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Die Tote ohne Namen

Die Tote ohne Namen

Titel: Die Tote ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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skeptisch. »Ich meine, es wäre dir nicht lieber, wenn sie mit einem Mann zusammen wäre? «
    Wieder zögerte ich. »Ich glaube, im Augenblick will ich nur, daß sie mit guten Menschen zusammen ist.«
    Er fuhr eine Weile schweigend. »Tut mir leid wegen heute abend. Ich weiß, daß ich mich wie ein Idiot benommen habe.«
    »Es ist nett, daß du dich entschuldigst«, sagte ich.
    »Tja, um der Wahrheit die Ehre zu gehen, im Moment stehen die Dinge für mich persönlich nicht zum besten. Mit Molly und mir lief alles prima, bis ungefähr vor einer Woche Doris angerufen hat.«
    Ich war nicht sonderlich überrascht. Abgelegte Ehegatten und Liebhaber haben so ihre Art, unvermutet wieder auf der Bildfläche zu erscheinen.
    »Scheint so, als hätte sie von Molly erfahren, weil Rocky irgendwas gesagt hat. Jetzt will sie plötzlich wieder zu mir zurück. Will wieder mit mir zusammenleben.«
    Als Doris ihn verlassen hatte, war Marino am Boden zerstört gewesen. Aber zu jenem Zeitpunkt in meinem Leben glaubte ich zynischerweise nicht, daß zerbrochene Beziehungen wie gebrochene Knochen wieder zusammengeflickt und geheilt werden können. Er zündete sich erneut eine Zigarette an. Ein Auto überholte uns. Ein anderes fuhr nahe auf, blendete uns mit seinen Scheinwerfern.
    »Molly war nicht gerade glücklich«, fuhr er unter Mühen fort. »Tatsache ist, daß wir uns seither nicht mehr so recht verstehen. Und es war nur gut, daß wir Weihnachten nicht zusammen verbracht haben. Außerdem glaube ich, daß es jemand anderen gibt. Dieser Sergeant, den sie kennengelernt hat. Tja, wer hätte das gedacht. Ich hab sie einander vorgestellt.«
    »Das tut mir wirklich leid.« Ich sah zu ihm hinüber und dachte, daß er gleich in Tränen ausbrechen würde. »Liebst du Doris immer noch?« fragte ich leise.
    »Himmel, woher soll ich das wissen? Ich weiß es nicht.
    Frauen könnten genausogut von einem anderen Planeten stammen. Verstehst du? So wie heute abend. Ich mache alles falsch.«
    »Das stimmt nicht. Wir sind jetzt seit Jahren Freunde. Da mußt du irgendwas richtig machen.«
    »Du bist die einzige Frau, mit der ich befreundet bin«, sagte er. »Aber du bist auch wie ein Kerl.«
    »Vielen Dank.«
    »Ich kann mit dir wie mit einem Mann reden. Und du weißt, was du tust. Du hast Karriere gemacht, nicht etwa weil du eine Frau bist. Verdammt noch mal...«, er blinzelte in den Rückspiegel, rückte ihn zurecht, damit die Scheinwerfer nicht mehr so blendeten, »du hast Karriere gemacht, obwohl du eine Frau bist.«
    Wieder blickte er in den Spiegel. Ich wandte mich um. Ein Wagen berührte beinahe unsere Stoßstange, die hohen Scheinwerfer blendeten. Wir fuhren 70 Meilen.
    »Das ist merkwürdig«, sagte ich. »Er hat doch genug Platz, um uns zu überholen.«
    Es herrschte kaum Verkehr. Es gab keinen Grund, warum jemand so nah auffahren sollte, und ich dachte an den Unfall im letzten Herbst, als Lucy meinen Mercedes zu Schrott gefahren hatte. Auch ihr hatte sich jemand an die Stoßstange gehängt. Ich hatte plötzlich Angst.
    »Kannst du sehen, was für ein Auto es ist?« fragte ich.
    »Sieht aus wie ein Z. Vielleicht ein alter 280 Z, irgend so was.«
    Er griff unter den Mantel, zog seine Pistole aus dem Holster, legte sie in seinen Schoß, ohne den Blick vom Spiegel zu nehmen. Ich drehte mich wieder um und sah die dunkle Form eines Männerkopfes. Der Fahrer starrte uns unverwandt an.
    »Okay«, knurrte Marino. »Mir reicht's.« Und er trat kräftig auf die Bremse.
    Der Wagen schoß laut hupend an uns vorbei. Es war ein Porsche, und der Fahrer war schwarz.
    »Hast du noch immer diesen Konföderierten-Aufkleber auf der Stoßstange?« fragte ich Marino. »Der aufleuchtet, wenn Scheinwerfer ihn anstrahlen?« »Ja, habe ich.« Er steckte die Pistole zurück ins Holster. »Vielleicht solltest du ihn entfernen.«
    Wir sahen nur noch die winzigen Rücklichter des Porsche. Ich dachte an Chief Tucker, der Marino zu einem Kurs in multikultureller Toleranz schicken wollte. Ich war mir nicht sicher, ob es etwas nützen würde, wenn Marino den Rest seines Lebens in diesem Kurs verbrächte.
    »Morgen ist Donnerstag«, sagte er. »Ich muß aufs Revier, mich erkundigen, ob noch irgend jemand weiß, daß ich dort arbeite.«
    »Was ist mit Sheriff Santa?«
    »Nächste Woche findet eine erste Anhörung statt.«
    »Er sitzt im Gefängnis, oder?«
    »Nein. Er wurde gegen Kaution freigelassen. Wann mußt du als Geschworene antreten?« »Am Montag.«
    »Vielleicht kannst du

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