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Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Titel: Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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altmodisches Kleid, das wie ein Kostüm aus einem vergangenen Jahrhundert wirkte.“
    Abigail legte den Kaffeelöffel so heftig aus der Hand, dass er auf der Untertasse klirrte.
    „Nein, es waren überhaupt keine jüngeren Gäste auf Higher Barton. Wir waren alles ältere Leute. Die jüngsten waren der Pfarrer mit seiner Gattin, die aber auch schon die Vierzig überschritten haben. Aber jetzt lass doch die Geschichte, ich habe dir etwas anderes zu sagen.“
    Mabel nickte, denn sie spürte, im Augenblick würde Abigail ihr ohnehin nicht glauben. So lehnte sie sich zurück und hörte zu, was Abigail zu sagen hatte.
    „Ich weiß, liebe Mabel, mein Verhalten damals war unentschuldbar. Nun sind jedoch vierzig Jahre vergangen, eine Zeit, in der wir beide unsere eigenen Wege gegangen sind. Jetzt ist Arthur tot, und du weißt, dass unsere Ehe zwar glücklich, aber nicht mit eigenen Kindern gesegnet war. Arthur hat immer die Möglichkeit einer Adoption abgelehnt, er war stets der Meinung – übrigens eine Meinung, die ich teile – dass die alte Tradition unserer Familie gewahrt bleiben muss. Da er selbst ein Einzelkind war und seine zwei Cousins ebenfalls kinderlos starben, wird mit meinem Tod der Name Tremaine erlöschen. Nicht nur das, sondern es gibt auch niemanden, in dessen Hände ich Higher Barton vertrauensvoll legen kann.“
    Sie machte eine Pause, und in Mabel regte sich ein schrecklicher Verdacht.
    „Du bist doch nicht etwa krank, Abigail? Dein Tod liegt doch hoffentlich noch in weiter Ferne.“
    Abigail lächelte beruhigend und schüttelte den Kopf.
    „Ach Mabel, in unserem Alter können wir die Augen nicht vor der Tatsache verschließen, dass uns nicht mehr viele Jahre bleiben werden. Ich kann dich jedoch beruhigen: Nein, ich bin nicht krank, jedenfalls nicht so, dass ein baldiger Tod absehbar wäre. Trotzdem bin ich dabei, meine Hinterlassenschaft zu regeln, und ich möchte, dass du Higher Barton bekommst, wenn ich für immer die Augen schließe.“
    Mabel brauchte einige Zeit, um den Sinn dieser Aussage zu begreifen. Dann sagte sie hastig: „Auf keinen Fall, Abigail! Was habe ich mit dem Haus zu tun?“
    „Du bist meine einzige noch lebende Verwandte. Ich möchte nicht, dass Higher Barton in fremde Hände gerät. Blut ist eben doch dicker als Wasser.“
    „Ich bin zwei Jahre älter als du“, gab Mabel zu bedenken. „Die Wahrscheinlichkeit, vor dir zu gehen, ist damit groß. Ich verstehe nicht, wie du ausgerechnet auf diesen Gedanken kommst. Außerdem habe ich nie geheiratet oder Kinder bekommen, somit wäre es nur eine Frage der Zeit, bis erneut niemand aus der Familie mehr vorhanden ist, selbst wenn ich dich überleben sollte.“ Mabel runzelte die Stirn. „Du könntest das Haus dem National Trust vermachen. Somit würde Higher Barton der Nachwelt in seiner ursprünglichen Art erhalten bleiben.“
    „An den National Trust habe ich auch schon gedacht, scheue vor dem Schritt jedoch zurück, solange es noch jemanden aus unsere Familie gibt. Higher Barton ist seit über fünfhundert Jahren im Besitz der Tremaines. Wenn das Haus eines Tages dir gehört, dann kannst du damit machen, was du willst. Die Verantwortung liegt dann nicht mehr bei mir.“ Abigail lächelte, und Mabel erkannte in ihren Gesichtszügen etwas von ihrer frühen Leichtlebigkeit und dem Hang, die Verantwortung gerne auf andere abzuschieben. Abigail fuhr leise fort: „Arthur hat das Haus geliebt, auch er würde wollen, dass es in der Familie bleibt. Genau genommen hast du sogar einen gewissen Anspruch darauf. Wenn du Arthur geheiratet hättest, würde es heute ohnehin dir gehören.“
    Entschieden schüttelte Mabel den Kopf.
    „Das werde ich auf keinen Fall annehmen, Abigail. Du wirst noch lange leben, wahrscheinlich länger als ich selbst. Außerdem habe ich mein Leben in London, mit dem ich sehrzufrieden bin. Lass uns das Gespräch also ganz schnell wieder vergessen.“
    „Zu spät!“ Abigail lächelte verschmitzt und sah dabei um Jahre jünger aus. „Gestern Vormittag, anlässlich meines Geburtstages, kam mein Anwalt und Notar nach Higher Barton, und ich habe mein Testament aufgesetzt. Wenn ich einmal sterbe, dann wird Higher Barton mit allem Inventar und der gesamte, nicht unerhebliche Landbesitz dir gehören, Mabel Clarence.“

4
    Obwohl körperlich völlig erschöpft – schließlich hatte sie in der vergangenen Nacht in ihrem Wagen nur notdürftig ein paar Stunden geschlafen – wälzte Mabel sich unruhig im Bett. Sie

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