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Die Tote von Schoenbrunn

Die Tote von Schoenbrunn

Titel: Die Tote von Schoenbrunn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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verfolgte ihn bis in den großen Hof und hallte von den dicken Mauern der k.k. Hofstallungen wider.
    Das Pendel der Uhr schlug zweimal, als Gustav endlich zu Bett ging. Er fand keinen Schlaf. Stand auf, zog das hochgerutschte Nachthemd hinunter und schüttelte sein dickes Daunenkissen. Kaum hatte er sich wieder hingelegt, tauchten erneut die dunkelblauen, ja fast violetten Augen der alten Hexe vor ihm auf. Die Frage, woher die Alte von dem Mord an Clementine von Reichenbach wusste, ging ihm einfach nicht aus dem Kopf.

Sie war für …
    Sie war für gewöhnlich eine furchtlose junge Frau. Als sie durch das weite Jagdgebiet des Kaisers im Wienerwald ritt, war ihr doch ein wenig mulmig zumute. Ihr Hengst scheute, wann immer ein Wildschwein oder ein Reh ihren Weg kreuzten. Die Dämmerung senkte sich über den Lainzer Tierpark. Nebelschwaden zogen vorüber, umhüllten die Baumwipfel. Die Feuchtigkeit kroch ihr unter das Reitkleid. Sie fröstelte und bereute, so spät losgeritten zu sein.
    Endlich kam das Jagdschloss in Sicht.
    Sie stieg vom Pferd und versuchte das schwere Tor aufzusperren. Der Schlüssel schien nicht ins Schloss zu passen. Zum Glück hatte sie Streichhölzer dabei. Nach dem fünften Versuch gelang es ihr endlich, die Tür zu öffnen.
    Rasch zündete sie alle Kerzen auf den Leuchtern im Entree an, bevor sie die Eingangstür hinter sich zumachte.
    Die Holztreppe knarrte unheimlich, als sie mit einem Kandelaber in der Hand hinauf in den ersten Stock stieg.
    Warum war er noch nicht da? Diese Unverschämtheit passte zu ihm, und fand sie nicht gerade sein unkonventionelles Benehmen so reizvoll? Ihr fiel ein, dass ja nur sie die Schlüssel für die Villa hatte. Sie hatte sie auf Geheiß ihres Geliebten dem Majordomus entwendet.
    Der Gedanke, dass er nicht mehr lange auf sich warten lassen würde, beruhigte sie. Mit forschem Schritt ging sie weiter, die Treppe hinauf. Plötzlich vernahm sie ein leises Piepsen. Fast wäre ihr der Leuchter aus den Händen gefallen, als ein Mäuschen knapp vor ihren Füßen vorbeihuschte. Sie schrie und rannte, so schnell sie konnte, in das Schlafzimmer Ihrer Majestät. Anna Clara von Wittelsbach hatte schreckliche Angst vor Mäusen. Bevor sie sich auszog und zu Bett begab, durchsuchte sie gründlich das pompöse Schlafzimmer ihrer Großtante. Erleichtert, da sie weder Mäusedreck entdeckt noch verdächtige Geräusche gehört hatte, entkleidete sie sich, legte sich ins Bett und zog die Decke bis zum Hals hoch.
    Sie war eingeschlafen, als sie plötzlich vom Knarren der Tür geweckt wurde. Die Kerzen auf ihrem Leuchter waren beinah ganz heruntergebrannt, dennoch erkannte sie ihn sogleich. Sie wollte sich einen kleinen Scherz mit ihm erlauben und stellte sich schlafend. Als sie die scharfe Klinge eines Messers an ihrem Hals spürte, riss sie ihre Augen weit auf.

14
    Kaum hatte Gustav das Dommayer betreten, beschloss er, sein Detektivbüro in dieses schöne Casino-Café mit dem großen Tanzsaal zu verlegen, das gegenüber der Pfarrkirche Maria Hietzing und gleich in der Nähe von Schloss Schönbrunn lag.
    Gustav war noch nie in den prunkvollen Räumlichkeiten gewesen, wusste aber, wie fast jeder Wiener, dass der Walzerkönig Johann Strauss Sohn im Dommayer am 15. Oktober 1844 zum ersten Mal mit seiner neuen Kapelle in der Öffentlichkeit gespielt hatte und dass das Lokal bis heute bekannt für seine rauschenden Ballnächte war. Das letzte Fest war nach der Ermordung der Kaiserin allerdings abgesagt worden.
    Der riesige Tanzsaal wurde von prächtigen hohen Säulen getragen. Die anmutigen steinernen Mädchen und Jünglinge in den Nischen hinter den Säulenreihen behielten die vergnügungssüchtige Wiener Gesellschaft im Auge und regten den ein oder anderen Gast zu weiteren sinnlichen Zerstreuungen an.
    Kaum hatte Gustav Platz genommen, eilte ein Ober herbei, bot ihm einige Tageszeitungen an und nahm seine Bestellung auf.
    Der Anblick der Zeitungen animierte Gustav dazu, ein neues Inserat für seine Detektei zu entwerfen:
    Gustav von Karoly, Ihr privater Ermittler in allen schwierigen oder delikaten Angelegenheiten.
    Er zerriss den Zettel und formulierte die Anzeige neu: Privatdetektiv Gustav von Karoly, diskrete Ermittlungen aller Art. Postadresse: Casino Dommayer, Hietzinger Hauptstraße, 13. Bezirk, Wien.
    Zu lang. Er begann von neuem.
    Erzherzog Karl Konstantin verspätete sich wieder einmal. Normalerweise hasste Gustav nichts mehr, als warten zu müssen, da er aber mit dem Text für

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