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Die Toten befehlen

Titel: Die Toten befehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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schätzte ihn als einzig würdigen Rivalen. Nachdem verschiedene Kämpfe unentschieden geblieben waren, gingen sie sich gegenseitig aus dem Wege.
    Als Dragut eines Tages in Algier eine seiner Galeeren besuchte, sah er Don Priamo Febrer halbnackt an eine Ruderbank geschmiedet.
    »Kriegsglück!« sagte Dragut.
    »Veränderlich!« antwortete der Komtur.
    Sie drückten sich die Hand, ohne weitere Worte zu wechseln. Der eine bot keine Gnade an, der andere bat nicht um Erbarmen.
    Der Orden gab als Lösegeld für seinen besten Krieger Hunderte von Sklaven, Schiffe und Frachten. Jahre darauf war es Don Priamo, der in Malta beim Betreten einer Ordensgaleere den kühnen Dragut an eine Ruderbank gekettet sah. Keiner von den beiden zeigte die geringste Überraschung, und dieselbe Szene wiederholte sich, als wäre die Begegnung durchaus natürlich. Sie drückten sich die Hand:
    »Kriegsglück«, sagte Don Priamo.
    »Veränderlich«, entgegnete Dragut.
    Alt und müde zog sich der Malteser nach Mallorca zurück, wo er einen Flügel des Palastes bezog. Die Insel war empört über sein sittenloses Leben. Drei junge maurische Mädchen und eine Jüdin von auffallender Schönheit, die er seine Dienerinnen nannte, begleiteten ihn. Außerdem brachte er noch eine Reihe von Sklaven mit, Türken und Tataren, die zitterten,wenn sie ihn sahen. Alte Hexen und hebräische Heilkünstler besuchten ihn. Mit diesem verdächtigen Volk schloß er sich in seinem Schlafzimmer ein, und die Nachbarn faßte das Gruseln, wenn sie in späten Nachtstunden sahen, wie seine Fenster von einem Höllenfeuer erglühten. Einige seiner Sklaven welkten dahin, blaß, als saugte man ihnen das Leben aus. Und die Leute murmelten, daß der Komtur ihr Blut für magische Tränklein gebrauche, die ihn wieder jung machen sollten. Der Großinquisitor von Mallorca sprach davon, daß er mit seinen Schergen die Wohnung des Komturs wohl einmal besuchen müßte. Aber Don Priamo, sein Vetter, dem dies zu Ohren gekommen war, teilte ihm durch einen Brief mit, daß er die feste Absicht hätte, ihm mit einem Enterbeil den Kopf zu öffnen, sobald er den Fuß auf die erste Stufe seiner Treppe setzen würde.
    Der Komtur starb, wahrscheinlich an seinen höllischen Mixturen, und ließ als Beweis seiner Vorurteilslosigkeit ein Testament zurück, dessen Kopie Jaime im Archiv gelesen hatte. Der kühne Streiter der Kirche vermachte darin seine Liegenschaften nebst Waffen und Trophäen den Söhnen seines älteren Bruders. Dann aber folgte eine lange Liste von Legaten, alle, ohne Ausnahme, für die Kinder, die er mit maurischen Sklavinnen oder jüdischen, griechischen und armenischen Mädchen gehabt hatte, eine Nachkommenschaft, so zahlreich wie die eines biblischen Patriarchen. Großer Komtur! Es schien, als wollte er bei jedem Bruch seines Keuschheitsgelübdes die Sünde dadurch verringern, daß er nur ungläubige Frauen wählte.
    Warum sollte er sich nicht mit einer Chueta verbinden, dachte Jaime, einem Mädchen, das sich inseinem Glauben, seiner Erziehung und seinen Sitten in nichts von den anderen unterschied, wenn der berühmteste aller Febrer in einer Zeit der größten Intoleranz mit ungläubigen Frauen zusammen gelebt hatte? ... Aber da fiel ihm eine Klausel des Testaments ein. Wohl hinterließ der Komtur diesen Kindern Legate, weil sie seines Blutes waren und er ihnen Not ersparen wollte. Aber er verbot ihnen, den Namen ihres Vaters zu tragen, den glorreichen Namen der Febrer, der sich in dem Stammhause auf Mallorca von schimpflichen Kreuzungen rein gehalten hatte.
    Noch etwas anderes beunruhigte Jaime. Warum empfand er, der sich frei glaubte von den traditionellen Vorurteilen der Insel, einen instinktiven Abscheu gegen den strenggläubigen Don Benito Valls? Er war doch auf seinen Reisen in Paris und Berlin mit reichen jüdischen Familien zusammengekommen, die an ihrer Religion festhielten. Niemals fühlte er im Verkehr mit ihnen den Widerwillen, der ihn hier beherrschte. War es das Milieu der Insel oder hatte die jahrhundertelange Unterwürfigkeit, die Furcht und die Gewohnheit, sich zu ducken, aus den Abkömmlingen der Juden auf Mallorca eine andere Rasse gemacht?
    Jaimes Gedanken vermischten sich allmählich mit wirren Traumbildern, bis er schließlich in einen schweren Schlaf fiel.
    Am nächsten Morgen entschloß er sich, einen Besuch zu machen, der ihn große Überwindung kostete. Diese Heirat bedurfte wirklich, wie sein Freund, der Schmuggler, gesagt hatte, reiflicher

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