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Die Tote von Schoenbrunn

Die Tote von Schoenbrunn

Titel: Die Tote von Schoenbrunn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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schwarzen Reitstiefel fast sprengten.
    Bestimmt ist er ein schneidiger Reiter, dachte Gustav neidisch. Fast schämte er sich in Gegenwart des vor Gesundheit nur so strotzenden Mannes seiner vor­nehmen Blässe, seiner schwachen Konstitution und vor allem seiner Magerkeit.
    „Um wie viel Uhr gedenken Euer Erlaucht heute den Lunch einzunehmen? Werden Kaiserliche Hoheit zum Essen bleiben?“, fragte der Diener, der kurz nach dem Erscheinen des Hausherrn und seines Gastes auf leisen Sohlen den Empfangsraum betreten hatte.
    „Bald, lieber Johann, bald. Neben dem jungen Herrn werden auch Seine Kaiserliche Hoheit heute mein Gast sein. Aber bring uns jetzt zuerst einmal einen Kaffee. Oder möchtest du etwas Stärkeres, Gustav?“
    „Kaffee wäre formidabel.“
    „Und du, Stanzi?“
    „Kaffee bitte.“
    Der Graf öffnete seinen Humidor und bot Gustav und dem Erzherzog eine Zigarre an.
    Karl Konstantin von Österreich lehnte dankend ab und zündete sich eine Zigarette an.
    Gustav nahm ein Zigarillo aus seinem silbernen Etui und ließ sich vom Erzherzog Feuer geben.
    „Wann soll heute eingespannt sein?“, fragte der Diener.
    „Es ist gut, Johann. Ich fahr heute nicht mehr aus.“
    „Den Rappen Seiner Kaiserlichen Hoheit hat der Bursche in den Stall gebracht.“
    „Das ist gut so, Johann.“
    Beim Lunch musterte Gustav den Erzherzog, der ihm gegenübersaß, immer noch unauffällig, wie er hoffte. Karl Konstantin trug eine Husarenuniform. Rote Hose, schwarze, auf Hochglanz polierte Stiefel und eine blaue taillierte Uniformjacke. Sein Hemd spannte ein wenig über seinem Bauch. Es stellte sich heraus, dass er Inhaber eines Husarenregiments war.
    So als wären sie von gleichem Rang, tauschte Karl Konstantin während des Essens mit Gustav leutselig Armeeerfahrungen aus. Er machte sich vor allem über den fürchterlichen Drill und die sinnlosen Manöver lustig.
    Graf Batheny mischte sich nicht ein, lauschte dem lockeren Geplauder der beiden jüngeren Männer, forderte sie nur hin und wieder auf, zuzugreifen.
    „Die überbackenen Jakobsmuscheln aus Venedig sind köstlich. Ihr solltet sie nicht verschmähen“, ermahnte er sie, als sie, allzu sehr ins Gespräch vertieft, das Essen kalt werden ließen.
    Beim Nachtisch, einer wunderbaren Mousse au chocolat, kam der Graf auf Gustavs Profession zu sprechen. Karl Konstantin fand Gustavs bürgerlichen Beruf viel spannender als seine Armeegeschichten. Er schien richtiggehend fasziniert. Als der Graf seinem Sohn die anderen Räume der Villa und den Park zeigte, kam Karl Konstantin mit und wollte Genaueres über die Kriminalfälle wissen, die Gustav bisher aufgeklärt hatte.
    Die im typischen Gründerzeitstil erbaute Villa des Grafen war etwas merkwürdig eingerichtet. Eine Mischung aus altmodischen Möbeln und modernen Accessoires. Der dunkel getäfelte Salon mit seiner mindestens fünf oder sechs Meter hohen Decke wirkte düster und ziemlich antiquiert in Gustavs Augen. Die großen Fenster waren von schweren bordeauxroten Samtportieren bekränzt und französische Doppel­türen führten in den Garten hinaus. Zarte Glasvitrinen und filigran anmutende Stühle und Tischchen standen etwas verloren neben rustikal oder zumindest robust aussehenden Schränken und Kommoden in dem riesigen Raum herum. Gustav wunderte sich über die stilistische Vielfalt. Die Wände zierten mit floralen Ornamenten ausgestattete Tapeten. Im Speisezimmer waren die Wände mit einer Artischockentapete in gewagten Grün- und Rottönen geschmückt. Der Graf schien ein Liebhaber moderner Kunst zu sein. Gustav entdeckte sogar eine Aktzeichnung des Secessionisten Gustav Klimt unter den zahlreichen, meist klassizistischen Gemälden. Fasziniert verweilte er einen Augen­blick vor dem kleinen Bild. Er konnte sich der erotischen Lockkraft der schlanken jugendlichen Frauengestalt nicht entziehen.
    „Ich habe nach dem Tod meiner Frau begonnen, das ganze Haus renovieren zu lassen und die Räume neu einzurichten. Bin aber noch nicht damit fertig.“
    Das merkt man, dachte Gustav, behielt es aber für sich.
    „Man muss mit der Zeit gehen“, sagte der Graf, als Gustav ihm ein ironisch gemeintes Kompliment hinsichtlich der extravaganten Einrichtung machte.
    „Vielleicht besuchst du mich demnächst in meinem Palais in der Herrengasse. Dort wird gerade alles umgebaut. Ich bin auf der Suche nach neuen Möbeln. Du scheinst einen ähnlichen Geschmack zu haben wie ich. Wärst du bereit, mir beratend zur Seite zu

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