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Die Tote ohne Namen

Die Tote ohne Namen

Titel: Die Tote ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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sich zunehmend, und die Fahrt zurück zur Akademie verbrachten alle in angespanntem Schweigen, bis auf Marino, der unerbittlich versuchte, Janet in ein Gespräch zu verwickeln. Nachdem wir Lucy und sie abgesetzt hatten, explodierte ich.
    »Um Himmels willen, was ist bloß in dich gefahren?«
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
    »Du warst ekelhaft. Einfach ekelhaft. Und du weißt genau, wovon ich spreche.«
    Er raste durch die Dunkelheit auf der J. Ed gar Hoover Road, fuhr auf die Autobahn zu und suchte nach einer Zigarette.
    »Janet wird nie wieder etwas mit dir zu tun haben wollen«, fuhr ich fort. »Und ich kann nur zu gut verstehen, wenn auch Lucy dich in Zukunft meiden wird. Und das ist eine Schande. Ihr beide wart Freunde geworden.«
    »Nur weil ich ihr Schießunterricht gegeben habe, sind wir noch lange keine Freunde«, sagte er. »Wenn du mich fragst, ist sie eine verwöhnte Ratte und eine Klugscheißerin. Ganz zu schweigen davon, daß sie nicht mein Typ ist und ich überhaupt nicht verstehe, warum du sie die Dinge tun läßt, die sie tut.«
    »Was für Dinge?« fragte ich und ärgerte mich noch mehr über ihn.
    »Hatte sie jemals was mit einem Kerl?« Er blickte zu mir. »Ich meine, nur ein einziges Mal?« »Ihr Privatleben geht dich nichts an«, erwiderte ich. »Es hat keinerlei Relevanz für dein Benehmen heute abend.«
    »Quatsch. Wenn Carrie nicht Lucys Freundin gewesen wäre, dann wäre wahrscheinlich nie in die ERF eingebrochen worden, und Gault würde nicht in unserem Computer herumspazieren.«
    »Das ist eine absolut lächerliche, völlig unbegründete Behauptung. Ich denke, daß Carrie ihre Mission durchgeführt hätte, gleichgültig, ob Lucy Teil des Szenarios war oder nicht.«
    »Ich sage dir«, er blies Rauch aus dem einen Spaltbreit offenen Fenster, »Lesben ruinieren diesen Planeten.« »Gott steh mir bei. Du klingst wie meine Schwester.«
    »Ich denke, du solltest Lucy irgendwo hinschicken, wo man ihr helfen kann.«
    »Marino, hör sofort auf. Deine Anschauungen zeugen von absoluter Ignoranz. Sie sind indiskutabel. Meiner Nichte gefallen Frauen besser als Männer. Was ist daran für dich so bedrohlich?«
    »Es ist überhaupt nicht bedrohlich. Es ist nur unnatürlich.« Er warf die Zigarettenkippe aus dem Fenster, ein winziges Geschoß, das in der Nacht verglühte. »Aber es ist nicht so, daß ich es nicht verstehe. Es ist eine bekannte Tatsache, daß eine Menge Frauen lesbisch werden, weil sie nichts Besseres finden.«
    »Ich verstehe. Eine bekannte Tatsache. Gilt das auch für Lucy und Janet?«
    »Deswegen denke ich, daß sie Hilfe brauchen. Weil es noch Hoffnung für sie gibt. Die könnten doch an jedem Finger zehn Kerle haben. Besonders Janet, so wie die gebaut ist. Wenn ich nicht soviel zu tun hätte, würde ich mal mit ihr ausgehen.«
    »Marino«, sagte ich. Ich war todmüde. »Laß sie in Ruhe. Du setzt alles daran, daß man dich nicht mag und dich brüskiert. Du setzt alles daran, dich zum Idioten zu machen. Die Janets dieser Welt werden nicht mit dir ausgehen.«
    »Pech für sie. Wenn sie nur die richtigen Erfahrungen machen würde, dann würde sie vielleicht wieder richtig herum werden. Was Frauen miteinander tun, ist in meinen Augen nicht das Wahre. Sie haben ja keine Ahnung, was sie versäumen. «
    Der Gedanke, daß Marino sich als Experten für die sexuellen Wünsche von Frauen betrachtete, war so absurd, daß ich meinen Zorn vergaß. Ich mußte laut lachen.
    »Ich mag Lucy, okay?« fuhr er fort. »Ich fühle wie ein Onkel für sie. Ihr Problem ist, daß sie nie unter Männern war. Ihr Vater ist gestorben. Du bist geschieden. Sie hat keine Brüder, und ihre Mutter geht mit irgendwelchen Trotteln ins Bett.«
    »Das ist richtig«, sagte ich. »Ich wünschte, Lucy hätte einen positiven männlichen Einfluß erlebt.«
    »Ich garantiere dir, wenn sie den gehabt hätte, wäre sie nicht schwul geworden.«
    »Das ist ein unschönes Wort. Und wir wissen nicht wirklich, warum die Menschen werden, wie sie werden.«
    »Erklär's mir. Erkläre mir, was schiefgelaufen ist.«
    »Zuerst einmal sage ich nicht, daß überhaupt etwas schiefgelaufen ist. Vielleicht spielt bei der sexuellen Orientierung ein genetischer Faktor eine Rolle. Vielleicht auch nicht. Aber entscheidend ist, daß es egal ist.«
    »Es ist dir also gleichgültig.«
    Ich dachte kurz darüber nach. »Es ist mir nicht gleichgültig, weil es eine schwierigere Art zu leben ist«, sagte ich.
    »Und das ist alles?« sagte er

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