Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tote in der Bibliotek

Die Tote in der Bibliotek

Titel: Die Tote in der Bibliotek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
darauf.»
    Mrs. Bantry machte eine Pause und setzte dann wehmütig hinzu: «Und als kleines Kind war er so wonnig!»
    «Letzten Sonntag war ein entzückendes Bild von dem Cheviot-Mörder als Baby in der Zeitung.»
    «O Gott, Jane, du glaubst doch nicht…»
    «Aber nein, meine Liebe, woher denn. Das hieße nun wirklich voreilige Schlüsse ziehen. Ich habe nur überlegt, was die junge Frau hierher geführt haben mag. Sie passt so gar nicht nach St. Mary Mead. Und da kam mir als einzig mögliche Erklärung Basil Blake in den Sinn. Bei ihm finden ja Gesellschaften statt. Mit Gästen aus London, Leuten vom Film – weißt du noch letzten Juli? Geschrei, Gesang, ein fürchterlicher Lärm, alle sturzbetrunken, und das Chaos und die Scherben am nächsten Morgen – ich weiß es von der alten Mrs. Berry –, unvorstellbar geradezu, und in der Badewanne hat eine junge Frau geschlafen, mit praktisch nichts am Leib!»
    «Das werden Filmleute gewesen sein», meinte Mrs. Bantry nachsichtig.
    «Höchstwahrscheinlich. Und dann – du hast es ja bestimmt gehört –, vor ein paar Wochen, da hat er eine junge Frau hierher gebracht, eine Platinblonde.»
    «Du meinst, das ist sie?», rief Mrs. Bantry.
    «Ich überlege gerade… Aus der Nähe hab ich sie nie gesehen, nur wenn sie mit dem Auto angekommen oder weggefahren ist, und einmal, als sie sich im Garten gesonnt hat, nur in Shorts und Büstenhalter. Ihr Gesicht konnte ich nicht genau sehen. Sie schauen ja auch alle gleich aus, diese Mädchen mit ihrem Makeup, ihren Frisuren und ihren lackierten Fingernägeln.»
    «Stimmt. Aber immerhin – eine Möglichkeit wäre es, Jane.»

Zweites Kapitel

I
     
    E ine Möglichkeit, die auch Colonel Melchett und Colonel Bantry gerade erörterten. Der Chief Constable hatte die Leiche in Augenschein genommen, seine Leute mit den üblichen Untersuchungen beauftragt und sich dann mit dem Hausherrn in dessen Arbeitszimmer im anderen Flügel des Hauses begeben.
    Colonel Melchett war ein reizbar wirkender Mann, der die Angewohnheit hatte, an seinem kurzen roten Schnurrbart zu zupfen. Das tat er auch jetzt. Er warf seinem Freund einen besorgten Seitenblick zu und platzte schließlich heraus:
    «Hör mal, Bantry, ich muss das einfach loswerden. Du hast also wirklich keine Ahnung, wer das Mädchen ist?»
    Colonel Bantry wollte aufbrausen, doch Melchett kam ihm zuvor.
    «Schon gut, schon gut, alter Junge, aber sieh’s mal so: Könnte verdammt unangenehm für dich werden – verheirateter Mann, versteht sich gut mit seiner besseren Hälfte und so weiter. Ganz unter uns: Solltest du doch etwas mit dem Mädchen zu tun haben, sag’s lieber gleich. Ist nur natürlich, dass man mit so etwas nicht gern herausrückt – ginge mir ganz genauso. Wird aber nicht zu umgehen sein. Ist immerhin ein Mordfall, mit dem wir’s hier zu tun haben. Früher oder später kommen die Fakten ja doch ans Licht. Verflucht noch mal, ich sage ja nicht, dass du das Mädchen erwürgt hast. Dass du so was nie tun würdest, ist mir klar. Aber sie ist nun mal hier, in deinem Haus. Angenommen, sie ist in die Bibliothek eingestiegen und hat auf dich gewartet, und irgendein Kerl ist ihr gefolgt und hat sie umgebracht. Könnte doch sein. Verstehst du, was ich meine?»
    «Zum Teufel, Melchett, ich sage doch, ich habe sie noch nie gesehen! Ich bin nicht so einer.»
    «Schon gut, schon gut, war nicht so gemeint. Ich weiß, du bist ein Mann von Welt. Aber trotzdem: Was hatte sie dann bei dir zu suchen? Von hier ist sie nicht, so viel steht fest.»
    «Ein Alptraum ist das!», schnaubte der erzürnte Hausherr.
    «Die Frage ist: Was hatte sie in deiner Bibliothek zu suchen?»
    «Woher soll ich das wissen? Ich habe sie nicht hergebeten.»
    «Ja, sicher, aber sie ist nun mal da. Sieht aus, als hätte sie zu dir gewollt. Du hast nicht irgendwelche merkwürdigen Briefe bekommen oder so?»
    «Nein.»
    «Was hast du gestern Abend gemacht?», forschte Colonel Melchett behutsam weiter.
    «Ich war bei der Versammlung der Konservativen Gesellschaft. Um neun, in Much Benham.»
    «Und wann bist du zurückgekommen?»
    «Ich bin um kurz nach zehn dort los. Hatte unterwegs eine kleine Panne, musste ein Rad wechseln. Um Viertel vor zwölf war ich wieder hier.»
    «In der Bibliothek bist du dann nicht mehr gewesen?»
    «Nein.»
    «Schade.»
    «Ich war müde. Bin gleich ins Bett.»
    «Hat hier im Haus jemand auf dich gewartet?»
    «Nein. Ich nehme immer den Schlüssel mit. Lorrimer geht um elf schlafen, wenn ich

Weitere Kostenlose Bücher