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Die Tote in der Bibliotek

Die Tote in der Bibliotek

Titel: Die Tote in der Bibliotek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Ruby ziemlich von ihm angetan war.»
    «Sehr viel versprechend, Harper, sehr viel versprechend.»
    «Klingt aber besser, als es ist, Sir. Basil Blake war an dem Abend auf einem Fest in den Studios. Sie wissen ja. Das fängt um acht mit Cocktails an und geht dann endlos weiter, bis man vor lauter Rauch die Hand nicht mehr vor Augen sieht und einer nach dem anderen umkippt. Inspektor Slack hat Blake verhört: Er ist um Mitternacht gegangen. Um Mitternacht war Ruby aber bereits tot.»
    «Kann das jemand bezeugen?»
    «Die meisten werden wohl ziemlich, äh, hinüber gewesen sein. Aber die, äh, die junge Frau, die zurzeit bei ihm wohnt, Miss Dinah Lee, bestätigt seine Aussage.»
    «Das muss nichts heißen!»
    «Nein, Sir, wahrscheinlich nicht. Die Aussagen anderer Gäste stützen Mr. Blakes Aussage alles in allem zwar ebenfalls, aber die Zeitangaben bleiben doch recht vage.»
    «Wo sind denn diese Studios?»
    «In Lemville, Sir, dreißig Meilen südwestlich von London.»
    «Hm – und etwa gleich weit entfernt von hier?»
    «Ja, Sir.»
    Colonel Melchett rieb sich die Nase und sagte unzufrieden: «Tja, sieht aus, als könnten wir ihn von der Liste streichen.»
    «Vermutlich, ja. Es gibt keinen Beweis dafür, dass er sich ernsthaft für Ruby Keene interessiert hätte. Er scheint ja» – Superintendent Harper hüstelte verschämt – «vollauf beschäftigt mit dieser Dinah Lee.»
    «Also bleibt uns nur ein gewisser X, ein unbekannter Mörder, so unbekannt, dass nicht einmal Slack eine Spur von ihm findet! Oder Jeffersons Schwiegersohn, der das Mädchen möglicherweise umbringen wollte, aber keine Gelegenheit dazu hatte. Die Schwiegertochter dito. Oder George Bartlett, der kein Alibi hat, aber leider auch kein Motiv. Oder der junge Blake, der kein Motiv und obendrein ein Alibi hat. Das ist alles! Halt, nein, wir müssen wohl auch diesen Tänzer mit einbeziehen, diesen Raymond Starr. War ja viel mit dem Mädchen zusammen.»
    «Kann mir nicht vorstellen, dass er sich groß für sie interessiert hat», sagte Harper nachdenklich. «Müsste schon ein verdammt guter Schauspieler sein. Und ein Alibi hat er praktisch auch. Von zwanzig vor elf bis zwölf hat man ihn fast ununterbrochen tanzen sehen, mit verschiedenen Partnerinnen. Ich wüsste nicht, was wir gegen ihn vorbringen könnten.»
    «Genau genommen können wir gegen niemanden etwas vorbringen.»
    «Unsere größte Hoffnung ist George Bartlett. Wenn wir nur ein Motiv fänden!»
    «Haben Sie da nachgeforscht?»
    «Ja, Sir. Einzelkind. Von der Mutter verhätschelt. Hat bei ihrem Tod vor einem Jahr eine Menge Geld geerbt, das er rasant durchbringt. Eher schwach als brutal.»
    «Vielleicht geistesgestört?»
    Superintendent Harper nickte. «Haben Sie schon einmal daran gedacht, Sir – dass das die Erklärung für den ganzen Fall sein könnte?»
    «Ein geistesgestörter Krimineller, meinen Sie?»
    «Ja, Sir. Einer von diesen Kerlen, die herumlaufen und junge Mädchen erwürgen. Die Medizin hat da ein ziemlich langes Wort dafür.»
    «Das würde alle unsere Probleme lösen», sagte Melchett.
    «Aber etwas daran gefällt mir nicht.»
    «Und das wäre?»
    «Es ist zu einfach.»
    «Hm, ja, mag sein. Ich frage also noch einmal: Wo stehen wir?»
    «Nirgends, Sir», erwiderte Superintendent Harper.

Zwölftes Kapitel

I
     
    C onway Jefferson regte sich im Schlaf. Dann dehnte er sich und streckte die Arme, lange, starke Arme, in denen sich seit dem Unfall seine ganze Körperkraft zu konzentrieren schien.
    Durch die Vorhänge schimmerte sanft das Morgenlicht. Jefferson lächelte. So wachte er nach einer ruhigen Nacht stets auf, glücklich, erfrischt, voll neuer Lebenskraft. Ein neuer Tag!
    Er blieb noch eine Weile so liegen, dann drückte er auf die Klingel am Bett. Und plötzlich schlug eine Woge der Erinnerung über ihm zusammen.
    Noch als Edwards auf leisen Sohlen flink eintrat, entrang sich seinem Herrn ein Stöhnen. Edwards hielt inne, die Hand am Vorhang. «Haben Sie Schmerzen, Sir?», fragte er.
    «Nein, nein, nun mach schon auf», gab Jefferson barsch zurück.
    Helles Licht strömte in den Raum. Edwards begriff und vermied es, seinen Herrn anzusehen.
    Conway Jefferson lag mit grimmiger Miene da, erinnerte sich, dachte nach. Er sah Rubys hübsches, nichts sagendes Gesicht vor sich, ohne aber im Geiste das Wort «nichts sagend» zu gebrauchen. «Unschuldig» hätte er sie gestern Abend noch genannt. Ein naives, unschuldiges Kind! Und jetzt?
    Tiefe Mattigkeit überkam ihn. Er

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