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Die tote Schwester - Kriminalroman

Die tote Schwester - Kriminalroman

Titel: Die tote Schwester - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Brueggenthies
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noch viel mehr über seinen Vater als seine Schwester.
    Tom lachte.
    »Ja, selbstverständlich. Er hat die Galerie in New York gegründet. Damals im SoHo, einige Jahre bevor es dort wirklich hip wurde. Das war die Zeit, wo alles anders wurde.«
    »Inwiefern anders?«
    »Die Moderne, der Abstrakte Expressionismus – wie wir ihn heute nennen, später die Pop-Art … Mein Vater war Teil von dem allen. Wobei ihm ursprünglich die Klassische Moderne näher war. Eine Zeit lang hat er sich dagegen gewehrt, dann ging es nicht mehr anders. Für mich ist es die wahre Revolution des letzten Jahrhunderts.«
    Zbigniew verstand nur die Hälfte, aber das war im Prinzip auch egal. Er hatte in der Ferne, in der Ecke des Lichthofs, das leuchtende Schild einer amerikanischen Whiskeymarke erspäht. Eigentlich wäre so ein Drink nun genau das Richtige, nicht der Rotwein, der ihm nicht schmeckte.
    Nein, erst später.
    »Und ich dachte immer, er sei Arzt gewesen«, hörte er sich sagen.
    Er spürte, wie Tonia ihn tadelnd ansah. Sie hatte recht; wenn er etwas erfahren wollte, sollte er nicht mit so naseweisen Provokationen anfangen.
    Scheiß drauf.
    »In Deutschland, vorher, ja. Ich sehe, Sie wissen eine Menge. Mein Vater hat uns auch viel von Deutschland erzählt. Wie schlimm es war.«
    Zbigniew sah ihn an. Er hatte das Gefühl, dass Tom Streithoff sich nun ein wenig unsicher fühlte.
    Es war egal, beschloss Zbigniew. Heute war alles egal.
    »Können wir ehrlich reden? Frei heraus?«, fragte er.
    Tom Streithoff sah ihn an. Vermutlich überlegte er gerade, was für Fragen dies nach sich ziehen würde. Fragen nach der Vergangenheit, auf die er am heutigen Abend vermutlich überhaupt keine Lust hatte?
    »Ja. Warum nicht. – Sie sind Polizist, oder? Meine Schwester hat mir gesagt, dass Sie Polizist sind. Mein Schwager Greg ist auch Polizist, da hört man auch gleich einen anderen Ton heraus, wenn der umschwenkt.«
    Tom grinste ein wenig, aber nicht lange.
    »Ich recherchiere gerade ein wenig zur Schwester von Samuel Weissberg, den kennen Sie vielleicht.«
    »Ja, flüchtig.«
    Zbigniew spürte, wie sich etwas bei Tom Streithoff zuzog. Ein winziges Stückchen Bereitschaft, über Dinge zu sprechen, verschwand.
    Er hatte es nicht gut angefangen. Aber jetzt musste er da durch.
    »Bei den Recherchen stoße ich immer wieder auf den Namen Ihres Vaters. Paul Streithoff, erfolgreicher Arzt im Dritten Reich, der aber offenbar für seinen Freund Gideon Weissberg alles getan hat. Irgendwie kommt mir das alles … lassen Sie es mich vorsichtig formulieren … sehr widersprüchlich vor. Was seine Zeit im Nazideutschland anging.«
    Tom verharrte, musste sich vermutlich erst mal darauf einstellen, dass das Gespräch nun noch stärker in diese Richtung ging. Er nahm einen Schluck Wein, Zbigniew tat es ihm nach.
    »Das kann sein«, sagte Tom Streithoff schließlich. »Ich war leider nicht dabei.«
    Zbigniew ärgerte sich über die ironische Antwort, aber nicht lange. Er beschloss, Tom volle Breitseite zu geben.
    »Ihr Vater war der Arzt einiger höherer Nazis. Das ist Ihnen schon bekannt, oder?«
    »Ja, natürlich. – Hören Sie, müssen wir das hier bereden? Also, nicht dass ich darüber nicht reden will, aber es muss ja nicht ständig über diese Vergangenheiten geredet werden. Auf einer Ausstellungseröffnung. Nach über sechzig Jahren, das ist ja jetzt irgendwie auch mal vorbei und die Leute sind ja hier, um Geschäfte zu machen oder sich zu amüsieren.«
    »Gut. Gibt es hier irgendeinen ruhigen Raum?«
    »Können wir das nicht morgen … «
    »Ich bin extra deswegen gekommen, und Ihre Schwester hatte mir zugesagt, dass wir darüber reden.«
    »Dann sollten Sie vielleicht lieber mit meiner Schwester reden als mit mir. Ich bin hier, um Geschäfte zu machen und mit Kunden zu trinken, nicht um darüber zu reden, was mein Vater vor Ewigkeiten gemacht hat.«
    »Ich wollte auch gar nicht über die bösen Dinge reden, die er vielleicht gemacht hat, sondern über die guten.«
    Tom Streithoff wirkte irritiert. Zbigniew nahm einen Schluck Wein.
    In diesem Moment drängte sich Delia Johannsen zwischen die beiden Männer. Zbigniew spürte, wie Tonia sie misstrauisch beäugte.
    »Oh, es tut mir so leid«, flötete Delia auf Englisch, »es hat wieder einmal so lange gedauert. Aber ich sehe, ihr habt euch gut unterhalten?«
    Tom und Zbigniew nickten in seltsamer Einmütigkeit.
    »Bestens«, sagte Tom.
    Tonia warf Zbigniew einen Blick zu, der andeutete, dass er das

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