Die tote Stadt: Frankenstein 5: Roman (German Edition)
jeder Menge plastischer Chirurgie und Botox. Nachdem sie ins Licht getreten war und Rusty einen Moment Zeit gelassen hatte, ihre kör perliche Perfektion zu bewundern, sackte ihre Nase in ihren Schädel, ihr Gesicht runzelte sich um das Loch herum und klappte dann nach innen, und ihr Kopf versank im Stumpf ihres Halses.
Während Rusty versuchte, sich an seine Zurechnungsfähigkeit zu klammern, läutete hinter ihm wieder die Türglocke.
Das Gesicht der Brünetten bildete sich im Unterleib ihres kopflosen Körpers, und ihre Brüste wirkten jetzt wie Hörner auf ihrer Stirn. Ihre Augen waren grün und grimmig, und ihre Stimme war verführerisch und triumphierend zugleich, als sie sagte: »Ich bin dein Baumeister.«
Während Deucalion ihn an den Schultern gepackt hält, ist sich Victor seiner Macht über den Riesen gewiss, aber er entschließt sich dennoch, seine Taktik zu ändern.
»Weshalb solltest du ihresgleichen verteidigen? Du bist über sie erhaben. Sie gehören alle derselben Gattung an, alle Menschen, und doch hassen sie einander, sie verschwören sich gegeneinander, sie bekriegen sich gegenseitig.«
»Aber manche sind bereit, für andere zu sterben«, sagt Deucalion.
»Ja, in etwas, was sich Pflichterfüllung nennt, und aus etwas, was sich Liebe nennt. Dabei handelt es sich um Konzepte, nicht um Realitäten. Du kannst nicht bestreiten, dass sie für die Lust und für die Habgier leben. Um zu be neiden und mit ihrem Neid Gewalttätigkeit zu rechtfertigen, um Macht über andere anzustreben und sie skrupellos auszuüben.«
»Die meisten von ihnen sind nicht so«, sagt der Riese. »Aber es gibt genug von deiner Sorte unter ihnen, Victor, um sie immer wieder in die Irre zu führen. Um ihre intriganten Politiker und ihre Intellektuellen zu sein, die ihrer selbst überdrüssig sind. Ihre selbstgefälligen Eliten, die sie verleiten, wider ihre bessere Natur zu handeln. Es gibt eine Schlange auf Erden, und da du einen Pakt mit ihr geschlossen hast, verbringst du dein Leben – deine Leben – damit, ihr Gift zu verbreiten.«
Victor weiß, dass er in dieser Diskussion recht hat, und er zögert nicht, Druck zu machen, von Angesicht zu Angesicht: »Sie halten sich für etwas Besonderes und glauben, ein Teil von ihnen sei ewig, aber du brauchst dir doch nur die Welt anzusehen, die sie hervorgebracht haben, eine Kloake von Laster und Eigennutz, von wurmzerfressenem Brot und grotesken Spektakeln, die mit jedem Jahr makabrer werden. Sie erheben Anspruch auf ein sinnvolles Leben und streben doch nichts anderes an als sinnlosen Nervenkitzel.«
»Weil deinesgleichen unter ihnen die Würmer ins Brot packen und die Spektakel inszenieren. Du wiederholst immer dieselben abgedroschenen Argumente.«
»Aber wenn schon aus keinem anderen Grund«, sagt Victor der Unbefleckte, »dann muss einer, der so uralt und weise und intelligent ist wie du, sie doch bestimmt für ihre zügellose Individualität hassen. Jede einzelne Persönlichkeit unterscheidet sich von allen anderen. Das ganze weite, stürmische Meer von ihnen, nicht einen Bruchteil so organisiert wie die niederen kriechenden Ameisen, voller ex zentrischer Ticks, mit einer unendlichen Vielfalt an Leiden schaften und Vorurteilen, Vorlieben und Abneigungen, Plänen ...«
»Hoffnungen und Träumen«, sagt Deucalion.
»… Marotten und persönlichen Eigenarten ...«
»… Charme und Talent«, sagt Deucalion, »Gaben und Anstand.«
Da er darauf wartet, dass sich seine Geisteskraft zu nie da gewesenen Höhen aufschwingt, wenn die letzte Portion Nahrungsergänzungsmittel ihre Wirkung entfaltet, versucht Victor der Unbefleckte nicht, sich von dem Riesen loszureißen, sondern hebt eine Hand zu der unverletzten Gesichtshälfte des Rohlings mit der Tätowierung und berührt sie zärtlich, ganz so, wie ein liebender Vater sie berühren könnte, und Deucalion schreckt nicht vor dem Körperkontakt zurück.
»Du siehst doch gewiss«, sagt Victor, »dass sie niemals eins sein, Hand in Hand arbeiten, sich im Streben nach Höherem ohne Kompetenzgerangel vereinen werden. Sie werden niemals ihre Individualität zwecks Höherentwicklung der Rasse opfern, sie werden ihre Milliarden von Köpfen und Herzen niemals demselben Ziel unterordnen und dadurch für alle Zeiten die Natur und das Universum bezwingen.«
»Davor möge Gott sie bewahren«, erwidert Deucalion.
Und dann passiert etwas Überraschendes und Unschönes.
Deucalion wusste nicht, wie sich die Hinrichtung ereignen würde, wohl
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