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Die toten Frauen von Juárez

Die toten Frauen von Juárez

Titel: Die toten Frauen von Juárez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hawken
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Körper abfiel und er nur im Schlafzimmer auf dem Rücken liegen und die Innenseiten seiner Lider betrachten konnte, wusste Kelly, dass man sich unmöglich daran erinnern konnte, wie gut es war, high zu sein; es war jedes Mal wieder neu und wunderbar.
    Er würde nicht wieder zu der Frau in der
norteño -Bar
gehen, aber er bekam auch anderswo, was er wollte. Er mied alle, die er kannte, sämtliche Gesichter aus Estébans Umfeld, denn obwohl er sich jetzt auf der anderen Seite befand und es bergab ging, hatte er noch ein gewisses Maß an Stolz.
    Das Telefon läutete, aber er nahm nicht ab. Niemand kam ihn besuchen, und das war gut so, denn nach einer Weile lief Kelly, wenn er das Haus nicht wegen Besorgungen verlassen musste, nur noch in der Unterhose herum. Dieselbe Unterhose, Tag für Tag, und sonst nichts. Das Jucken störte ihn nicht weiter, denn es verschwand in dem Moment, wenn er drückte.
    In den
farmacias
bekam er, was er brauchte, fremde Mexikaner versorgten ihn mit dem Rest. Kelly wusste, dass er nicht genug Geld hatte, ewig so weiterzumachen, nicht einmal besonders lange, aber es war sowieso nur vorübergehend; er musste über Ortíz und die
palenque
hinwegkommen,und wenn es so weit war, würde er wieder trainieren wie zuvor. Das gute Leben wartete immer noch auf ihn, es war nur … aufgeschoben.
    Kelly schlief viel; und wenn er wach war, war er müde. Ein Schuss
chinaloa
versetzte ihn in ein Zwischenreich, wo es weder Zeit noch Raum noch Grund zur Sorge gab. Einmal erwachte Kelly in einer Pfütze kalten Urins. Laken und Matratze waren tropfnass. Er zog die Laken ab, warf sie in eine Ecke und legte ein Handtuch auf den nassen Fleck. Auf die Idee, die besudelte Unterhose zu wechseln, kam er nicht; als er daran dachte, war er schon wieder auf dem Weg hinunter ins Kaninchenloch, und es spielte keine Rolle mehr.
    Kellys Kühlschrank wurde leer, obwohl er sich kaum daran erinnern konnte, dass er aß. Er lebte mit einem Fremden zusammen, der sich nur zu Hause aufhielt, wenn er unterwegs war. Dinge lagen anderswo, zerbrachen oder verschwanden einfach, und Kelly erinnerte sich nicht daran, wie und warum. Darum würde er sich kümmern, wenn er wieder clean war, aber nicht jetzt. Nur noch ein paar Tage, und er wäre bereit für den Neuanfang. Wie viele Tage bereits verstrichen waren, wusste er nicht.
     
    Kelly schlenderte ins Wohnzimmer. Er wusste, dass es Morgen sein musste, weil die Sonne hinter der
maquiladora
von GM aufging. Er war übernächtigt und sah das Zimmer verschwommen. Er roch Abfall und Fäulnis und hatte einen schlechten Geschmack im Mund. Am Anrufbeantworter blinkte ein rotes Licht. Kelly betrachtete es, die Maschine piepste, und da zählte er eins und eins zusammen.
    Er ließ die Nachrichten abspielen, doch sie waren längst nicht so interessant wie das Piepsen und das blinkende Licht. Kelly suchte im Kühlschrank etwas zu essen. Er fand nur ein halbes Päckchen Butter, also lutschte er daran wie an einem Eis am Stiel. Paloma sprach aus dem winzigen Lautsprecher zu ihm. Als er ihre Stimme hörte, wurde er wütend, wusste jedoch nicht zu sagen, ob auf sie oder sich selbst, und dass er es nicht wusste, machte ihn noch wütender.
    »Verfluchte Scheiße!«, brüllte Kelly sein leeres Apartment an. Er hatte den Mund voll Butter. Ihm wurde speiübel.
    Es war ein Kraftakt, von einem Zimmer zum nächsten zu gehen. Erschöpfung überkam Kelly. Er ließ sich auf die Couch fallen, wo der Rest Butter in seiner Hand weich wurde, während Paloma immer weiterredete und gar nicht mehr aufhörte. Es war nur eine Phase, sie sollte Kelly nicht nerven, damit er aufhörte. Überhaupt gab es einen Unterschied zwischen drücken und
süchtig
sein, und Kelly kannte ihn genau. Redete er etwa laut?
    Kelly warf die Butter weg. Sie klatschte gegen die Glasscheibe der Balkontür.
»Sei still!«,
schrie er, und Palomas Stimme verstummte.
    Er rollte sich auf der Couch zusammen. In der Magengrube, dem Zentrum der Übelkeit, fühlte Kelly sich einsam. Die Stille kam ihm jetzt zu still vor, sein Verstand war zu klar. Sein Stoff war im Schlafzimmer, doch der Weg dorthin ein Marathon, dem Kelly sich nicht gewachsen fühlte. Er würde eine Weile hier schlafen und dann hinübergehen. Und es wäre das letzte Mal, er würde aufhören, weil er sich zu nahe am Abgrund befand.
    »Paloma, halt einfach die Klappe«, sagte Kelly. »Mir geht es gut.«

DREI
    Estéban rief an, während Kelly schlief:
     
    He, Mann, wo zum Henker steckst du? Hör

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