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Die Tote von Schoenbrunn

Die Tote von Schoenbrunn

Titel: Die Tote von Schoenbrunn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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sie sich der Pikanterie des Themas bewusst zu sein schienen, sparten sie keines der Details aus, die ihnen zu Ohren gekommen waren. Gustav, der ihren zum Teil haarsträubenden Geschichten wortlos gefolgt war, wurde von Graf Batheny aufgefordert, sich ebenfalls zu äußern.
    Er erwähnte, dass ihn sein Freund, Polizei-Oberkommissär Rudi Kasper, über den Mord unterrichtet hatte, und fügte hinzu: „Soviel ich weiß, hat die Gräfin Reichenbach aufgrund schlimmer Unpässlichkeit nicht am Begräbnis teilnehmen können und ist daher im Schloss geblieben. Warum sie die Gemächer Ihrer Majestät, ja sogar deren Toilettezimmer aufgesucht hat, anstatt in ihrem eigenen Zimmer zu bleiben, werden wir wohl nie erfahren.“
    „War es nicht unerhört dreist von ihr, an jenem Tag, an dem ihre Herrin begraben wurde, ein Bad in der Wanne Ihrer Majestät zu nehmen?“, warf Graf Traunstein ein.
    „Wieso, das war doch eine einmalige Gelegenheit. Die liebe Sisi wäre sicher entsetzt gewesen, wenn eine ihrer Hofdamen ihre Badewanne zu Lebzeiten benutzt hätte“, sagte Karl Konstantin.
    Obwohl er seine Bemerkung unpassend fand, musste sich Gustav ein Lachen verkneifen. Er warf Graf Batheny einen verstohlenen Blick zu und bemerkte, dass auch sein Vater über den taktlosen Scherz schmunzelte.
    „Wie ist sie da überhaupt unbemerkt reingekommen? Wo waren die Kammerdiener und die anderen Dienstboten?“, fragte Graf Traunstein.
    „Beim Begräbnis Ihrer Majestät“, sagte Karl Konstantin.
    „Jetzt lasst Gustav erzählen, er weiß vermutlich mehr als wir“, warf Graf Batheny ein. „Sie hat sich also in der Wanne Ihrer Majestät die Pulsadern aufgeschnitten ...“
    „Ja, so schien es. Deswegen dachte die Polizei zuerst an einen Selbstmord. Sie hat einen Brief in der Hand gehalten. Leider war die Schrift nicht mehr lesbar, die Tinte hatte sich im Wasser aufgelöst. Aber man nahm an, dass es sich um einen Abschiedsbrief handelte.“
    „Das war auch die offizielle Version am Hof“, mischte sich Karl Konstantin wieder ins Gespräch. „Es heißt, die Gräfin von Reichenbach sei sehr labil und zudem medikamentenabhängig gewesen und habe eine Überdosis Beruhigungsmittel zu sich genommen, weil sie den Tod ihrer geliebten Herrin und Kaiserin nicht verwinden konnte. Deswegen habe sie sich auch in deren Toilettezimmer das Leben genommen …“
    „Von Medikamenten ist mir nichts bekannt. Aber selbst wenn sie welche geschluckt haben sollte, glauben Sie im Ernst, dass sie danach noch imstande war, sich mit einer Schere die Pulsadern aufzuschneiden? Mit einer Schere, die ein paar Meter entfernt von der Wanne auf der Psych …“ Gustav hielt erschrocken inne. Wie kam er bloß dazu, gegenüber diesen Herrschaften die Details, die ihm sein Freund Rudi unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut hatte, auszuplaudern.
    „Und …?“, hakte Karl Konstantin nach.
    „Nichts, nichts, ich habe nur gehört … vielleicht war es auch ein Gerücht.“
    „Die Gräfin Reichenbach hat übrigens der Kaiserin ziemlich ähnlich gesehen, der jungen Kaiserin, besser gesagt. Denn wie Ihre Majestät zuletzt aussah, weiß ja wohl keiner von uns. Oder hast du sie in den letzten Jahren mal unverschleiert zu Gesicht bekommen?“, fragte Graf Batheny seinen zukünftigen Schwiegersohn.
    Der zündete sich gerade eine zweite Zigarette an. Die anderen Herren taten es ihm gleich. Blaue Rauchschwaden hingen im Zimmer.
    „Ich kannte die Kaiserin nicht näher. Habe vielleicht zwei-, dreimal die Ehre gehabt, mit ihr zu plaudern. Mit der Gräfin von Reichenbach war ich ebenfalls nur flüchtig bekannt. Wie man hört, war sie nicht gerade die reine Unschuld. Vielleicht hat sie sich in den kaiser­lichen Gemächern mit einem Liebhaber getroffen, und der gute alte Ferdi hat die beiden in flagranti erwischt?“
    „Jetzt gehst du zu weit mit deinen Scherzen, lieber Stanzi“, sagte Graf Batheny in scharfem Ton, aber mit einem nachsichtigen Lächeln auf den Lippen.
    Gustav fand Karl Konstantins Verdacht weniger abwegig, obwohl auch er dem Grafen Reichenbach, der doppelt so alt war wie seine Frau, keinen Mord aus Leidenschaft zutraute. Aber dass Clementine ein Verhältnis gehabt hatte, war nicht ganz unwahrscheinlich. Sie war ja auch seinem Charme, damals während ihrer Verlobungszeit, beinahe erlegen.
    „Wartet nur, dieser Mord wird vertuscht werden. Seine Majestät wird sich nach der Ermordung seiner geliebten Frau keinen weiteren Skandal in Schönbrunn erlauben können. In

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