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Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Titel: Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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hatte Higher Barton nun doch nicht gleich wieder verlassen, denn zu viel war in den letzten Stunden auf sie eingestürmt: Der liegengebliebene Wagen, die tote Frau in der Bibliothek, die abweisende Haltung des Inspektors, der Mabel wie eine verrückte Alte behandelt hatte, und auch die Beleidigungen des unfreundlichen alten Mannes mit der Schildkröte konnte sie nicht aus ihren Gedanken bannen. Dann schließlich Abigails Mitteilung, sie, Mabel, solle die Erbin von Higher Barton werden. Das alles zusammen war mehr, als Mabel verkraftete. Nach dieser ungeheuerlichen Eröffnung hatte Abigail gemeint, sie wolle noch ein wenig ruhen, und Mabel geraten, sich ebenfalls zwei, drei Stunden hinzulegen, doch der Schlaf wollte sich nicht einstellen.
    Abigail … In Mabels Erinnerung entstand das Bild des großen, schlanken Mädchens mit goldblondem Haar, das sie seit deren Geburt kannte. Mabels Familie hatte im Londoner Stadtteil Holland Park gelebt, während Abigails Vater, Mabels Onkel mütterlicherseits, eine gut gehende Farm in Sussex führte. Die beiden Familien trafen sich regelmäßig. Mabel erinnerte sich noch gut daran, wie sie selbst vierzehn war und die zwei Jahre jüngere Abigail die Weihnachtsferien in ihrem Londoner Haus verbrachte. Die Schönheit ihrer Cousine war damals bereits im Aufblühen, und sie wirkte, obwohl jünger an Jahren, reifer als Mabel. Während Mabels Körper noch kindliche Züge trug, begann sich Abigails bereits an den richtigen Stellen zu runden. Die beiden Mädchen konnten Stunden auf dem Bettliegend verbringen, ins Betrachten von Hochglanzmagazinen vertieft. Abigail schwärmte für zahlreiche Hollywoodschönheiten – Stars wie Marilyn Monroe und Doris Day waren ihre Vorbilder, und sie wollte selbst Schauspielerin und Sängerin werden. Manchmal stolzierte sie wie eine Diva in Mabels Zimmer auf und ab, und Mabel klatschte begeistert Beifall, wenn ihre Cousine Szenen aus Filmen ihrer Idole nachspielte oder deren Monologe rezitierte. Als Abigail dann später mit Ach und Krach die Schule beendete, tat sie alles, ihren Eltern die Erlaubnis abzuringen, eine Schauspielschule besuchen zu dürfen, während Mabel eine Ausbildung zur Krankenschwester machte. Doch es kam alles anders, denn Abigail lernte bei einer Gesellschaft den texanischen Ölmillionär Bill kennen und vergessen waren ihre Pläne, Schauspielerin zu werden. Abigail war gerade achtzehn geworden, als sie nach nur drei Monaten Bekanntschaft heirateten. Bill war zwar zwanzig Jahre älter und bereits dreimal geschieden, das störte Abigail jedoch nicht. Die Hochzeit wurde in London im kleinen Kreis gefeiert, dann verließ Abigail an der Seite ihres Mannes England.
    Die ersten Monate schrieben sich die Cousinen regelmäßig, dann jedoch blieben Abigails Briefe aus, und es kamen nur noch nichtssagende Karten zum Geburtstag oder zu Weihnachten. Abigail war aus Mabels Umfeld verschwunden, aber Mabel war nicht sehr traurig darüber, denn inzwischen gab es jemanden, der den Mittelpunkt ihres Lebens bildete. Arthur Tremaine war der einzige Sohn einer alten adligen kornischen Familie, sein Vater, Lord Tremaine, hatte beruflich mit dem Bankhaus von Mabels Vater zu tun. Arthur besuchte die Militärakademie in Sandhurst vor den Toren Londons. Als die beiden jungen Leute einander vorgestellt wurden, verband sie sofort eine innige Freundschaft. Der zwei Jahre ältere Arthursah nicht nur gut aus, er verfügte auch über vollendete Umgangsformen und war sich der Verantwortung bewusst, eines Tages den Titel und Familienbesitz zu erben. Den kommenden Sommer verbrachten Mabel und ihre Eltern auf Higher Barton in Cornwall. Für Mabel wurde die Zeit zu den schönsten vier Wochen ihres Lebens. Sie und Arthur hatten genügend Zeit, um sich besser kennenzulernen. Sie stellten fest, dass sie die gleiche Literatur bevorzugten, die gleiche Musik mochten, von ähnlichen Theaterstücken fasziniert waren und sich nichts aus Partys und durchfeierten Nächten machten. Beide liebten die Natur und machten lange Spaziergänge an der wildromantischen Küste Cornwalls. Es war, als wären sie eins, aber Mabel gab sich keinen Illusionen hin – Arthur würde noch drei Jahre die Akademie besuchen, bevor er daran denken konnte, eine eigene Familie zu gründen. Selbstverständlich verhielt sich Arthur wie ein Gentleman und tat und sagte nichts, das Mabel hätte kompromittieren können. Solange seine Ausbildung nicht abgeschlossen war, durfte er keine Hoffnungen in ihr wecken. Es

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