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Die Tote von San Miguel

Die Tote von San Miguel

Titel: Die Tote von San Miguel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Woods
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gefliesten Boden. In der Kochnische klapperte Diaz laut mit Töpfen und öffnete und schloss ein paar Mal den Kühlschrank. Schließlich erwachte sein Vater, setzte sich auf und massierte seine Beine, um den eingeschlafenen Blutkreislauf anzuregen. Sie hatten sich vor langer Zeit darauf geeinigt, nicht über Alonzos Verhältnis zu Valerio oder über die genauen Umstände zu sprechen, die ihn von Zeit zu Zeit in der Wohnung seines jüngeren Sohns Zuflucht suchen ließen.
    »Wann bist du gekommen?«, fragte Diaz.
    »Spät«, erwiderte sein Vater.
    »Ich muss heute arbeiten. Du kannst nachher ins Schlafzimmer gehen.«
    Diaz senior winkte gähnend ab.
    »Möchtest du einen Kaffee?«
    »Wenn noch genug da ist.«
    »Das ist nicht die große Weltwirtschaftskrise.« Diaz stellte die italienische Espressokanne auf den Gasherd. Dann nahm er ein scharfes Messer aus einer Schublade und schälte eine halbe Papaya. Er schnitt sie in Scheiben, legte sie auf einen Teller und beträufelte sie mit Limettensaft.
    »Wie ich sehe, schläfst du immer noch allein«, stellte sein Vater fest.
    Diaz zuckte die Achseln und zündete sich eine weitere Zigarette an.
    »Du brauchst eine Frau«, sagte sein Vater. »Oder zumindest eine Freundin, die bei dir wohnt. Dann würdest du weniger arbeiten und länger leben. Außerdem solltest du nicht so viel rauchen.«
    »Du hörst nie auf meine Ratschläge, Papa. Also hast du auch kein Recht, mir welche zu geben.«
    »Ein Vater gibt seinen Kindern ständig Ratschläge, ob sie die nun hören wollen oder nicht.«
    Das Kaffeekännchen begann, Dampffontänen auszustoßen, als würde es jeden Moment explodieren. Diaz drehte das Gas ab, goss den Espresso in zwei kleine Tassen und stellte eine davon zu dem Teller mit den Papayascheiben auf den Tisch. »Trink deinen Kaffee«, sagte er leicht gereizt. »Und keine weiteren Ratschläge, ich habe so schon genug Sorgen. Ich muss mich jetzt anziehen und zur Arbeit gehen.« Er kehrte ins Schlafzimmer zurück, wobei er aus seiner eigenen winzigen Tasse trank.
    Als er gerade dabei war, ein frisches gestärktes Hemd zuzuknöpfen, drang die Stimme seines Vaters zu ihm herüber. »Der Mord an dem amerikanischen Mädchen scheint dir ziemlich nahezugehen.«
    Du weißt nicht einmal die Hälfte von dem, was in mir vorgeht , dachte Diaz. Er blieb in der Schlafzimmertür stehen und band sich eine golden und türkisfarben gemusterte Krawatte.
    Sein Vater blickte vom Tisch auf und musterte ihn, eine Gabel mit Papaya auf halbem Weg zu seinem Mund. »Stimmt es, dass der Mörder ihr die Augen ausgestochen hat?«, wollte er wissen.
    »Solche Informationen gehen nur die Polizei etwas an«, fauchte Diaz. »Das ist kein Stoff für den Tratsch mit deinen Kumpels.«
    Nachdem er sich fertig angekleidet und den Schmutz des letzten Tages von seinen Schuhen gebürstet hatte, kehrte er ins Wohnzimmer zurück. Sein Vater lag wieder lang ausgestreckt auf der Couch, eins der Bücher aus dem umgekippten Stapel in den Händen. Er schwenkte es. » Die geheime Geschichte der byzantinischen Kaiser . Was ist denn das für ein Buch?«
    »Darin geht es um das Ende des Römischen Kaiserreichs. Und manchmal kommt es mir fast so vor, als würde der Autor über unsere Zivilisation schreiben. Sofern man dieses Chaos überhaupt eine Zivilisation nennen kann.«
    »Solltest du dir nicht lieber die Zeit damit vertreiben, novelas de policía zu lesen?«
    »Das funktioniert nicht so herum. Meine Arbeit ist nun mal kein Roman.«
    An der Wohnungstür blieb Diaz noch einmal kurz stehen und warf einen letzten Blick zurück auf seinen Vater, der bereits jetzt schon völlig in das Buch versunken war, das er gerade noch so geringschätzig betrachtet hatte. Das Alter hatte ihn zermürbt und zerstreut werden lassen.
    »Vergiss nicht abzuschließen, wenn du gehst.«
    Im Judiciales -Revier herrschten Stille und Anspannung, als Diaz eintraf. Vier Außendienstmitarbeiter, alle mit kurzgeschorenem Haar, und Felicia vom Innendienst mit ihrem Pferdeschwanz waren anwesend. Niemand hob den Kopf, um seine Ankunft zur Kenntnis zu nehmen.
    Es konnten unmöglich alle verkatert sein. Irgendwas war offensichtlich faul im Staate Norwegen. Oder musste es Dänemark heißen?
    »Was ist denn los mit euch?«, erkundigte er sich. »Erzählt mir bitte nicht, dass der Papst in flagrante delicto ertappt worden ist.«
    »Ah, Hector, da bist du ja endlich.«
    Die Stimme, die aus Diaz’ offenem Büro kam, war unverkennbar die von Don Cedillo, der

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