Die tote Stadt: Frankenstein 5: Roman (German Edition)
denken. Es ging so weit, dass ich an nichts anderes mehr denken konnte, also habe ich sie ausgezogen und sie gebügelt, und als sie perfekt gebügelt waren, habe ich sie wieder angezogen. Aber wisst ihr, was dann passiert ist? Ich habe kaum etwas getan, nur ein bisschen weitergefegt, und ich konnte schon wieder die ersten Knitterfalten sehen. Ich musste mich ausziehen und die Sachen bügeln, und dann waren sie wieder faltig, also habe ich sie ausgezogen und sie gebügelt und sie nicht wieder angezogen, sondern sie einfach nur aufgehängt, damit sie knitterfrei bleiben.«
»Hat Warren Ersatzschlüssel für das Funkhaus? Wo bewahrt er sie auf?«
Während sie die Fugen zwischen den Bodenfliesen energisch schrubbte, sagte Kommunitaristin Judy: »Ich weiß es nicht. Ich habe keinen Download der Erinnerungen von dem blöden Miststück vorgenommen. Das war nicht nötig, weil ich nicht als das blöde Miststück durchgehen musste, außer als ich ihrem bescheuerten Sohn eine Falle gestellt habe, damit sein Replikant ihn sich vornehmen kann.«
Jarmillo kehrte ins Wohnzimmer zurück, während Deputy Nevis dablieb, um Judy zuzusehen, wie sie den Boden schrubbte.
»Warren«, sagte der Polizeichef zu dem Hauptgeschäfts führer von KBOW , »haben Sie Ersatzschlüssel für das Funk haus?«
Warren Snyders Mund zitterte, doch er antwortete nicht.
»Sie können es nicht vermeiden, mir zu antworten«, sagte Jarmillo. »Sie haben nicht den Willen, sich zu widersetzen.«
Stockend sagte ihm Warren, wo er die Schlüssel finden konnte. Sie lagen in einer Küchenschublade mit allerlei nützlichem Krimskrams.
Als Polizeichef Jarmillo in die Küche zurückkehrte, war Deputy Nevis auf allen vieren und benutzte einen Schwamm, um Judy beim Säubern der Böden zu helfen.
»Was tust du da?«, fragte Jarmillo.
»Effizienz ist die einzige Tugend«, sagte Nevis. »Die einzige Sünde ist Ineffizienz. In einer unordentlichen Umgebung ist Effizienz nicht möglich.«
»Ja, aber das ist nicht deine Umgebung. Steh auf und komm mit mir.«
Die Schublade mit dem Krimskrams enthielt zahlreiche Schlüssel. Zum Glück waren sie mit Etiketten versehen, wenn die Beschriftung auch nicht konsequent war. Inner halb von neunundvierzig Sekunden fand der Polizeichef die Schlüssel zum Funkhaus. In einer aufgeräumten Schub lade hätte er sie binnen einer Sekunde herausgegriffen. Er war in Versuchung, hier Ordnung zu schaffen, aber dann schloss er die Schublade.
Deputy Kurt Nevis, der Polizeichef Jarmillo als Kom munitarist in jeder Hinsicht gleichgestellt war, beschloss, ihn nicht zum Sender zu begleiten, sondern im Haus der Snyders zu bleiben, um die Sockelleisten zu schrubben. Ihm war aufgefallen, dass sie dringend seiner Aufmerk samkeit bedurften.
60.
Als Deucalion vom Parkplatz der St. Bartholomew’s Abbey fuhr und im selben Moment in die Auffahrt zum Haus der Samples’ einbog, erwartete ihn Carson O’Connor. Sie hielt ihn vom Aussteigen ab und sprach durch die offene Tür mit ihm.
»Wir haben nur drei neue Kinder hier. Michael sorgt für ihre Unterhaltung. Die große Neuigkeit kommt vom Rund funksender. Es ist zu einem gescheiterten Angriff auf das Funkhaus gekommen. Sie haben einen FBI -Agenten ge mein sam mit Mason Morrell auf Sendung, einen Typen, der Frost heißt. Und sie sagen, sie hätten einen von Victors neuem Volk dort, er sei auf unsere Seite übergelaufen.«
In Deucalions Augen pulsierte das Licht eines anderen Ortes, einer anderen Zeit.
Sie erinnerte sich daran, wie sie diese Augen in New Orleans das erste Mal gesehen hatte, in Bobby Allwines Woh nung, wo alles schwarz war – der Fußboden, die Wände, die Decke, die Einrichtung. Damals hatte sie sich sehr vor Deucalion in Acht genommen, aber gefürchtet hatte sie sich nicht vor ihm, weil sie niemals jemandem die Genugtuung gönnen würde, sie durch Furcht zu beherrschen. In ihren Argwohn hinein hatte er gesagt: »Ich bin nicht mehr das Monster. Ich bin Ihre größte Chance.« In dem Punkt hatte er recht gehabt, und seine Worte entsprachen immer noch der Wahrheit.
Als er jetzt vom Fahrersitz des Lieferwagens aus auf sie hinunterblickte, sagte er: »Der Moment ist gekommen, Carson. Wir bereiten der Sache nun ein Ende, bereiten ihm ein Ende. Ich habe gute ... Gründe zu glau ben, dass heute sein letzter Tag ist. Und nur für den Fall, dass er mich oder dich und Michael oder uns alle mitreißt, während wir ihn ausschalten – es war mir eine Ehre, euch beide zu kennen und euer Freund
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