und der stolze viktorianische Erbauer hatte, gemäß der Tradition, seine Frau beziehungsweise seine älteste Tochter verewigt, indem er ihren Namen über der Tür anbringen ließ: »Villa Violet«.
    »Klopf, klopf!«, sangen die Mädchen im Chor. »Mr. Armitage, Sie werden verlangt! Besucher!« Sie liefen rasch davon, als sie lautstark von den anderen Seiten des Hofes zum Abendessen gerufen wurden.
    Die Tür war frisch gestrichen, die Fenster sauber, und der übergroße Messingklopfer blitzte. Ein ältlicher Mann erschien auf der Schwelle. Er lugte heraus, konnte sich auf keinen von ihnen fokussieren, bis Joe das Wort ergriff. Ihm war aufgefallen, dass die Augen des Mannes durch den milchweißen Film des grauen Stars getrübt waren.
    »Sir!«, rief Joe fröhlich. »Zwei Besucher. Ich bin Commander Sandilands, und das ist Inspektor Cottingham. Wir sind Kollegen Ihres Sohnes Bill, und wir arbeiten zusammen an einem Fall …«
    »Ach ja! Ich weiß, wer Sie sind. Kommen Sie herein, kommen Sie herein! Bill hat mir alles von Ihnen erzählt. Und wenn ich recht verstanden habe, Commander, ist das nicht das erste Mal, dass mein Junge mit Ihnen arbeitet. Sie waren doch früher sein befehlshabender Offizier, oder?« Armitage griff nach Joes Hand und schüttelte sie kräftig. »Ein Mann hat nicht oft die Gelegenheit, sich bei dem Offizier zu bedanken, der seinen Sohn sicher durch den Krieg gebracht hat. Macht mich dankbar, dass ich ihn bei den Royal Scots Fusiliers untergebracht habe. Seine Mutter war eine große, starke, schottische Jungfer - ein Fischermädchen! Ich traf sie, als die Flotte in Southend lag … habe mich nie dort angesiedelt. Mein Bill war aber bei ihrer Familie oben, als der Krieg ausbrach. Ich wollte ihn in einem Regiment haben, in dem die Offiziere ihr Handwerk verstanden, also sagte ich: Nur zu, Junge, verpflichte dich.«
    Joe fragte sich, ob der alte Mann trotz des Tumults im Hof einsam war. Er schien sich zu freuen, dass er jemand hatte, mit dem er plaudern konnte.
    »Sie sind selbst Soldat, Mr. Armitage?«
    Der Rücken streckte sich, und die rechte Hand zitterte vor Anstrengung, nicht zu salutieren. »Krieg in Südafrika. Zweites East Surrey Regiment. Clerys Division. Verwundet und als Invalide nach Hause geschickt.«
    Joe hob als alter Militär mit einer kenntnisreichen Lobrede auf jenen Kriegszug an, stimmte dem alten Mann zu, dass das Beste, was dieser Krieg gebracht hatte, die Lektion war, die man von den Buren in Sachen Schnellfeuer erlernt hatte. »Das war uns in den ersten Monaten in Frankreich sehr dienlich«, kommentierte Joe.
    »Habe dem jungen Bill immer eingetrichtert, schnell und präzise zu schießen. Und kein Pfusch!«
    »Nein, bloß nicht!«, sagte Joe. Seine Augen inspizierten den Raum, während er sprach, und ihm fiel auf, dass der Tisch für einen Tee gedeckt war, zu dem Armitage nicht nach Hause kommen würde. Die bequemen Sessel standen zu beiden Seiten des Kohlenfeuers. Die Kaminböcke funkelten im Herd, das Mahagoniholz der Möbel strahlte überall dort, wo die Oberfläche unter schützenden Zierdeckchen und Läufern zu sehen war. Die Alkoven zu beiden Seiten des Kamins waren mit maßgefertigten Regalen ausgestattet, und jeden Zentimeter dieser Regale nahmen Bücher ein. Joe sah neben zerlesenen Exemplaren von Nuttals Standard-Wörterbuch , Meiklejohns Englische Grammatik und der Gesamtausgabe von Shakespeare eine Sammlung aller Titel der Everyman Library , wie es schien. Das Regal in Reichweite des Sessels legte am meisten offen: eine Sammlung französischer Romane in der vertraut gelben Bindung, ein oder zwei russische Werke, Reise in Arabien von Palgrave, Die Französische Revolution von Carlyle, Die Rechte des Menschen von Tom Paine und daneben - mit einer Busfahrkarte als Markierung - ein eselsohriges Exemplar der Essays von Montaigne. Mit einem kummervollen Blitzstrahl der Erkenntnis wurde Joe klar, dass er es hier mit einem kleinen Auszug seiner eigenen Sammlung zu tun hatte.
    Sein Bedauern, dass er nun niemals seine Gedanken und Meinungen mit dem Sergeant austauschen konnte, unterbrach das leise Plätschern seiner Unterhaltung, und er war erleichtert, dass der alte Mann sein Interesse bemerkte. »Aha! Sie haben die Bücher des Jungen entdeckt? Ein beeindruckender Anblick, nicht wahr? Er gibt viel zu viel Geld für Bücher aus, aber er hatte Glück beim Hunderennen, und mit

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