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Die Tote von Schoenbrunn

Die Tote von Schoenbrunn

Titel: Die Tote von Schoenbrunn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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reagierte etwas pikiert auf den Überraschungsgast. Gnädig reichte sie ihm ihre Hand und zog sie sofort wieder zurück, kaum dass Gustav einen Kuss darauf gehaucht hatte.
    Provinzlerische Matrone, scheint ihrer Mutter nachzugeraten, dachte Gustav. Entweder ist sie schwanger oder einfach nur fett. Im Laufe des Abends erfuhr Gustav, dass die Gräfin Traunstein zwei Sprösslinge hatte, diese aber momentan in der Obhut einer Gouvernante und eines Kindermädchens in Bad Ischl weilten.
    Ihr ebenfalls dicker Mann begrüßte Gustav leut­selig. Hieb ihm seine Pranke auf die Schulter und sagte: „Na, dann passen S’ halt mal recht gut auf unsere kleine Marie Luise auf.“
    Beim Aperitif zeigte Graf Traunstein, wie schon letztens Erzherzog Karl Konstantin, reges Interesse an Gustavs Profession.
    Sophie benahm sich Gustav gegenüber weiterhin blasiert, ja geradezu herablassend, während ihre jüngere Schwester ihn mit forschenden, aber durchaus nicht unfreundlichen Blicken bedachte.
    Marie Luises Schönheit war am Verblühen. Sie ging auf die dreißig zu, war groß und dünn und hatte lange dunkle Haare. Ihr Gesicht war etwas zu spitz, um als schön zu gelten. Sie sah ihrem Vater und sogar Gustav ein bisschen ähnlich, nur wirkte das, was an den beiden Männern anziehend war – ebendiese hageren, kantigen Gesichtszüge –, an ihr eher unvorteilhaft.
    Sie schien durchaus angetan von dem charmanten, gut aussehenden Gast, begann sogar mit ihm zu kokettieren, was Gustav äußerst unangenehm war.
    „Sie müssen entschuldigen, Herr von Karoly, aber meine Schwester ist, seit sie in der Provinz lebt, eine richtige Landpomeranze geworden. Sie hat mittlerweile genauso schlechte Manieren wie ihre Sprösslinge, die uns zum Glück heute Abend erspart geblieben sind“, flüsterte Marie Luise Gustav ins Ohr, als Sophie eine unpassende Bemerkung über die in ihren Augen schreck­lichen Parvenüs machte, die sich beim Adel anbiederten.
    Graf Batheny hatte seine ältere Tochter zwar in die Schranken gewiesen, aber Marie Luises Bemerkung tat Gustavs wunder Seele trotzdem gut. Sogleich bemühte er sich weiter, seine jüngere Halbschwester mit Anekdoten aus seinem Leben als privater Detektiv zu unterhalten. Er schnitt nicht auf, stellte aber sein Licht auch nicht unter den Scheffel.
    Marie Luises Verlobter, Erzherzog Karl Konstantin, ließ auf sich warten. Keiner schien ihn zu vermissen.
    Der Graf bestand darauf, nachdem sie fast eine Stunde lang auf Karl Konstantin gewartet und zwei Flaschen Champagner zum Aperitif geleert hatten, mit dem Diner zu beginnen.
    Gustav war neugierig auf die Künste des französi­schen Kochs, von denen sein Vater so geschwärmt hatte. Die Jakobsmuscheln, die er neulich lauwarm genossen hatte, waren jedenfalls vorzüglich gewesen.
    Nach den Amuse-Gueule, winzigen Wachteleiern im Mayonnaisenesterl, wurde als erster Gang eine Kürbis­cremesuppe serviert, die köstlich schmeckte. Auf die Königinnenpastetchen hätte er verzichten können. Er fand sie fad und musste sich sehr zurückhalten, um nicht nach der kleinen Saliera zu greifen. Als Hauptgang folgten Fasanbrüstchen, die wunderbar zart waren, aber nach Gustavs Geschmack ebenfalls zu schwach gewürzt. Er war eben an die deftigen und ordentlich gesalzenen Speisen im Haushalt der Karolys gewöhnt.
    „Reich mir bitte die Saliera, Kind“, sagte der Graf zu Marie Luise, neben deren Teller das kleine Salzfäss­chen stand. Nachdem er sein Brüstchen ordentlich eingesalzen hatte, reichte er das hübsche silberne Gefäß mit einem Augenzwinkern an Gustav weiter. „Für uns Ungarn ist diese französische Küche ein bisschen zu langweilig, findest du nicht auch?“
    Sie waren beim Nachtisch angelangt, einer wundervollen, mit Rosenblättern garnierten Crème brulée, an der selbst Gustav nichts auszusetzen hatte, als der Diener Seine Kaiserliche Hoheit, den Erzherzog, ankündigte.
    Weder seine Verlobte noch der Graf schienen an Karl Konstantins Verspätung Anstand zu nehmen. Nur Sophie verzog den Mund und machte eine spitze Bemerkung über die exzellent schmeckenden Fasan­brüstchen, die er verpasst hatte.
    Karl Konstantin gähnte demonstrativ und behauptete, keinen Appetit zu haben. Langte aber kräftig zu, als ihm ein Brüstchen serviert wurde.
    Nach dem Essen zogen sich die Herren in den Rauchsalon zurück. Ein paar lobende Worte für den neuen Koch und schon kamen sie auf den furchtbaren Tod der jungen Hofdame im Toilettezimmer der Kaiserin zu sprechen. Obwohl

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