Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi
schüttelte lächelnd den Kopf.
„Du meinst Noras Bemerkung, über der Aufführung läge ein Fluch? Das ist Unsinn. Mein Wagen war alt, da kann es schon mal passieren, dass die Bremsen ihren Dienst versagen.“ Mabel tat unbekümmerter, als ihr zumute war. Für einen Außenstehenden musste es wirklich so aussehen, als hätte es jemand auf die Theatergruppe abgesehen – erst verschwand Sarah, dann Michaels Motorradunfall und schließlich sie …
„Ich habe Tims Kostüm fertig“, wechselte Mabel das Thema. „Ich hoffe, es passt.“
Mabel hatte gute Arbeit geleistet, und Tim wirkte in dem Kostüm gleich königlicher als in Jeans und T-Shirt. An diesem Abend ließ Eric seine Truppe das ganze Stück durchspielen, und Mabel sah fasziniert zu. Ein paar Mal tauschte sie einen Blick mit Rachel, die heute etwas lockerer wirkte als bisher und auch immer mal wieder lächelte. Mabel fürchtete sich vor dem Augenblick, wenn Rachel erfahren würde, dass ihre Freundin Sarah tot war, und sie hoffte, dem Mädchen dann beistehen zu können.
„Am Freitag um acht ist die Generalprobe“, erinnerte Eric, als er die heutige Probe beendete. „Bitte seid pünktlich im Theater und vergesst eure Kostüme nicht.“
„Lower Barton hat ein Theater?“ Mabel trat zu Eric. Sie hatte sich bereits gefragt, wo die Aufführung stattfinden sollte.
„Theater ist vielleicht übertrieben.“ Eric grinste. „Es handelt sich um die Gemeindehalle, wir nennen es aber Theater, weil alle möglichen Aufführungen immer dort stattfinden. Außerdem passen bei enger Bestuhlung an die fünfhundert Zuschauer rein.“
„Wurde eigentlich vorher schon mal in Kostümen geprobt?“, fragte Mabel. Eric nickte.
„Vor etwa drei Wochen. Das war die erste Kostümprobe, da wollte ich sehen, wie sich die Akteure in den für sie doch ungewohnten Kleidern bewegen. Warum fragst du?“
„Ach, nur so.“ Mabel winkte ab und griff nach ihrer Handtasche. „Ich muss jetzt gehen, bis Freitag dann.“
„Wie kommst du eigentlich nach Hause?“, rief Eric ihr nach. „Dein Auto ist doch Schrott, nicht wahr?“
„Ein Bekannter fährt mich“, antwortete Mabel. Sie hatte Victors Angebot, sie zur Probe und danach wieder nach Higher Barton zu bringen, dankbar angenommen. Natürlich hätte Justin Parker sie fahren können, Mabel fühlte sich in seiner Gegenwart jedoch unwohl, seit sie wusste, dass er Abigail nach Strich und Faden hinterging und betrog. Sie konnte auch nicht garantieren, dass sie ihm nicht irgendwann gehörig die Meinung über sein schändliches Verhalten sagen würde, was unweigerlich neuen Ärger mit Abigail nach sich ziehen würde.
Victor ließ Mabel am Tor zur Auffahrt nach Higher Barton aussteigen.
„Es ist besser, wenn man uns nicht zusammen sieht“, meinte Mabel.
„Denken Sie etwa, der Mörder könnte es auch auf mich abgesehen haben?“ Victor wischte diese Idee lächelnd zur Seite. „Glauben Sie mir, Mabel, ich habe in meinem Leben schon so viel erlebt, da jagt mir so schnell niemand Angst ein.“
Mabel legte eine Hand auf Victors Arm.
„Ich würde mir niemals verzeihen, wenn Ihnen etwas geschieht“, sagte sie leise. „Ich habe Sie in die Sache hineingezogen, ohne zu ahnen, dass der Täter mir offenbar bereits auf der Spur ist.“
„Soll ich Sie nicht doch zum Haus begleiten?“ Im schwachen Licht der Scheinwerfer, das ins Wageninnere drang, erkannte Mabel Victors besorgten Blick. „Der Weg ist sehr dunkel …“
„Ich glaube nicht, dass mir auf Higher Barton Gefahr droht.“ Mabel straffte die Schultern und öffnete die Wagentür. „Abigail wird es nicht wagen, auf ihrem eigenen Besitz …“
„Bei Sarah hatte sie auch keine Skrupel“, unterbrach Victor. „Mabel, seien Sie vorsichtig. Wir sehen uns dann am Donnerstagmorgen um fünf Uhr.“
Während der Fahrt hatten sie vereinbart, Victor solle in den frühen Morgenstunden des übernächsten Tages, wenn gerade die Sonne aufging, in den See tauchen. Da war es auf Higher Barton noch ruhig, und sie brauchten keine Angst zu haben, entdeckt zu werden.
Mabel sah Victors Auto nach, bis dessen Rücklichter in der Nacht verschwunden waren, dann ging sie mit weitausholenden Schritten die Auffahrt entlang. Der Weg war von hohen Eichen und dichtem Gebüsch gesäumt, und in Mabels Ohren klang das Geräusch ihrer Schritte unnatürlich laut. Sie umklammerte fest ihre Handtasche, im Notfall waren Damenhandtaschen nämlich eine gute Waffe. Die Fassade des Herrenhauses kam in Sicht, und
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