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Die Tote in der Bibliotek

Die Tote in der Bibliotek

Titel: Die Tote in der Bibliotek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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und ihre Witwenkleidung abgelegt, und das hat ihrem Schwiegervater natürlich nicht gefallen. Hat sich ausgeschlossen gefühlt, wenn er wohl auch nicht im Entferntesten geahnt hat, wer sie dazu gebracht hat. Aber in seinem Sinne ist das sicher nicht. Und deshalb war er einfach reif für das, was dann geschehen ist – wie der alte Mr. Badger, als seine Frau sich dem Spiritismus zugewandt hat. Es hätte jedes halbwegs hübsche junge Mädchen sein können, das ihm interessiert zuhört.»
    «Meinst du», fragte Mrs. Bantry, «Rubys Kusine, diese Josie, hat sie absichtlich hierher geholt? Meinst du, es war ein abgekartetes Spiel?»
    Miss Marple schüttelte den Kopf. «Nein, ganz sicher nicht. Ich glaube nicht, dass Josie fähig gewesen wäre, die Reaktionen der Beteiligten vorauszusehen. Dazu reicht es bei ihr nicht. Sie ist zwar ein gescheites Mädchen, aber sie hat nur diesen begrenzten praktischen Verstand, der nichts vorhersieht und in der Regel von den Ereignissen überrascht wird.»
    «Sieht aus, als wären alle überrascht worden», sagte Mrs. Bantry. «Addie – und Mark Gaskell offenbar auch.»
    Miss Marple lächelte. «Na, der hat es sich bestimmt nicht schlecht gehen lassen. Ein dreister Bursche, der gern ein Auge riskiert! Nicht der Typ, der über Jahre als trauernder Witwer herumläuft, egal, wie sehr er seine Frau geliebt hat. Wahrscheinlich sind sie. unter dem Joch von Mr. Jeffersons Erinnerungen beide allmählich unruhig geworden.
    Aber als Mann», fügte Miss Marple sarkastisch hinzu, «hat man es da natürlich leichter.»
     

IV
     
    Mark selbst bestätigte dieses Urteil zum selben Zeitpunkt in einem Gespräch mit Sir Henry Clithering. In seiner üblichen Direktheit war er gleich mit der Tür ins Haus gefallen.
    «Mir ist gerade klar geworden», sagte er, «dass mich die Polizei als Hauptverdächtigen im Visier hat. Sie haben in meinen Finanzen rumgeschnüffelt. Ich bin pleite, verstehen Sie, oder zumindest nahe dran. Sollte der alte Jeff planmäßig in ein oder zwei Monaten sterben, und Addie und ich teilen uns den Zaster – ebenfalls planmäßig –, dann bin ich aus dem Schneider. Ich habe einen Haufen Schulden… Wenn der Bankrott kommt, dann mit Pauken und Trompeten! Wenn ich ihn aber abwenden kann, dann ist es umgekehrt: Ich komme ganz groß raus und bin ein reicher Mann.»
    «Sie sind ein Spieler, Mark», sagte Sir Henry Clithering.
    «Immer gewesen. Alles riskieren, ist meine Devise! Ja, ich geb’s zu: Für mich ist es ein Glücksfall, dass jemand das arme Ding erwürgt hat. Aber ich war’s nicht. Ich bin kein Würger. Kann mir nicht vorstellen, dass ich überhaupt jemanden umbringen könnte. Wäre viel zu bequem dazu. Aber sagen Sie das mal der Polizei! Für die bin ich doch ein gefundenes Fressen! Ich hatte ein Motiv, ich war da, ich stöhne nicht gerade unter der Last moralischer Bedenken. Ich versteh nicht, wieso ich nicht längst im Kittchen sitze! Diesem Superintendent ist alles zuzutrauen.»
    «Sie haben etwas sehr Nützliches: ein Alibi.»
    «Ein Alibi ist das Verdächtigste auf Gottes weiter Welt. Kein Unschuldiger hat je ein Alibi! Außerdem kommt es doch ganz auf den Todeszeitpunkt an oder so, und wenn drei Ärzte sagen, das Mädchen ist um zwölf getötet worden, dann können Sie Gift drauf nehmen, dass sich mindestens sechs andere finden werden, die beschwören, der Tod sei um fünf Uhr früh eingetreten. Und wo bleibt dann mein Alibi?»
    «Na, immerhin können Sie noch Witze darüber machen.»
    «Verdammt geschmacklos, was?», sagte Mark vergnügt. «Aber im Ernst: Ich hab die Hosen voll. Klar – bei einem Mord! Und glauben Sie nicht, der alte Jeff täte mir nicht Leid. Er tut mir Leid. Aber besser so – so schlimm der Schock auch war –, als wenn er ihr draufgekommen wäre.»
    «Draufgekommen? Was meinen Sie damit?»
    Mark zwinkerte. «Wo war sie denn wohl gestern Abend? Jede Wette, sie hat sich mit einem Mann getroffen. Das hätte Jeff nicht gefallen. Das hätte ihm ganz und gar nicht gefallen. Wenn er herausbekommen hätte, dass sie ihm etwas vormacht, dass sie gar nicht die plappernde kleine Unschuld ist… Nun ja, mein Schwiegervater ist ein seltsamer Mensch, ein Mensch von großer Selbstbeherrschung, die aber auch zusammenbrechen kann. Und dann heißt’s aufpassen!»
    Sir Henry sah ihn neugierig an. «Mögen Sie ihn denn nun, oder mögen Sie ihn nicht?»
    «Ich mag ihn sehr – aber ich ärgere mich auch über ihn. Ich will versuchen, Ihnen das zu erklären. Conway

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