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Die Toten befehlen

Titel: Die Toten befehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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mit dem Luxus vergangener Zeit eingerichtet war. An den mit roter Damastseide bekleideten Wänden hingen religiöse Gemälde, mit dem weichen Pinsel der Italiener gemalt. Die Möbel, weiß und gold, waren mit schwerer, gestickter Seide bezogen. Auf den Konsolen standen bunte Heiligenstatuen neben Stutzuhren aus dem XVII. Jahrhundert. Die Decke war al fresco gemalt, auf lichten Wolken ruhten olympische Götter und Göttinnen. Ihre rosigen Glieder und kecken Stellungen bildeten einen starken Kontrast zu dem schmerzdurchfurchten Gesichte eines lebensgroßen Christus, der den ganzen Raum zwischen zwei Türen einnahm. Dona Juana erkannte wohl das Sündhafte dieser mythologischen Fresken, aber siehatte eine gewisse Ehrfurcht vor ihnen, da sie aus der Zeit stammten, als noch der Adel befahl.
    Ein Vorhang wurde beiseite geschoben, und in den Salon trat eine alte Frau in einem einfachen schwarzen Kleide. Die grauen Haare bedeckte zum Teil ein dunkles, abgetragenes Kopftuch. Unter dem Rock sahen schwarze Stoffschuhe hervor und ein Stückchen von einem groben weißen Strumpf. Jaime beeilte sich, ihr entgegenzugehen, denn diese alte, wie eine Dienerin gekleidete Frau war die Päpstin Juana.
    »Setz dich«, sagte sie kurz zu ihrem Neffen.
    Der Gewohnheit folgend, hielt sie ihre Hände über ein leeres, silbernes Kohlenbecken und sah Jaime scharf an. Allmählich wurde ihr herrischer Blick weicher, bis er sogar eine gewisse Rührung verriet. Nach zehn Jahren stand ihr Neffe zum ersten Male wieder vor ihr.
    »Du bist ein echter Febrer, deinem Großvater wie aus dem Gesicht geschnitten ...«
    Aber in Wirklichkeit war sie bewegt durch Jaimes Ähnlichkeit mit seinem Vater. Sie glaubte, den Marineoffizier wiederzusehen, der sie früher so oft besucht hatte. Nur die Uniform fehlte. Oh, dieser gewissenlose Mensch! Dieser abscheuliche Liberale!
    Ihre Augen nahmen wieder die gewohnte Härte an, und die Gesichtszüge erschienen noch trockener, noch bleicher und kantiger.
    »Was wünschest du?« fragte sie brüsk, »sicher kamst du nicht, um das Vergnügen zu haben, mich zu sehen! ...«
    Der Augenblick war gekommen. Jaime schlug die Augen nieder. Da er nicht wagte, sofort sein Anliegen vorzubringen, holte er weit aus:
    »Tante, ich bin kein schlechter Mensch und huldige auch nicht den liberalen Ideen. Ich möchte das Ansehen der Familie bewahren und, wenn möglich, vergrößern. Ich gebe zu, ich bin kein Heiliger gewesen. Ich habe viele Dummheiten gemacht und mein Vermögen vertan, doch der Schild der Febrer ist makellos geblieben. Etwas Gutes hat mir meine Vergangenheit aber doch gebracht, Erfahrung und den festen Vorsatz, mich zu bessern. Tante, ich will mein Leben ändern, ich will ein andrer Mensch werden.«
    Doña Juana stimmte ihm bei. Sehr gut. So war es dem heiligen Augustin und anderen Heiligen ergangen, die ihre Jugend in sündhaften Zerstreuungen verlebt hatten, später aber Säulen der Kirche geworden waren.
    Jaime schöpfte bei diesen Worten Mut:
    »Zu solch einem hohen Ziele werde ich natürlich niemals gelangen, aber ich habe den Wunsch, als guter, katholischer Edelmann zu leben. Ich werde mich verheiraten und meine Söhne im Geist der Tradition erziehen. Nach einem Leben, wie ich es geführt habe, ist es aber schwierig, allein den Weg zum Guten zurückzufinden. Ich brauche Hilfe. Tante, ich bin ruiniert. Meine Güter sind in den Händen meiner Gläubiger, mein Haus ist im Verfall. Ich, ein Febrer, werde nächstens obdachlos sein, wenn nicht eine barmherzige Hand mich rettet. Tante, da habe ich an dich gedacht, denn du bist meine nächste Verwandte, fast eine Mutter.«
    Das Wort Mutter ließ Doña Juana erröten und verstärkte den harten Ausdruck ihrer Augen. O grausame Erinnerung!
    »Und von mir erwartest du die Rettung?« fragte langsam die Papstin mit schneidender Stimme. »Duverlierst die Zeit, Jaime, ich bin arm; fast nichts ist mir geblieben, kaum so viel, um bescheiden leben und einige Almosen geben zu können.«
    Sie sprach diese Worte mit solcher Bestimmtheit, daß Febrer alle Hoffnung aufgab und es für überflüssig hielt, noch weiter in sie zu dringen. Seine Tante wollte ihm nicht beistehen.
    »Es ist gut«, sagte Jaime mit sichtbarem Ärger, »da du mir nicht hilfst, muß ich einen andern Weg gehen, um mich zu retten. Du bist die Älteste der Familie, und ich bitte um deinen Rat. Ich habe die Absicht, mich mit einem sehr reichen, jungen Mädchen zu verheiraten, aber sie ist von niederer Herkunft. Was soll ich

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