Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tote ohne Namen

Die Tote ohne Namen

Titel: Die Tote ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
dem MP.
    Sie gingen ein paar Schritte weg von mir und redeten miteinander, aber ich konnte nicht hören, was sie sagten. Der MP kehrte zurück zu seinem kleinen Wagen, schaltete das Blaulicht aus und fuhr davon.
    »Danke«, sagte Wesley zu dem Wächter. »Komm«, wandte er sich an mich, und ich folgte ihm.
    Er fuhr nicht auf den Parkplatz, den ich normalerweise benutzte, sondern zu reservierten Plätzen hinter dem Jefferson. Es stand nur ein Auto dort, das von Marino, wie ich erkannte. Ich stieg aus.
    »Was geht hier vor?« fragte ich, mein Atem war wie Rauch in der kalten Luft.
    »Marino ist hier.«
    Ich spürte, daß etwas passiert war.
    »Wo ist Lucy?« fragte ich sofort.
    Er reagierte nicht auf meine Frage, als er seine Karte in den Schlitz schob und eine Tür öffnete.
    »Wir müssen miteinander reden«, sagte er.
    »Nein.« Ich wußte, was er meinte. »Ich mache mir zu große Sorgen.«
    »Kay, ich bin auf deiner Seite.«
    »Es hatte manchmal den gegenteiligen Anschein.«
    Wir gingen schnell zu Fuß, statt den Aufzug zu nehmen.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich liebe dich, und ich weiß nicht, was ich tun soll.«
    »Ich weiß. Und ich weiß auch nicht, was ich tun soll. Ich wünschte, jemand würde es mir sagen. Aber so, wie es jetzt ist, will ich es nicht, Benton. Ich will, daß es wieder so ist, wie es früher war, aber wie es jetzt ist, will ich es nie wieder.«
    Er schwieg eine Weile. »Lucy hat es geschafft«, sagte er schließlich. »Das HRT ist im Einsatz.«
    »Dann ist sie also hier«, sagte ich erleichtert.
    »Sie ist in New York. Und wir sind dorthin unterwegs.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Wir gingen einen langen Korridor entlang und an Zimmern vorbei, in denen Spezialisten für Verhandlungen mit Geiselnehmern ihre Tage verbrachten, wenn sie nicht irgendwo unterwegs waren und versuchten, Terroristen oder Flugzeugentführer zum Aufgeben zu überreden.
    »Ich verstehe nicht, warum sie in New York ist«, wiederholte ich genervt. »Warum habt ihr sie dorthin geschickt?«
    Wir betraten sein Büro, in dem Marino in einer Einkaufstasche kramte. Neben ihm auf dem Boden lagen ein Rasierbeutel und drei geladene Magazine für seine Sig Sauer. Er suchte nach etwas und blickte dann auf zu mir.
    »Kannst du dir das vorstellen?« sagte er zu Wesley. »Ich habe meinen Rasierer vergessen.«
    »Die kann man in New York kaufen«, erwiderte Wesley. Er blickte grimmig drein.
    »Ich war in South Carolina«, sagte ich, »und habe mit den Gaults gesprochen.«
    Marino hielt inne und starrte mich an. Wesley setzte sich an seinen Schreibtisch.
    »Ich hoffe nur, daß sie nicht wissen, wo ihr Sohn wohnt«, sagte er.
    »Sie wissen es nicht.« Ich sah ihn neugierig an.
    »Vielleicht ist es auch egal.« Wesley rieb sich die Augen. »Ich will nur nicht, daß jemand ihm einen Tip gibt.«
    »Dann konnte Lucy ihn also lange genug in der Leitung halten«, sagte ich.
    Marino stand auf und setzte sich auf einen Stuhl. »Der Irre hat 'ne Bude direkt am Central Park.«
    »Wo?« fragte ich.
    »Das Dakota Building.«
    Ich dachte an Heiligabend im Central Park. Gault hatte uns womöglich beobachtet. Womöglich hatte er von seiner Wohnung aus die Scheinwerfer sehen können.
    »Er kann sich das Dakota nicht leisten«, sagte ich.
    »Erinnerst du dich an seinen gefälschten Führerschein?« fragte Marino. »Der italienische Name? Benelli?«
    »Ist es seine Wohnung?«
    »Ja«, sagte Wesley. »Mr. Benelli ist anscheinend der Erbe eines beträchtlichen Familienvermögens. Die Hausverwaltung hat angenommen, daß der derzeitige Bewohner - Gault - ein Verwandter aus Italien ist. Außerdem stellen sie sowieso kaum Fragen, und er hat mit Akzent gesprochen. Dazu kommt, daß Mr. Benelli nicht die Miete zahlt. Sondern sein Vater in Verona.«
    »Willst du ins Dakota und Gault schnappen?« fragte ich. »Ist das nicht die Aufgabe des HRT?«
    »Nein. Das ist zu riskant«, sagte Wesley. »Wir sind nicht im Krieg, Kay. Wir wollen keine Toten, und das Gesetz bindet uns die Hände. Im Dakota wohnen Menschen, die verletzt werden könnten. Wir wissen nicht, wo Benelli ist. Er könnte in der Wohnung sein.«
    »Ja, in einem Plastiksack in einem Seemannskoffer«, sagte Marino.
    »Wir wissen, wo Gault sich aufhält, und überwachen das Gebäude. Aber Manhattan ist nicht gerade der ideale Ort, um ihn dingfest zu machen. Zu viele Menschen. Wenn es zu einer Schießerei kommt - und da kann man noch so gut zielen -, wird mit Sicherheit jemand getroffen. Jemand wird

Weitere Kostenlose Bücher