Die tote Stadt: Frankenstein 5: Roman (German Edition)
Sandkörner davon abprallten. Mehrfach blickte er auf den Trailblazer zurück und erwartete, dass dieser rückwärts aus der Hecke herausfuhr oder bereits hinter ihm her war, von etwas gefahren, worüber niemand einen Song geschrieben hätte, zumindest keinen Song von der Sorte, die Rusty schrieb. Aber das Geländefahrzeug rührte sich nicht vom Fleck, und er sagte sich, die blonde Teufelin bräuchte vielleicht eine Weile, um all diese Menschen zu verdauen.
Das musste der verrückteste Gedanke sein, der ihm jemals durch den Kopf gegangen war, aber er wusste, dass ihn seine Augen nicht getäuscht hatten. Fakten waren Fakten, und sie passten so zusammen, wie sie es taten, nicht so, wie man es sich wünschte. Es gab eine unbestreitbar richtige Methode, perfekte Schwalbenschwanzverbindun gen für eine Kommode herzustellen, und es ließ sich nicht bestreiten, dass die Blondine nicht wirklich eine Frau war, sondern irgendeine neue Form von gefräßigem Raubtier. Filme richteten einen darauf ab, an Aliens zu denken. Vielleicht war es das, was sie war, aber im Moment spielte es keine Rolle, was sie war. Was dagegen eine Rolle spielte, war, ob sich noch mehr von ihrer Sorte in der Nähe aufhielten, und wenn ja, wie viele.
Eine Salve von Schüssen aus einem Haus auf der linken Straßenseite beantwortete seine Frage teilweise. Das Schnell feuer der halbautomatischen Waffe zerschmetterte eine Fensterscheibe im ersten Stock, und Glas flog auf die Schnee decke des Vordachs über der Veranda. Niemand schrie dort oben, aber durch den Teil des Raumes, den Rusty sehen konnte, schwärmten aberwitzige Schatten. Nicht mehr als zwei Schüsse, die der ersten Salve folgten, gaben einen Hinweis darauf, dass entweder der Schütze oder die Ziel scheibe seinem Gegenüber unterlegen war, wobei Letzteres unwahrscheinlich schien.
Rusty war gut in Form; er hatte sich nach dem Krieg fit gehalten, und er konnte eine Meile rennen und dabei so entspannt und gleichmäßig atmen, als durchquerte er lediglich ein Zimmer. Aber jetzt rang er keuchend nach Luft, und sein Herz hämmerte, als hätte er einen halben Marathonlauf hinter sich gebracht. Er wollte leben, aber er wollte auch, dass Corrina am Leben blieb, und was das Uhrwerk seiner Furcht bis zum Anschlag aufzog, war der Gedanke, sie möglicherweise zu verlieren.
Von Westen her ertönte ein weiterer Schrei, ein gutes Stück entfernt und zu schwach, um ihn zu orten. Dann mehr als nur ein Schrei, drei oder vier, irgendwo von Osten her, vielleicht aus der Parallelstraße. Als Rusty die nächste Kreuzung erreichte, rasten zwei große Schäferhunde so lautlos wie Geisterhunde durch die Querstraße. Ihr Schrecken war zu groß, als dass sie hätten bellen können, und sie flohen vor etwas, womit es nicht einmal Hunde von ihrer Größe und ihrem legendären Mut aufzunehmen wagten.
Als er kurz nach den Hunden über die Kreuzung rannte, sah Rusty weit im Osten etwas am Himmel pulsieren. Anfangs war es nur ein mattes gelbes Licht, aber plötzlich wurde es heller und färbte sich orange. Es war kein Mutterschiff, das mit weiteren Elitesoldaten wie dem herabsank, der den Trailblazer angegriffen hatte, ja überhaupt kein Objekt, sondern ein Feuer, das von der tiefen Wolkendecke und dem fallenden Schnee reflektiert wurde. Etwas brannte dort drüben. Danach zu urteilen, wie sich der Schein ausbreitete, musste es ein großes Gebäude sein.
Gerade eben war er noch an einem Abend, der wie jeder andere war, durch den Schnee nach Hause gelaufen, und im nächsten Moment standen die Höllentore offen, und die Welt war voller Dämonen. Er wusste, dass andere Orte Höllen und potenzielle Höllen waren, aber doch nicht Mon tana! Anderswo auf der Welt war Wahnsinn in tausend Spiel arten an der Tagesordnung, aber doch nicht hier.
Corrina Ringwald wohnte im vorletzten Haus dieses Straßenzugs auf der rechten Seite. Man brauchte es sich bloß anzusehen: nicht herrschaftlich und doch schön, mit Liebe und Sorgfalt erbaut und mit Stolz instandgehalten, nicht nur ein Haus, sondern ein Zuhause , wie geschaf fen für Liebe und Familie . Kein Haus, in dem ein Norman Bates oder Charles Manson leben würde, kein Haus, in dem jemals Böses geschehen sollte, doch es konnte passieren. Man musste immer daran denken, dass üble Dinge passieren konnten.
Das Licht auf der Veranda brannte, bernsteinfarbene Scheiben in einer kupfernen Lampe, ihre Einladung, die ihm galt. Sie hatte für sie beide ein Abendessen zubereitet. Er hörte Musik
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